07.08.2011, 15:06 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Laut
Laut Gibt es einen Moment der reinen, zeitlosen Stille im Getriebe der Welt, oder erfüllt sie nur Lärm? Autos hupen, Sirenen gellen, Bässe durchdringen meine Abwehr, der Ton schneidet mich, tief bis ins Mark. Hilflos heben sich meine Hände, tasten nach Ruhe, suchen blindlings nach Halt. Bitte, hört endlich auf! Reden, Rufen und Kreischen, Stimmenchöre im Missklang singen Lieder aus Schall, Lieder mit schreiender Macht. Diese Stadt ist so laut, die Vögel rufen vergeblich, niemand hört den Gesang. Lieder der Hoffnung sind tot. Überwältigt vom Zweifel gehe ich auf die Suche: Irgendwo auf der Welt muss es doch etwas geben, einen Ort der Besinnung, um dort Frieden zu finden. Doch, wo immer ich bin, herrschen die Zeichen der Zeit, auch in Wäldern erklingen Kettensägenmotoren. Selbst das Schweigen verstummt, machtlos zu Boden gebrüllt. .
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09.08.2011, 19:10 | #2 | |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo, Ida,
dieses Gedicht ist ein Fall direkter und vor allem lautstarker Inspiration. Sie nahm Gestalt an in Form eines Presslufthammers. Von den an- und abfahrenden LKWs ganz zu schweigen, und übrigens direkt vor meinem Haus. Also hieß es entweder Fenster zu und keine Luft, oder Fenster auf und infernalischer Lärm. Einschließlich des Samstags. "Rettung" suchte ich im Park, und jetzt bitte drei Mal raten, was ich dort vorfand. Genau, die "Bereinigung" der Grünanlage, in Form von Motorsägen und Häckslern, die das Grünzeug gleich lautstark schredderten. Selbstverständlich auch die Laubgebläse, die dazu dienten, kleine Zweige und Blätter auf einen Haufen zu "blasen". Es gibt heutzutage anscheinend keine gewöhnlichen Harken mehr ... Natürlich habe ich diese "Tatbestände" in ein "lyrisches Gewand gekleidet", aber im Grunde genommen ist unsere Welt wirklich extrem laut. Wir merken nicht mehr, welches Ausmaß an Lärm wir verursachen. Vor einiger Zeit sah ich in einer Fernsehdokumentation einen Bericht, der besagte, dass bei manchen Vogelarten Schwierigkeiten bei der "Partnersuche" auftreten - ihr Gesang "trägt" nicht mehr weit genug, da wir ihn mit unserem Lärm "übertönen". Oft ist es gerade der "Alltag", der einiges an Inspriation zu bieten hat. Da ich ohnehin wieder einmal in Distichen schreiben wollte (um nicht "aus der Übung" zu kommen), verband ich die Frustkompensation mit dem Nützlichen. Deine Ideen und Gedankengänge habe ich gerne gelesen, es stimmt schon, meistens nehmen wir die "Geräuschkulisse" überhaupt nicht mehr wahr, wir sind daran gewöhnt. Laut Studien aber schütten unsere Körper Stresshormone aus, der Blutdruck steigt und bestimmte Gehirnregionen werden aktiv, ganz "unbemerkt" von uns. Auf die Dauer ist Lärm gesundheitsschädigend, das ist nachgewiesen. Die wenigsten wissen, dass die ersten psychischen Beeinträchtigungen bereits ab 30 Dezibel (eine "ruhige" Straße) und die ersten vegetativen schon ab 60 Dezibel (eine Straße im Feierabendverkehr) zu verzeichnen sind. Und ab 90 Dezibel (Durchschnittslautstärke eines MP3-Players) wird bereits das Gehör geschädigt. Nicht gerade das, was wir heute wirklich "laut" nennen würden ... Zitat:
(Eine Anmerkung zum "Formalen": Um das "An- und Abschwellen" von Tönen zu symbolisieren, wählte ich im erweiterten Texteditor eine entsprechende Schrift, auch wenn das Gedicht dadurch etwas schwieriger zu lesen ist. Außerdem hielt ich in diesem Sinne auch das Versmaß für gut passend; ansteigend im Hexameter und fallend im Pentameter.) Danke für dein "Einlesen", das dieses Mal mehr Mühe machte als es bei mir sonst "üblich" ist; und natürlich auch für deine Gedanken darüber. Liebe Grüße Stimme
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09.08.2011, 22:08 | #3 | |
Slawische Seele
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Beiträge: 5.637
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Liebe Stimme,
ich habe dein Gedicht mind. 3 Mal gelesen und selbsverständlich Idas Kommentar und deine Antwort. Kompliment - vor lauter Lärm mussten wir uns konzentriert einlesen. Die "Erzählweise" zeigt die Geräusch- und Lauteinwirkung in ihrer ganzen Breite auf. Bei dir bin ich sicher, dass es so gewollt ist. Erschreckend ist, was ich immer wieder erlebe. Wenn irgendwo Stille einkehrt, kommt prompt diese Bemerkung: "Mir ist das zu unheimlich hier, es ist so still." Wind, Wasserrauschen, Vogelsang werden kaum noch wahrgenommen. Sie gehören schon zu dieser unheimlichen Stille. Kinder muss man fast "therapeutisch" zu dieser Stille führen, damit sie eine neue Welt entdecken. Beim Knacken im Wald (wenn man in jene "Zwangsstille" gerät) denkt niemand zuerst an ein Waldtier - es stellt sich sofort Angst ein, weil man dieses Knacken mit Bildern aus Krimis o.ä. verbindet. Ich finde dein Werk sehr gelungen und hoffe, dass es andere inspiriert, sich immer wieder auf eine Stille einzulassen. Damit meine ich nicht die Stille, die eintritt, wenn man sich mit Ohrstöpseln bewaffnet. Winde, Wasser, Vogelsang und Kinderlachen sind für mich wohltuend und gehören zur Kathegorie: erholsame Stille. Nur hier: Zitat:
Ich weiß selbsverständlich, was du meinst. Mir geht es um den lyrischen Ausdruck. Bevor ich einen Vorschlag mache, lasse ich nur die Anmerkung stehen, weil ich sicher bin, dass wenn du es auch so siehst, dir bestimmt etwas einfällt. Gern gelesen und auf diesen Pegel eingelassen. Nun aber liebe Grüße in aller Stille - draußen rauscht der Wind und eine Taube gurrt, Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
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09.08.2011, 22:41 | #4 | |||
Erfahrener Eiland-Dichter
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Liebe Dana,
vielen Dank für deinen ausführlichen und hilfreichen Kommentar. Ach, weißt du, manchmal habe ich die Stadt ein wenig "satt". Bei dir rauscht der Wind und es gurrt eine Taube. Bei mir klingelt und quietscht die Stadtbahn, streiten und gurren die Nachbarn, der Verkehr auf der Straße rauscht, gerade fuhr wieder ein Krankenwagen mit Sirene vorbei (in der Nähe ist ein Depot) und ein Polizeihubschrauber ist unterwegs. Weißt du, wie es klingt, wenn der eine Nachbar Rock hört, jemand anderes Klavier übt und aus einem Lokal in der Nähe türkische Musik dudelt - und das gleichzeitig? In diesen Genuss komme ich meistens am Wochenende ... *Seufz* Zitat:
Zitat:
Für eventuelle Vorschläge bin ich immer offen, wenn du oder jemand anderes eine gute Idee hat: Nur her damit! Zitat:
Liebe Grüße Stimme
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