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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 10.10.2015, 10:19   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard Unrast

Wohin nur verweht uns das Leben,
wer kennt sie, die Winde der Zeit?
Wir hasten, erhaschen und streben,
verfangen uns blindlings in Liebe und Leid.

Wohin sind die Jahre verflogen,
was trägt uns durch Tage und Trug?
Wir haben das Schicksal betrogen,
vermuten uns sicher, doch niemals genug.

Wohin sind die Geister entschwunden,
wer ruft ins Vergessen, ins Licht?
Wir leben, an Reue gebunden,
im Himmel auf Erden und ahnen es nicht.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (01.11.2015 um 09:21 Uhr)
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Alt 10.10.2015, 16:18   #2
Agneta
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wer vermeintliche oder reale Schuld mit sich herumträgt, jagt immer dem Zipfel Glück hinterher. Ich persönlich bin ja immer für "alles auf den Tisch", jeder rülpst sich aus und dann bespricht man wie es weitergeht. Dann nimmt man sich in den Arm und es ist wirklich erledigt ( bei Familie und Freunden).

Manche aber können das nicht.
es sammelt sich über Jahre Reue, Schuldgefühl und Ohmacht an, denn es wird immer schwieriger und der blöde Spruch. " da wächst Gras drüber". den finde ich unpassend. Nur da kann etwas neu wachsen ( und sei es nur Gras), wo der Boden gemeinsam beackert und von mir aus komplett umgepflügtwurde.

Diese Divergenz hast du gut aufgeführt in deinem Gedicht, lieber Erich. Was sonst bleibt , sind Harm,Grübeln und totes Land...
LG von Agneta
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Alt 10.10.2015, 16:25   #3
Marzipania
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Hallo Erich,
das ist mal eines, das mir nicht sonderlich gefällt.
Philosophie und Poesie sind ja gleichsam "natürliche" Gegner - das halte ich dir zugute.
Nicht aber die Reihung von Allgemeinplätzen. Es fehlt mir an originellen Ansätzen, am sog. Frischen.
Recht nett finde ich allerdings die Anpielung auf Goethes "Zauberlehrling" (Umkehrung), falls die dir überhaupt durch den Kopf geschossen sein sollte:

Zitat:
...
Die ich rief, die Geister,
werd ich nun nicht mehr los
Falls nicht, gedenke ihrer!

Liebe Grüße
MR
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Alt 10.10.2015, 18:42   #4
Erich Kykal
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Hi, Agneta!

Danke für die profunde Analyse!

Du hast recht - manche können das nicht. Ich bin nicht eben der "soziale Typ", und der heutzutage so gern praktizierte Teamzwang sowie der obligatorische Seelenstriptease vor jenen, die derlei zu erwarten scheinen, waren nie mein Ding.
Ich musste immer allein mit mir und meinen Problemen fertig werden, und meistens war das auch gut so - sowohl für mich als auch für die andern!


Hi, MR!

Hier habe ich mehr Wert auf Wortmelodie und lyrische Eingängigkeit gelegt als auf interessante Wortspielereien oder tiefgründige Sophistereien.
Es mag einige "lyrische Gemeinplätze" enthalten, vielbemühte Versatzstücke - aber es kommt immer wieder auf die Kombination an und was man draus macht.

Vielen Dank für die ehrliche Meinung!


LG euch beiden, eKy
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Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 11.10.2015, 09:35   #5
juli
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Standard Hallo eKy :)

Die Worte sind sehr melodisch, und jetzt ist es Herbst, da denkt man schon einmal über das Leben nach.

Wohin nur verweht uns das Leben,
wer kennt sie, die Winde der Zeit?
Wir hasten, erhaschen und streben,
verfangen uns blindlings in Liebe und Leid.


Das gefällt mir sehr.

Wohin sind die Jahre verflogen,
was trägt uns durch Tage und Trug?
Wir haben das Schicksal betrogen,
vermuten uns sicher, doch niemals genug.


Können wir unser Schicksal betrügen ?Ich glaube nein. Denn alles ist Schicksal, keiner kann aus seiner Haut. Wir haben auf Erden die Möglickeit zu wählen, so wie wir es grade immer in dem Moment können, oder kurz gesagt, so schlau wie man gerade ist. So ist das.

Wohin sind die Geister entschwunden,
wer ruft ins Vergessen, ins Licht?
Wir leben, an Reue gebunden,
im Himmel auf Erden und wissen es nicht.


Was du mit den Geistern meinst, weiß ich nicht genau -
Die Geister der Vergangenheit?! Du meinst jeder hat sein Päckchen Schuld zu tragen? Ich glaube nicht an Schuld, es ist besser nach Lösungen zu suchen....Ja, man kann nicht immer alles richtig machen. Und manchmal hat man Fehler begangen von denen man nichts weiß, weil andere verletzt wurden. Ein Gedicht mitten aus dem Leben.

Liebe Grüße aus dem sonnigen Schleswig - Holstein sy * SONNENSMILEY*
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Alt 11.10.2015, 09:41   #6
Erich Kykal
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Hi, Sy!

