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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 18.12.2009, 16:23   #1
Blaugold
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Standard Gleich nach Myrrhe

Wir haben schon den Frost vergessen.
Die toten Vögel auf dem Schnee;
und warten, beinah wie vermessen,
auf einen Herbstwind. Grüner Klee

wächst auf den Feldern, nach dem Korn.
Wenn Nebel sich bei Nacht vertäut,
sich keiner auf den Frühreif freut,
da blicken wir in Gier nach vorn.

Ersehnen uns den heißen Tee,
den Duft von Zimt, die Schlittenfahrt.
Um Tote, nicht nur hier im Schnee,
hat sich noch nie der Spaß geschart.

Vergessen werden wir die Kinder,
die starben in der Sommerdürre.
Den Krieg im Frühjahr. Denn im Winter
erwarten wir den Klee. Gleich nach Myrrhe!
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Alt 19.01.2010, 21:29   #2
Chavali
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Lieber Blaugold,

hier bin ich nochmal
Bin wieder getaucht und habe dieses wundervolle Gedicht gefunden.
Man denkt auf den ersten Blick, es sei ein Naturgedicht , aber du weißt schon,
warum es hier in der Denkerklause steht.

Ich hole es herauf, damit ich morgen hier editieren und dir einen Kommentar schreiben kann -
heute bin ich leider zu müde

Viele Grüße,
Chavali

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Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

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Alt 19.01.2010, 22:32   #3
ginTon
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hallo lieber blaugold,,

manno da hat chavi aber genau das richtige Werk aus der Versenkung geholt,, gefällt mir richtig gut...

die ersten zwei Strophen, sehr stark geschrieben,, dies mag an den Reimmuster liegen, mitunter auch an den stärkeren Auftakten, wie zB "wächst o. wenn" und natürlich das Strophenenjambement...

die beiden letzten Strophen sind zwar auch sehr gut, fangen für mich aber anders an, eben bunt oder fast sogar zu fröhlich wirken diese auf mich..."Zimt, Duft, Tee, Schlittenfahrt.."..der Kontrast zur folgenden Zeile "um Tote.." klingt somit sehr stark und ja ist eben Geschmackssache...

die letzte Strophe gewinnt die alte Stärke der ersten zwei Strophen wieder, jedenfalls für meinen Geschmack und schafft einen starken Ausklang,, eine Anmerkung auch hier,, in der letzten Zeile fehlt mir eine Silbe zB der Artikel "erwarten wir den Klee, gleich nach der myrrhe"

insgesamt ein sehr tiefes und sehr gutes Werk, welches mir sehr gefallen hat..

liebe Grüße gin

PS: ich denke myrrhe steht als symbol des wohlstandes?
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Alt 02.02.2010, 00:56   #4
Blaugold
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Hallo Chavali, ginton

Das Gedicht ist ein Gedanke zu den Erwartungen, die wir so im Laufe des Jahres an die Zukunft haben und an das Verdrängen von Unangenehmem.

Es ist Sommer, nach der Ernte, der letzte harte Winter ist vergessen.
Eigentlich erfreut der Frühreif keinen, denn er kündet den nächsten Winter an.
Und doch freuen wir uns auf die andere Seite der kalten Zeit, auf heißen Tee, Schnee ... Vorfreude eignet sich gut dazu, um zu träumen.
Und im Winter (zur Weihnachtszeit) vergessen wir oder sehen nicht, dass auch zu anderen Zeiten Not in der Welt ist.
Myrrhe hab ich als Symbol für Weihnacht genommen (und natürlich um des Reimes Willen ), den grünen Klee als Symbol für Neues.

So sind wir gedanklich fast nie in der Gegenwart und handeln demzufolge auch kaum mit der gesamten Aufmerksamkeit im Heute. Verdrängung und Träume sind eine Flucht daraus!
Das Leben ist sicher nicht leichter, wenn man in Unmittelbarkeit bewusst ist, aber bestimmt wesentlicher.

Ich habe die Metrik in allen Strophen gleich gehalten, bis auf die letzte Zeile, da muss anders betont werden, ja.

Ich danke euch für Kommentare und Lob.

Blaugold
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Alt 02.02.2010, 19:56   #5
Dana
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Lieber Blaugold,

gut dass Chavali getaucht ist.

Eine tiefe Wahrheit hast du in "scheinbarer" Natur verdichtet und der Natur des Menschen entsprochen.
Was mir besonders gefällt, ist das Wertungsfreie darin, denn:

Zitat:
Zitat von Blaugold
So sind wir gedanklich fast nie in der Gegenwart und handeln demzufolge auch kaum mit der gesamten Aufmerksamkeit im Heute. Verdrängung und Träume sind eine Flucht daraus!
Das Leben ist sicher nicht leichter, wenn man in Unmittelbarkeit bewusst ist, aber bestimmt wesentlicher.
Der Leser selbst darf sich besinnen und wesentlich werden oder auch nicht.

Wir haben den tiefsten und schönsten Winter (wie selten davor) - und wovon träume ich: Der Frühling soll endlich kommen.

Ich nehme mir vor, wesentlicher zu werden - danke für den "Tipp".

Liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 03.02.2010, 08:34   #6
Chavali
ADäquat
 
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Lieber Blaugold,

hier bin ich nochmal
Nachdem ich deine Antwort zu den Kommentaren gelesen habe, bin ich sehr angetan von deiner Intention.
Zitat:
So sind wir gedanklich fast nie in der Gegenwart und handeln demzufolge auch kaum mit der gesamten Aufmerksamkeit im Heute.
Wenn man darüber nachdenkt, dann kann man das nur bestätigen.
Dinge, die wir heute tun, tun wir fast automatisch und denken schon an morgen oder noch weiter voraus.
Besinnen wir uns endlich auf das Heutige, Wesentliche.

Weißt du, für diese Erkenntnis muss man, glaube ich, eine gewisse Reife erlangt haben

Lieben Gruß,
Chavali
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Geändert von Chavali (09.02.2010 um 20:47 Uhr)
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Alt 13.02.2010, 23:13   #7
Blaugold
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Hallo Dana, Chavali

Da eure Kommentare sich vorwiegend auf den Inhalt beziehen, möchte ich dazu ergänzen, dass das Gedicht vielleicht eine Aussage der Lebensreife enthält, doch genauso ist die Interpretation, bzw, das Verständnis für das Gedicht wohl nur möglich, wenn auch im Leser genau dies anklingen kann!

Blaugold
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