25.11.2015, 16:24 | #1 |
Flötist
Registriert seit: 14.11.2014
Ort: Mittelhessen
Beiträge: 198
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Smombies
Hab das Wort noch nie gehört.
Reagierte prompt verstört. Informierte mich ganz heimlich. Wissenslücken sind mir peinlich. Konnte nun nicht länger warten. Ohne Zögern wollt ich starten. Anfangs hielt ich mich bedeckt, doch die Neugier war geweckt. In der Tram traf ich gleich zwei, Smartphones hatten sie dabei. Ein Gespräch fand wortlos statt, über Whatsapp, ich war platt. In der Stadt dann angekommen hat man sie sogleich vernommen. Klingeltöne, Vibration. Ja, da staunte ich dann schon. Starrten nur auf ihr Gerät (Wirkte so wie festgeklebt an der linken Hand.) und schauten Richtung Boden. Blind vertrauten sie den Menschen, alten, jungen, die beizeiten weg gesprungen. Eine Weile ging das glatt, so man freien Laufweg hat. Ein Laternenpfahl im Weg: Smombie reagiert zu spät oder eine Bordsteinkante, die er strauchelnd überrannte. Frau mit vollen Einkaufstüten: Das Malheur wär zu verhüten, wenn der Smombie schaut gradaus. Leider wurd da nur nichts draus. Rote Ampel: Kein Problem, Smombie kann das übersehn. Überhört den Krankenwagen. Neuste Nachricht hat das Sagen. In der U-Bahn missgelaunt schaut er voll genervt und raunt: Kein Empfang, totaler Shit. Fährt in Zukunft nicht mehr mit. Ständig und an allen Ecken immerzu das Neuste checken, das ist Smombies höchstes Glück. Nur dem Leben fehlt ein Stück! Geändert von Sanssouci (26.11.2015 um 18:08 Uhr) |
25.11.2015, 16:54 | #2 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo sanssouci
Also, wenn ich deinem rasanten Bericht richtig folgen konnte (obwohl ich vom Display abgelenkt war...), dann fehlt dem Leben jetzt auch mindestens ein Smombie. Makaber, wie es oft Balladen sind, lässt dein Blick aufs Zeitgeschehen keine Facette des Schreckens aus. Erinnert mich an eine meiner frühen Begegnungen mit Lyrik: Einem kleinen Bändchen mit dem Titel "Der lustige Deklamator", das ich in der Bibliothek meiner Eltern fand. Wenn ich denn etwas zu motzen hätte, dann das: Stil und Form des Textes (4hebiger Trochäus) lassen eigentlich nicht erwarten, dass der Autor zum Schluss noch eine schwammige Moral von sich gibt, welche in all den vielen Strophen nicht vorbereitet wurde. Wenn man Wilhelm Busch oder Struwwelpeter oder andere anschaut, sieht man dort doch, dass die Moral von der Geschicht sich sehr konkret auf das zuvor Erzählte bezieht, und das kann man von deiner Schlusszeile m.E. nicht sagen. Schönen Abend wolo |
25.11.2015, 19:04 | #3 |
TENEBRAE
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Beiträge: 8.570
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Hi, Sanssouci!
Ja, die SMartphonezOMBIES! Leben aus zweiter Hand! Elektronisch Degenerierte - oder schon auf halben Wege zum Cyborg (?): Zizat BORG: "Wiederstand ist zwecklos - sie werden assimiliert!" Gern gelesen! Und die Conclusio könnte nicht treffender sein - zumindest aus der Sicht derer, die bevorzugt in der analogen Welt leben! LG, eKy (smartphonelos - und stolz drauf!)
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
25.11.2015, 22:01 | #4 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo Sanssousi
Dein Titel hat mich neugierig gemacht, und nach der 3ten S. ist es in mich hineingesickert. Zitat eKy: SMartphonezOMBIES ! Das die in der Stadt überhaupt überleben können.... Ich besitze auch eins, aber mein Nacken tut noch nicht weh! Dein Gedicht liest sich wie im Sog! Liebe Grüße sy |
26.11.2015, 17:57 | #5 |
Flötist
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Beiträge: 198
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Hallo Wolo!
