Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Ein neuer Morgen

Ein neuer Morgen Fröhliches und Hoffnungen

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 10.01.2012, 20:18   #1
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.912
Standard Ein süßer Ort

Ein süßer Ort

Des Lebens Fäden sind so dünn gesponnen;
sie werden aus den Seifenblasenstreifen
der allumfassenden Natur gewonnen.

Und Träume, die in Kinderherzen reifen
verwandeln sich, kaum haben sie begonnen,
in Nüchternheit, weil sie ins Leere greifen.

Und viele Dinge werden sich enttäuschen,
ihr Schein verblasst im Laufe der Gezeiten
und manche Lieder werden zu Geräuschen.

Und ewig singen schon die Altgescheiten,
die Moralisten und die heilig Keuschen
und wollen nur den wahren Weg bereiten.

Und wer gut schlafen will, der muss sich betten,
denn wer nicht mitspielt bleibt ein Außenseiter
und ist bei bestem Willen nicht zu retten.

Und alle Dichter dichten munter weiter,
als ob sie wirklich was zu sagen hätten,
dabei sind sie nur Wort- und Silbenreiter.

Und alles, alles findet doch sein Ende;
wir lassen uns das Leben nicht verderben,
reich mir vertrauensvoll die lieben Hände.

Du bist ein süßer Ort für mich zum Sterben.

Falderwald
. .. .
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.01.2012, 21:12   #2
fee
asphaltwaldwesen
 
Registriert seit: 31.03.2009
Ort: österreich
Beiträge: 961
Standard

ein auf seine ganz eigene art fesselndes gedicht, falderwald!


allein schon des klanges wegen fühlte ich mich beim lesen gradezu "eingesponnen" in eine gedanken- und bilderwelt voller kraft und leidenschaft in all dem leisen bedauern, das als grundmelodie die obertöne trägt.

besonders gefallen mir formulierungen - sowohl von aussage als auch vom klang her - wie etwa

Zitat:
Und viele Dinge werden sich enttäuschen,
...
und manche Lieder werden zu Geräuschen.
oder auch

Zitat:
Und Träume, die in Kinderherzen reifen
verwandeln sich, kaum haben sie begonnen,
in Nüchternheit, weil sie ins Leere greifen.
die aussage ist sehr frei interpretierbar. das angesprochene "Du", das der süße ort zum sterben ist, kann jede form von gemeinschaft sein im sinne eines "lebensraumes für einen auszulebenden aspekt der eigenen persönlichkeit". als person sehe ich es nicht zwingend.


gern gelesen.

lieber gruß,


fee

Geändert von fee (11.01.2012 um 17:41 Uhr)
fee ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.01.2012, 21:26   #3
Gert-Henrik
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

salve Falderwald

Eine Lebensrückschau eines älter gewordenen Paares, das sich mit der Hoffnung auf weitere Gemeinsamkeiten dem kürzer gewordenen Wegesrest stellt. Wollen wir dem LI wünschen, dass das LD die Dinge ähnlich sieht.

Formal würde ich nur an S5 V2 mäkeln wollen, da er für mein Sprachgefühl zu sehr ruckelt. Beim Lesen erwartete ich nach S3 V3 irgendeine Erklärung, weil die "Geräusche" ein ungewöhnliches Bild sind - aber das ist wirklich ein sehr subjektiver Eindruck. Die Endreimstruktur mit ihrer jeweiligen Gegenumarmung gefällt mir sehr gut.

Gerne gelesen und damit auseinandergesetzt

LG
Lipiwig
  Mit Zitat antworten
Alt 13.01.2012, 12:12   #4
Sidgrani
Von Raben umkreist
 
Benutzerbild von Sidgrani
 
Registriert seit: 27.12.2009
Ort: Am Niederrhein
Beiträge: 1.053
Standard

Hallo Falderwald,

schöne Bilder lässt du in deinem Gedicht entstehen, obwohl ich auch einiges zu hinterfragen habe.


Und viele Dinge werden sich enttäuschen,

"sich" enttäuschen? Wie ist das gemeint?


und wollen nur den wahren Weg bereiten.

Passt hier nicht besser "uns"?


Und alle Dichter dichten munter weiter,
als ob sie wirklich was zu sagen hätten,
dabei sind wir nur Wort- und Silbenreiter.


Das "wir" finde ich angemessener oder bist du die Ausnahme?


Zum Schluss stellt sich mir noch die Frage, sind die vielen "und" am Zeilenanfang nicht etwas zuviel des Guten (immerhin 9 mal) oder sollen sie ein Gestaltungsmittel sein, was ich mir wiederum nicht gut vorstellen kann.

Liebe Grüße
Mandrillo
__________________
Alle meine Texte: © Sidgrani

"Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch"

»Erich Kästner«
Sidgrani ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.01.2012, 00:34   #5
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.912
Standard

Hi fee,

ich bin momentan ziemlich kreativ, aber auch in einer eigentümlichen Stimmung, die solche Texte hervorbringt.

Terzinen haben mich schon immer gereizt, denn sie bewirken bei mir als Leser wohl ähnliches, wie bei dir.
Manche klingen so melancholisch und besitzen eine ganz eigene Art des Ausdrucks.
Ich freue mich, wenn diese Zeilen trotzdem einen kraftvollen und leidenschaftlichen Einblick in meine Bilder- und Gedankenwelt vermitteln konnten.