Du hast es gut erkannt - es sind die Geister, die wir riefen, durch unser Handeln und Tun, Begegnen und Entfernen. Wir tragen unser Päckchen mit uns, solang wir leben und unterscheiden uns eigentlich nur darin, wie schwer wir letztlich daran tragen.

Dabei ist ger nicht die Größe des Päckchens entscheidend, sondern die Tragfähigkeit des betreffenden Geistes, sei es aus tumber Primitivität oder Unreife heraus oder aus wahrer Charakterstärke und Lebenserfahrung. So mag ein Feingeist oder ein Kind unter einer Last stöhnen, die einen Unsensiblen oder Alten nur auflachen ließe: Die Päckchen sind verschieden groß - der Schmerz ist aber von vergleichbarer Intensität.

Vielen Dank für deine freundlichen Zeilen!

LG, eKy
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Geändert von Erich Kykal (11.10.2015 um 09:46 Uhr)
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Alt 11.10.2015, 11:39   #7
Agneta
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Lieber Erich,

du schreibst von Sozial und Teamzwang.Ich kann deine Haltung sehr gut nachvollziehen, denn ich denke genauso. Für mich ist sozial und Zwang ein Widerspruch.
Sozial definiert sich heute mehr denn je als "im Gruppengedudel mitzusingen", dem Hype hinterherlaufen, dem Trend-wobei man irgendwann zwischen Gutmensch und wirklich sozial engagiertem nur noch schwer unterscheiden kann. Danach wird man jedoch bewertet.
meine Haltung war immer: "Jedermanns Freund ist jedermanns Narr".

Ich finde nicht, dass dieses Werk allgemeinplatzig ist.Im Gegenteil. Wenn sich daraus philosoüphische Diskussionen entwickeln, soll es wohl Tiefe haben. von Agneta
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Alt 11.10.2015, 14:24   #8
Erich Kykal
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Hi, Agneta!

Danke für die unterstützenden Gedanken. Ich glaube zwar, als MR von "Allgemeinplätzen" schrieb, bezog sie sich eher auf lyrische Phrasen und Bilder als auf den Inhalt, aber im Grunde hast du recht:

Im Beruf spüre ich es zum Glück nicht so, weil ich nur Werken unterrichte, aber die Lehrer der Hauptgegenstände machen mittlerweile nur noch auf "Teamteaching" - ALLES wird stundenlang vorher abgesprochen, koordiniert, ausgetauscht, ... - und wehe dem, der sich da querstellt!

Am schlimmsten finde ich diese amerikanischen "Selbsthilfegruppen", wo jeder von seinem persönlichen Vogel berichten muss und dann alle applaudieren. Mit so einer Art Gruppendynamik arbeiten Sekten, zB Scientology!

Als ob der "Mut zur Öffnung" irgendetwas heilen könnte außer einer Sprechphobie!

Bei uns greift das auch um sich, sogar Wandern geht man mittlerweile am liebsten im Rudel, und alle mit diesen bescheuerten Stöckchen!

Die Leute wären erschüttert, machte man ihnen bewusst, in wie vielen Bereichen ihres Daseins sie fremdgesteuert sind, nur weil sie "dazugehören" wollen!

Na, solang ICH nicht mitmachen muss ...

LG, eKy
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Alt 11.10.2015, 18:10   #9
Agneta
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oh, das wäre ja mein Traum, mit den lieben Kollegen, ihrem Vogel und Stöcken wandern zu gehen
Das ist ja gruselig.
Gut, dass ich mich vor vielen Jahren schon selbsständig gemacht habe.
LG von Agneta
PS mein Lieblingsthema: Konformismus- die neue Art von schleichendem Individualitätsverlust:
einer aus meiner Serie:
"Es ist schade, dass du keine Meinung hast.
Nimm doch meine...".
GGGGG

Geändert von Agneta (11.10.2015 um 18:13 Uhr)
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Alt 12.10.2015, 06:25   #10
Marzipania
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Nur mal kurz was Grundsätzliches,
mir geht es niemals darum, einen Autor in seiner Persönlichkeit zu diffamieren.
Erstens kenne ich die nicht, zweitens interessieren mich in den Foren ausschließlich die Beiträge. Bei Erich Kykal liegt "meine" Messlatte jedoch höher als bei vielen anderen, eben weil er zu schreiben versteht.
Es besteht also kein Grund, sich schützend vor ihn zu werfen; er selber kann meine Kritik am Text recht gut einordnen. - Die Grundfragen der Philosophie sind halt schon allzu häufig in Poemen untergebracht worden. - Formal ist die Sache (wie immer) vorbildlich gelöst worden. ---

Darf ein guter Dichter auch einmal etwas weniger Gutes schreiben?
Er darf! Und er wird.

In diesem Sinne schöne Grüße
MR

PS.: Ich hab' vor Kurzem mal eine Rudelwanderung mitgemacht (als Einzige ohne die bescheuerten Nordland-Stöcke). - Eine einschneidende Erfahrung - von steter Beplapperung umsäumt ... jetzt gehe ich lieber wieder waldwärts joggen. Apart für mich.
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