15.03.2009, 15:26 | #1 |
TENEBRAE
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Du Wald
Du rufst mich lautlos an die kühle Tiefe
des dunklen Grüns, das deine Seele trägt, die immer tut, als ob sie grade schliefe in diesem Atem lichtgefleckten Schweigens, an diesem Herzen, das mir duftend schlägt im Takt des Wanderns und des Wunderzeigens. Was schwingt in dir und mir so seelengleich, was wiegt, nach Moos und dunkler Erde fallend, mein Sehnen ach so rein, so überreich? In deinen schattenschweren Wurzelhänden ist Zeit so fern, und hilflos ferne hallend bricht sich ihr Gang an deinen Borkenwänden. Mein Fühlen ruht im Pulsschlag deiner Mitte, in der ich stehe wie ein fremdes Ding, wie eine ungesagte, stumme Bitte, die namenlos in deinen Zweigen hing.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (25.05.2017 um 11:18 Uhr) |
15.03.2009, 15:53 | #2 |
gesperrte Senorissima
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Lieber Erich Kykal,
was bleibt mir noch? -------------------------------------------------------------------------------- Du rufst mich lautlos an die kühle Tiefe des dunklen Grüns, das deine Seele trägt, die immer tut, als ob sie grade schliefe ("tun" ist ein gräßliches Hilfswort. "Die sich gebärdet" kann wegen der Metrik nicht angewandt werden. Aber dem Dichter fällt gewiß Besseres ein!) in diesem Atem lichtgefleckten Schweigens, an diesem Herzen, das mir duftend schlägt im Takt des Wanderns und des Wunderzeigens. Was schwingt in dir und mir so gleich, was wiegt, nach Moos und Erde fallend, mein Sehnen ach so rein, so überreich?( Mein Sehnen, ach! so reich! so überreich...) In deinen schattenschweren Wurzelhänden ist Zeit so fern, und hilflos ferne hallend (hilflos? klanglos? stimmlos? w o r t l o s ?) bricht sich ihr Gang an deinen Borkenwänden. So scheint mein Sterben fern in deiner Mitte, in der ich stehe wie ein fremdes Ding, wie eine ungesagte, nie gewagte Bitte, (nie gewagt? D o c h gewagt!) die stumm an deinem Bild zugrunde ging. __________________ Kniefall von cyparis (bis ins Innerste aufgewühlt) |
15.03.2009, 16:20 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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ich teile ganz die andacht von cyparis ,
es hüllt der wald mich ein wie ein zuhaus - doch rasch holt mich die welt zurück in den gedanken und fordert neues fragen, neue kraft heraus: wie wär's z.B. mit "wirkt" statt "tut"? auch würd' ich erste zeile besser verstehn mit "in die kühle tiefe". und zum schluss scheint mir das "zugrunde gehen" dann doch wieder ein wenig zu bitter, nach all der schönheit. ich wünsch mir ein wunder! wär's möglich? liebe grüße larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich! |
15.03.2009, 16:29 | #4 |
gesperrte Senorissima
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Liebe Larin,
das "tun" ist ja m.E. hier als halbe Täuschung gedacht, wenn ich nicht falsch interpretiere. Das "wirkt" ist dem Dichter reziprok, aber wird dem Wald nicht gerecht, der hier der Ruhende und Bild-Erweckende im Auge des sehnsüchtigen Betrachters ist. Schwierig. Ich suche weiter... @ Erich Kykal: Verzeih, daß ich so über Dein Haupt hinweg konferiere...! Lieben Gruß von cyparis |
16.03.2009, 10:18 | #5 |
TENEBRAE
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Ach, cypi, ich erteile dir hiermit jegliches Recht, über meine Ergüsse mit anderen zu diskutieren. Du machst das besser als ich es könnte, soweit ich sehe.
Ich persönlich stoße mich nicht so sehr an dem "tut" wie du, aber denn Sinn der Aussage hast du wunderbar erklärt! @ a.c.larin Hallo, neuer Kollege! Vielen Dank für deine wohlmeinenden Worte. Das mit dem "an" in Z1 bleibt, weil hier ein Führen wie "an" einen Altar (der Natur) mitschwingen soll. Und das "zugrunde gehen" ist für mich nicht gar so negativ, denn irgendwann werden wir das alle. Es ist auch nicht unbedingt der physische Tod hier gemeint, eher soll diese Phrase die Nichtigkeit und Bedeutungslosigkeit menschlichen Wollens im Angesicht der Herrlichkeit intakter Natur transportieren. Es ist ja - sinngemäß und auch grammatikalisch - die Bitte, die zugrunde geht, nicht ich als Mensch, als Person. Nur mein Anspruch scheitert an dieser Kulisse. LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
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