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Der Tag beginnt mit Spaß Humor und Übermut

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Alt 22.11.2009, 19:45   #1
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
Standard Bescheidener Dichter

Bescheidener Dichter


Bescheidenheit, Bescheidenheit,
die hülfe hier zur rechten Zeit,
die hülfe da, wo manches Wort
verzweifelt sucht den rechten Ort.
Die Sprache stirbt am Mehrfachmord

Durch den, der täglich tut Gewalt
ihr an, sie leidet viehisch, bald
vergeht sie kläglich, säuft ihr Blut,
noch wehrt sie sich, mit schwachem Mut.
Sieht er es ein? Wird es noch gut?

Ganz leise schleicht das letzte Hoffen.
Es scheint das Ende nicht mehr offen.
Die Sprache leidet, zittert weiter,
Aus vielen Wunden tropft der Eiter.
Der, der sie quält, wird nicht gescheiter.

Am Ende spürt er's, will's benennen,
Ihn würgt das Leid, und er muss flennen:
Den Dichter schüttelt tiefe Trauer;
Der Schmerz durchzieht ihn wie ein Schauer.
Er hat ein Einsehn. Ist's auf Dauer?
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Alt 22.11.2009, 21:00   #2
Quicksilver
lebendig
 
Registriert seit: 28.10.2009
Beiträge: 350
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Hallo Walther,

ich habe mich köstlich amüsiert über eine derartig satirische Vergewohltätigung der Grammatik. Schwer sind gekonnte Inversionen

Gern geschmunzelt

Gruß
von
Quicksilver
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Alt 23.11.2009, 17:15   #3
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
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Hallo Quicksilver,

das Verhohnepiepeln der Sprache ist an sich ein nettes Spiel, dessen gelegentliches Vergnügen man sich gönnen sollte, macht es doch zum Einen Freude, und zum Anderen übt man sich zugleich in der Sprachbeherrschung selbst.

Es freut mich also, Dich mit diesen kleinen Reimen erfreut zu haben.

LG W.
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Alt 08.12.2009, 18:06   #4
Dana
Slawische Seele
 
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Beiträge: 5.637
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Hallo Walther,
was wären wir Dichter ohne diese Bescheidenheit.

Ich weiß nicht mehr, wer und wo - aber es gab etwas ähnlich Köstliches:
"Reim dich, du Sau" oder so.

Deines hat mich daran erinnert und mich zum Lachen gebracht.

Zitat:
Zitat von Walther
Am Ende spürt er's, will's benennen,
Ihn würgt das Leid, und er muss flennen:
Den Dichter schüttelt tiefe Trauer;
Der Schmerz durchzieht ihn wie ein Schauer.
Er hat ein Einsehn. Ist's auf Dauer?
Klasse! Man bedenke Worte, Inhalt und trotzdem großer Humor.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 09.12.2009, 11:39   #5
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
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Lb. Dana,

manchmal ist Selbsterkenntnis der beste Weg zur Besserung. Am Anfang der Selbsterkenntnis steht gerne die Selbstironie.

Danke für lobende Erwähnung und Begleitung.

LG W.
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Alt 09.12.2009, 12:48   #6
ruhelos
Flaschenpost
 
Registriert seit: 24.03.2009
Beiträge: 574
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hallo Walther,

dein Gedicht habe ich zunächst ein wenig zwiespältig gelesen, wenn es mir auch von der Form und dem sauberen Reimmuster gleich zusagte. Der Grund ist, dass sich m.E. hier zwei Möglichkeiten auftun. Die 1. Möglichkeit: Es geht um Menschen, die sich in den Dichterstand erheben, aber nicht die geringste Ahnung von Gramatik, Metrik usw. haben. Natürlich will ich nicht sagen, dass man dies nicht lernen kann.Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Die zweite Möglichkeit, wie ich den Kommentaren entnehme, ein gelegentliches Ausbrechen aus jeder Form nur einmal zum Spaß. So gesehen wirklich lustig. Besonders hat mir die Zeile gefallen:

Die Sprache stirbt am Mehrfachmord.

Der Sprache wird manchmal wiirklich sehr viel zugemutet, sie wird verbogen, vergewaltigt und sogar ermordert.

Viele Grüße
ruhelos
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Schreiben ist leicht. Man muss nur die falschen Wörter weglassen. (Mark Twain)

Geändert von ruhelos (09.12.2009 um 12:51 Uhr)
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Alt 09.12.2009, 13:53   #7
Walther
Gelegenheitsdichter
 
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Beiträge: 3.210
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Lb. ruhelos,

es ist immer gut, die Satire nicht zu übertreiben und auf eine Person als Spottgedicht zuzuspitzen. Das war hier nicht gemeint. Ins Gericht geht der Dichter am besten mit sich selbst. Sollten sich weitere angesprochen fühlen, ist das der Schuh, den sie sich selbst anzogen haben.

In der Tat steht die Sprache im Mittelpunkt dieser Moritat. Ihr stetiger Mißbrauch, ihre Vergewaltgung zu beklagen, war der Anlaß dieses Texts.

Man sollte dem Schreiber solcher Verse einfach ein wenig mehr zutrauen, wo schon, wie Du vermerkst, die Formsprache selbst dazu einlädt. Als Amateurdichter sollte man sich seiner Begrenztheit bewußt sein, man darf aber doch gelegentlich vermerken, das eigene Sprachkunsthandwerk auf ein gewisses Niveau - wenigstens unter formalen Aspekten - gehoben zu haben. Und nur darum geht es doch in den Literaturforen: Sich stetig gemeinsam zu verbessern.