Ich bin ja nun nicht Wilhelm Busch oder Dr. Heinrich Hoffmann. Mit meiner letzten Zeile ist doch alles gesagt, oder?!!! Danke für dein Vorbeischauen und dein Lob. Hallo eKy! Danke für deinen Kommentar und deine Offenbarung "smartphonelos - und stolz drauf!" Danke auch für das hinterlegte Lob. Hallo Syranie! Auch an dich ein großes Dankeschön. Und immer schön Haltung bewahren. Sorgenfreie Grüße von Sanssouci |
27.11.2015, 17:21 | #6 |
Matador mit Adlerblick
Registriert seit: 28.06.2009
Ort: auf meiner Ranch
Beiträge: 341
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Hallo Sans,
jaja, so sind sie, die Smombies Zu jeder Zeit gab es solche Verrückten mit den jeweiligen Geräten dazu. In meiner Kinder- und Jugendzeit trugen wir die Kofferradios auf den Schultern und die Musik war ohrenbetäubend. Punktgenau eingefangen und zum Schmunzeln verarbeitet! Gruß Holle
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Mit Adleraugen such ich dich, durch Adleraugen find ich dich. |
27.11.2015, 18:19 | #7 |
Slawische Seele
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Beiträge: 5.637
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Hallo Sanssouci,
die verdichteten Smombies gefallen mir sehr. In der Realität bin ich meist zutiefst erschüttert. Sie steigen in die U-Bahn, den Blick auf das Display gerichtet, stolpern nicht, finden einen Platz und steigen genau so wieder aus. Im Cafe das gleiche Bild und neulich im Kaufhaus: Freundin in der Umkleide, der Freund auf einer Sitzbank davor und total mit dem Smartphon ausgelastet. Sie kommt "verkleidet" heraus und er zeigt ihr etwas "Aufregendes" auf dem Bildschirmchen. Sie lacht, schaut und kommentiert. Eigentlich genial. Kein Streit, keine Debatte und nie werde ich erfahren, ob sie etwas gekauft hat. Ob es ihm gefiel schon gar nicht. Jede Zeit hat ihre Verrücktheit, so wie es Hollerith im Beispiel benannt hat. Als meine Tochter vor vielen, vielen Jahren ihren 10. Geburtstag gefeiert hat und ich die Kinder vom Spiel zum Essen an den Tisch gerufen habe, musste ich erst Umdecken, damit jeder Gast einen Platz auf dem Tisch für sein Handy hat. Das war wichtiger als Kuchen, Becher und jegliche Deko. Was kommt in 10 und 20 Jahren? Du hast die Jetztzeit sehr schön vorgeführt. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
28.11.2015, 17:52 | #8 |
Flötist
Registriert seit: 14.11.2014
Ort: Mittelhessen
Beiträge: 198
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Liebe Dana! Hallo Hollerith!
Umdecken, um Platz fürs Handy zu schaffen? Das hab ich ja noch nie gehört. Ist ja echt krass. Die Version mit den Kofferradios kenne ich auch noch. Hab aber nie selbst dabei mitgemacht. War mir (zu) peinlich. Danke für eure Kommis und euer Lob. Hab mich gefreut. Sorgenfreie Grüße von Sanssouci |
28.11.2015, 18:27 | #9 |
Gast
Beiträge: n/a
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Dana lebe hoch!
In ihren kleinen Geschichten ist genau das drin, was vielleicht dem Gedicht fehlt. Vor allem der staubtrockenen Schlussmoral, die als "Moral von der Geschicht" nicht funktioniert und deshalb mehr Fleisch am Knochen bräuchte, das sie von Dana nicht kriegt, im Gegenteil. Dennoch bis kurz vor Schluss ein schön gemachtes Stück. wolo |
29.11.2015, 04:24 | #10 |
Kiwifrüchtchen
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Ort: nördlich von Auckland/Neuseeland
Beiträge: 945
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Lieber Sanssouci,
das Wort Smombies ist einfach zum Kugeln. Ich oute mich - ich beobachte sie gerne, sie haben mir schon so manchen Lacher beschert. Real life comedies 2015. Ich besitz son Ding nicht. Nicht etwa, weil ich keins möcht, sondern weil ich damit nicht umgehen könnte. Bin schon glücklich, wenn ich täglich meinen Compi überhiaseln kann, dass er tut, was ich will. Dein Text entwickelt einen rasanten Sog... auch signifikant für unsere schnellebige Zeit. Ein gut gelungener Text mit Schmunzelgarantie! Auch die Conclusio find ich passend. HG von Lai (Smombie-Voyeur)
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.................................................. ........................................... "Manchmal ist es so demütigend, ein Mensch sein zu müssen..." Erich Kykal |
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