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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 18.03.2010, 16:28   #1
Hans Beislschmidt
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Standard Urbi et Verdorbi

Urbi et Verdorbi

Wenn die kirchlichen Verkünder,
hinter klösterlicher Hand
zugepresster Kindermünder,
noch nach Jahren unerkannt

Schein und Heiligkeit vermengen,
wohl bewusst, dass unter den Talaren
und verschwiegenen Kirchengängen
sich noch immer junge Knaben scharen.

Nur weil der Eisberg ständig wächst,
kommt Erklärung abgepresst, verkrampft.
Es wird auf Zeit gespielt zunächst,
bis der Weihrauch segensreich verdampft.

Lässt man vom Balkon hoch oben
österlichen Segen nieder rieseln,
wirkt die Predigt von da droben,
als würd’ da einer runter pieseln.
__________________
chorch chorch
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Alt 18.03.2010, 17:52   #2
Blaugold
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo Hans B.

Wirklich kreativ finde ich den Titel deines Gedichtes!
Und klar, das Thema ist sicher ein kritischer Text wert. Doch wie so oft gibt es dabei mehrere Möglichkeiten. Du hast dich für die eher satirisch-populistische-polemische Version entschieden; es ist auch, wie ich finde, ein typischer Kniff eines Kabarettisten. Zeitnah muss so ein Text sein und nicht zu arg quer gedacht.
Aus deinem scheint hervorzugehen, dass Missbrauch von Anvertrauten oder Kindern ein Höllenloch der Kirche sei.

Ich denke, dass das System der vordergründigen Verzichtserklärung auf Geschlechtstriebe im weiteren Sinn eine Heuchelei ist. Nicht nur sexuelle Nötigungen von Kindern ist die Folge von derlei Selbstkasteiung. Das Wissen, ein Gelöbnis nicht einhalten zu können, ist auch jene Instanz, die einen Ausweg sucht und einen verbotenen Pfad findet. Deshalb gaben die frommen Schwaben Freitags auch vor, nach Verzichtsregeln zu leben (fleischlos), indem wir Fleisch in Teigtaschen versteckten und so im Irrglauben waren, das würde schon nicht entdeckt werden.
Naja, was du inhaltlich in deinem Text an Informationen mit schreibst, kennt man wohl aus Nachrichtenmedien ganz genau. Nichts notwendiges Neues.

Ansonsten als Satire zu wenig bissig im Kern der "Sünde", finde ich; ich meine auch nicht, dass mehr Biss durch mehr Tiefe unterhalb der Gürtellinie unbedingt erreicht wird.

Blaugold
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Alt 19.03.2010, 20:47   #3
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Beiträge: 9.908
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Moin Hans,

ich gebe zu, ein dickes Schmunzeln musste mir dein Gedicht schon entlocken.

Von dieser Perspektive aus kann man es jedenfalls betrachten.

Wenn die katholische Kirche überleben will, bedarf es Reformen, da bin ich mir ganz sicher.
Ein Priester soll Seelsorger sein.
Ein Mensch, zu dem man hingeht und dem man sich anvertrauen kann.

Die katholische Kirche verlangt aber von ihren Priestern, daß sie unter unnatürlichen Bedingungen leben sollen.
Wie sollen sie da all den Hilfe- und Ratsuchenden zur Seite stehen, wenn sie nur die Hälfte des Lebens kennen?

Da sie der unbekannten Hälfte nicht wirklich abgeschworen haben, kommt es zum Teil zu solchen Ausschreitungen und Taten, wie jetzt bekannt wurde.

Aber immer noch lehnt der Papst die Aufhebung des Zölibats ab.
Genau so, wie Verhütungsmittel in der 3.Welt.

Und so kommt einem wirklich der ganze Sermon, den sie da von ihren Kanzeln, Balkonen und Bühnen herab predigen, wie ein lauer Guss aus einem geplatzten Güllesilo vor.

Es ist alt, zähflüssig und stinkt gewaltig.


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


PS: Letzte Zeile würde ich ändern:

wirkt die Predigt von da droben,
als würde einer runter pieseln.

Das "da" brauchst du nicht doppeln...
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 22.03.2010, 16:19   #4
Hans Beislschmidt
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Beiträge: 974
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Hey ihr zwei,

genau so hab' ich mir das auch gedacht ...

Inhaltlich absolut getroffen, vielen Dank für euren Kommentar.

Gruß vom Hans

__________________
chorch chorch
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