23.04.2017, 00:44 | #1 |
Gast
Beiträge: n/a
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Die nachtgesäumte Warte
*bearbeitet.
Dumpfe Waldraumklänge drücken leise tote Bäume in das lichte Träumen einer rauen kalten bittren Pracht. Klare Schauer, die mich lieb umsäumen, ziehen ewig trauernd durch die Nacht. Seltsam ist das lange dunkle Leben, darin jeder schwere Schatten ruht. Dürres Einsamsein vertropft verwegen über meinem nassen Lederhut. Oder ist es nächtens dunkler Kleider Schimmer, reifend, der in seinem Drang singend aus der dunklen Tiefe - Leider - Feuer, Eis und Eitelkeit besang? Geändert von Eisenvorhang (23.04.2017 um 17:36 Uhr) |
23.04.2017, 12:33 | #2 |
TENEBRAE
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Beiträge: 8.570
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Hi EV!
Ungereimtes (oder kaum Gereimtes) ist nicht mein Ding, aber ein paar Tipps: Dumpfe Waldraumklänge drücken tote Bäume in den Traum Diese Zeile sollte für eine rundere Sprachmelodie eine weibliche Kadenz haben. einer rauen kalten Nacht. Seltsam ist die dunkle Welt, wo Das "wo" würde ich streichen und dafür stattdesen dort, wo es hingehört, "darin" schreiben und dort dafür das "leise" streichen. Dann hättest du auch den gewünschten Reim "Welt/erhellt". leise jeder schwere Schatten dürres Einsamsein erhellt. Sprich: wo siehst du jene Himmelstränen? Fließen sie endlos am Rücken lang? Das ist gemeinsprachlich formuliert. Hochsprachlich: "den Rücken entlang". Oder ist es nächtens dunkler Strähnen Schimmer reifend, der mit seinem Drang, Ohne Adverb hängt "reifend" seltsam unerklärt in der Luft, das Bild vervollständigt sich nicht: Welche Strähnen? Warum schimmern sie? Wozu reifen sie? Um die Phrase verständlicher zu machen, würde ich die "Strähnen" durch einen klareren Begriff ersetzen und auch vor das "reifend" ein Komma setzen. Schöner: "in seinem Drang", und kein Komma am Zeilenende. schreiend aus der dunklen Tiefe: Leid, Feuer, Eis und Eitelkeit besang? Der Reim der drittletzten und letzten Zeile hat in der 2. Str. seine Entsprechung. Der Reim von Z1 und 3 in der 2. Str. ("-tränen/Strähnen") hat aber keine Entsprechung in Str. 1. Ein Ungleichgewicht. Mögliche Lösung: Dumpfe Klänge senken sacht tote Bäume in das Träumen einer rauen kalten Nacht. Seltsam ist die dunkle Welt, darin jeder schwere Schatten dürres Einsamsein erhellt. Sprich: wo siehst du jene Himmelstränen? Fließen sie endlos den Rücken entlang? Oder ist es nächtens dunkler Ahnung Schimmer, reifend, der in seinem Drang schreiend aus der dunklen Tiefe: Leid, Feuer, Eis und Eitelkeit besang? Sprachlich finde ich deinen Text angenehm komplex konstruiert. Vor allem die Conclusio finde ich lyrisch höchst gelungen! Daher sehr gern gelesen und beklugfummelt! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
23.04.2017, 13:13 | #3 |
Gast
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Hallo eKy!
Der Bezug zu Schimmern und Strähnen soll in "Himmelstränen" zu finden sein. Die Strähne als Umschreibung für Schweif und ein Schweif einer Sternenschnuppe schimmert ja immer. Das "wozu reifen sie?" geht etwas unter. Da hast du vollkommen recht. Wenn ich "Fließen sie endlos den Rücken entlang?" schreiben würde, wäre ja die Metrik unrhythmisch. XxXxXxXxxX Hesse schrieb teilweise auch gemeinsprachlich. Gerne kaufe ich Dir Deine Kritik und Korrektur ab! Aber der Rhythmus sollte bei dem Gedicht schon stimmen. Aber mir wird da schon was einfallen. Mich fasziniert die scheinbare Bezuglosigkeit von Rilke. Teilweise schreibt er extrem kryptisch. "Schwarze Katze" ist wirklich grandios und wird klarer, wenn man den Panther gelesen hat. Ich analysiere jedes Wort von ihm. Was man auch muss, wenn man ihn verstehen will! Gerne würde ich hinter seinem Bezugsystem richtig durchsteigen. Ich mag seine Syntax ungemein. Sie ist derart verträumt und egozentrisch. Fast schon idiosynkratisch. Danke fürs Kommentieren und Helfen! ) vlg EV |
23.04.2017, 13:42 | #4 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
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Beiträge: 8.570
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Hi EV!
Nix für ungut, aber bei "Strähne" denke ich ausschließlich an lange Haare. Das mag bei euch im Sprachgebrauch anders sein, aber bei mir führt kein Weg von "Strähne" zu "Schweif" - höchstens bei Pferden, aber sicher nicht bei Sternschnuppen, Kometen usw.. Das wäre um eine Ecke zuviel herumgedacht ... Mögliche Alternative mit Reim: Sprich: wo siehst du jene Himmelstränen? Fließen sie endlos den Rücken entlang? Oder ist es nächtlicher Kometensträhnen Schimmer, ... Durch die direkte Wortverbindung von Kometen und Strähnen entsteht ein klares Bild von der Bedeutung der Strähnen im Bilde - und der Reim ist auch gerettet. Wenn ich die von mir gewünschte Kadenz erläutern darf: Dein Werk folgt ohnehin keiner klaren Ordnung. Ich nahm an, du dichtest rein nach Sprachmelodie. Dumpfe Waldraumklänge drücken tote Bäume in den Traum einer rauen kalten Nacht. Seltsam ist die dunkle Welt, wo leise jeder schwere Schatten dürres Einsamsein erhellt. XxXxXxXx XxXxXxX XxXxXxX XxXxXxXx XxXxXxXx XxXxXxX Wie du siehst, müsste die 2. Zeile der vorletzten entsprechen. Tut sie bei dir aber nicht. Sprich: wo siehst du jene Himmelstränen? Fließen sie endlos am Rücken lang? Oder ist es nächtens dunkler Strähnen Schimmer reifend, der mit seinem Drang, schreiend aus der dunklen Tiefe: Leid, Feuer, Eis und Eitelkeit besang? XxXxXxXxXx XxxXxxXxx XxXxXxXxXx XxXxXxXxX XxXxXxXxX XxXxXxXxX In Strophe 2 verlässt du den Rhythmus von S1 endgültig: Es gibt einen Heber mehr, Zeile 2 fällt gänzlich aus dem Taktrahmen, und die Kadenzen fallen chaotisch. Das heißt nicht, dass es schlechte Lyrik sein muss - wenn man voraussetzt, dass es rein nach Sprachmelodie geht. LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
23.04.2017, 13:53 | #5 |
Gast
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Hallo eKy
das ich mich bei dem Vers: "Fließen sie endlos am Rücken lang?" XxXxXxXxX Was ja fälsch wäre. ...derart im Takt verhaspelt habe, kotzt mich gerade richtig an. Ich dächte "sie" sei betont. Das ist für mich schon fast unverzeihlich. Mist. Da muss ich nochmal Hand anlegen. Danke für die Aufklärung! vlg EV |
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