Wer andere Interessen verfolgt, dem mag das erlaubt sein. Wer Sprache als Waffe gebraucht, der ist ebenfalls im Fokus dieses Gedichts. Sie beide könnten es vielleicht sein, die dabei die Sprache am meisten quälen, mehr noch also als das LyrIch "Dichter".

Danke für Deine kritisch-distanzierten, aber am Ende doch noch ein wenig wohlwollenden Worte.

LG W.
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Geändert von Walther (09.12.2009 um 13:55 Uhr)
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Alt 09.12.2009, 22:31   #8
Medusa
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Ort: Berlin
Beiträge: 2.213
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Lieber Walther,

in Berlin gibts einen Spruch: "Bescheidenheit is eene Zier, doch weiter kommste ohne ihr."

Du beschreibst mit Deinem Gedicht das Gegenteil, ich kann Dir nur beipflichten, weil sich mir auch oftmals die Nackenhaare sträuben. Nicht allein wegen der irgnorierten Grammatik oder Rechtschreibung, nein, auch wegen der selbstbewussten Antworten auf wohlmeinende Kritiken. "Mir ist das alles Wurscht" ist kein Einzelfall.

Dass Sprache auch als Waffe eingesetzt wird, wissen wir nicht zuletzt seit den letzten Vorkommnisse hier.

Du pflegst und liebst sie, das ist aus jedem Vers zu lesen . Deine Inversionen, die absolut gekonnten Enjambements und besonders das "hülfe" machen aus dem eigentlich ziemlich traurigen Thema ein lustiges Gedicht.

Ich habs sehr gern gelesen.
Liebe Grüße,
Medusa.

Geändert von Medusa (10.12.2009 um 14:44 Uhr)
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Alt 10.12.2009, 13:28   #9
Walther
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Lb. Medusa,

danke für Deinen Eintrag.

In der Tat haben wir in diesem Forum über die Sprache als Waffe hier Einiges gelernt, aber auch über mangelnde Sachlichkeit im Diskutieren und Entscheiden. Es ist häufig vernünftig, nüchtern und distanziert abzuwägen, und erst dann, unter Einbeziehung aller Fakten, zu handeln. Zeit schafft diesen nötigen Abstand. Je schwieriger eine Situation, desto mehr gilt es, der Langsamkeit eine Chance zu geben. "Eile mit Weile", nennt der Volksmund das. Ich hätte mir sehr gewünscht, alle Betroffenen und alle Ebenen hätten dieser weisen Vorgabe entsprochen. Auch wäre das Konzept "audito et altera pars", das aus dem römischen Rechtsraum kommt, eine gute Handreichung für das Beurteilen der Gesamtlage gewesen.

Genau dieser Abstand, das Abwägen und Durchdenken, das pointierte Formulieren der jeweiligen Interessenslagen und Motive, die nur so entstehende Empathie für sog. "Hidden Agendas", macht den Kern der Moderation und der sachlichen, fairen Kommunikation aus. Nicht alles ist übrigens öffentlichkeitsfähig. Nicht umsonst kennt die Gerichtsbarkeit den Ausschluß der Öffentlichkeit.

Sprache ist immer auch Werkzeug, zugleich aber Kulturträger und zeigt in ihrer Gesamtheit Stimmung und Gruppenzivilisation an. Das sollten alle, die sich in einem solchen Raum tummeln, verstehen. Man kann aus der Gesamtschau einen tiefen Einblick über den Zustand einer Gruppe gewinnen. Aber auch dazu ist das Zurücknehmen, das Einnehmen der Beobachterhaltung, wesentliche Voraussetzung. Da Betriebsblindheit die klassische Folge des Mithandelns ist, kann freundlicher externer Rat manchmal die einzige Möglichkeit sein, eine solche "soziale Krise" zu bewältigen.

Dazu gehört aber eine Kultur des Zuhörens, die wiederum eng mit der Fähigkeit, kritische Hinweise als sachliche Hilfestellung zu nehmen und durchaus nicht als persönlichen Angriff, verbunden ist. Man muß dabei zu unterscheiden lernen, wer wirklich helfen will und wer möglichweise eine "Hidden Agenda" hat. Und einem klugen Mitmenschen zugestehen, daß er diese vielleicht bereits kennt, ohne sie unnötigerweise gesondert zu thematisieren. Natürlich gibt es auch für Kritik und Kommentar die eiserne Regel der kühlen, sachlichen Sprache. So hängt Sprache mit Zusammenleben zusammen.

Ich habe hier Dinge gesehen, die ich mir - und uns allen - lieber erspart hätte. Dadurch hat dieses Gedicht und sein Thema eine erschreckende Aktualität erhalten. Mir ist das Lachen im Halse wahrlich stecken geblieben. Aber meine Ironie ist ja schon immer mit ein wenig Traurigkeit, dem Hauch der Vergeblichkeit, gemischt, von der jetzt bei mir nur noch eine tiefe, kopfschüttelnde, Trauer übrig geblieben ist.

Bester Gruß W.
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Geändert von Walther (10.12.2009 um 19:34 Uhr)
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Alt 11.12.2009, 20:52   #10
Walther
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Hallo Black Raziel,

die von Dir beschriebene Reaktion ist nach meinem Geschmack. Sie ist die Essenz des Schreibens solcher Gedichte. Die Oberfläche schaut glänzend aus, und die Bombe hat Zeitverzögerung.

Danke für Deine Eintrag. Er ist für mich ein großes Kompliment.

LG W.
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