Der Text ist sehr offen gestaltet und frei interpretierbar und du hast richtig erkannt, daß der "süße Ort" nicht zwangsläufig eine Person sein muss, aber es kann durchaus auch so ausgelegt werden.

Dankefein fürs "gern gelesen"...


Servus Lipiwig,

auch als Lebensrückschau wäre dieser Text durchaus interpretierbar.
Ich meine, es fließt ja immer ein wenig "Erfahrung" in die Zeilen mit ein.
Auf jeden Fall schließe ich mich deinen Wünschen für das "LI" an.
Vielleicht ist da ja auch ein ganz besonderes "LD"...

Du meinst S5/Z2 ruckelt beim Lesen?
Es würde mich interessieren wo, damit das ändern kann, denn ich lese ihn so:

denn wer nicht mitspielt bleibt ein Außenseiter

xXxXxXxXxXx

Hm, eine Erklärung für die Geräusche kann ich m. M. n. geben.
Da sind zum einen die sich "enttäuschenden Dinge" (Erklärung dazu in meiner nächsten Antwort), die ich als Metapher für alle sicht- und fühlbaren Objekte eingesetzt habe. Ihr Schein verblasst allmählich und Lieder, die man früher vielleicht einmal gerne gehört hat, sind heute einfach nur noch Geräusche.
Es geht aber weiter in der nächsten Strophe, wo vom Singen der Altgescheiten usw. die Rede ist, so daß die Lieder eben nicht nur auf irgendwelche Melodien bezogen sind, sondern auch auf die Menschen, die sie singen. Es gibt da den Spruch, wenn sich ein Vorfall wiederholt ereignet: Es ist immer das gleiche Lied (mit dir)...
Und solche Dinge, wie auch olle Lieder, die man gar nicht mehr hören mag, verkommen im Laufe der Zeit einfach zu Tönen oder hier Geräuschen.
Das war meine Intention.

Danke auch dir fürs Lesen und kritisieren...


Hallo Mandrillo,

hinterfragen ist immer gut, wenn dies zum Verständnis beitragen kann.

Zitat:
Und viele Dinge werden sich enttäuschen,

"sich" enttäuschen? Wie ist das gemeint?
Es gibt da den schönen Spruch: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Und Michael Holm sang einmal: Doch der Schein hält nicht, was er dir verspricht..."
Und darauf wollte ich hinaus, weshalb ich diese ungewöhnliche Formulierung suchte. Wenn etwas nur scheint, dann täuscht es etwas vor, was nicht so ist, wie es im Auge des Betrachters eben nur erscheint. Es liegt also eine Täuschung vor und hier ist das "ent-täuschen" einmal wortwörtlich zu nehmen, ähnlich dem ent-tarnen. Und diese Dinge ent-täuschen sich oftmals ganz von selbst und aus sich selbst heraus.
Für mich war das eine kleine Wortspielerei und ich wollte sehen, wie das ankommt, weshalb ich auch dankbar für deine Nachfrage bin.


Zitat:
und wollen nur den wahren Weg bereiten.

Passt hier nicht besser "uns"?
Ich glaube nicht. Ich hadere auch mit dem "nur", aber das LI steht hier erst einmal außen vor und die Aussage sollte ganz allgemein bleiben.
Das "nur" war für mich die beste aller schlechten Möglichkeiten, die mir als Lückenfüller blieb, sozusagen als Synonym für das Wörtchen "bloß", was mir aber sprachlich und klanglich überhaupt nicht gefiel. Damit sollte also die einzige und wahre Absicht der in diesem Vers Angesprochenen noch einmal betont werden. (Die wollen den wahren Weg bereiten, dieser hat mit meinem Weg überhaupt nichts zu tun.)

In der "Dichterstrophe" nehme ich mich natürlich nicht aus.
Aber auch hier ist das LI noch gar nicht aufegetreten, sondern bleibt immer noch erzählend und betrachtend.
Mir gefiele es auch nicht, weil in der ersten Zeile "alle Dichter", also die Dichter angesprochen werden, weshalb sollten sie dann in der letzten Zeile zu einem wir werden?
Das schließt ja meine eigene Person nicht aus (und ist im Übrigen überhaupt nicht abwertend gemeint. Hugo von Hofmannsthal schrieb einmal im Zusammenhang mit "den" Dichtern: "Erlognes an Erlognes, Wort an Wort wie bunte Steinchen aneinanderreihn...)

Natürlich weiß ich um die vielen Versanfänge mit "und", wie könnte mir das entgangen sein, ich hab das Ding ja selbst geschrieben.
Sie sind für mich aber tatsächlich ein Stilmittel und ich persönlich finde, bei Versen dieser Länge darf man das ruhig einmal verwenden, weil sie (für mich und ganz subjektiv) sogar ein feierliches Pathos verbreiten können, wenn sie richtig eingesetzt sind.
Das kann man bei manchen Schiller oder Hofmannsthal Texten m. E. sehr gut beobachten.

Ich danke dir für die kritische Auseinandersetzung mit diesem Text...


Vielen Dank für eure Kommentare, die Kritik und das Lob...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.01.2012, 18:41   #6
Timo
nach vorn sehen und nicht
 
Registriert seit: 07.12.2011
Ort: Rathenow
Beiträge: 265
Standard

Hallo Falderwald,
man möchte kein Außenseiter sein und sich richtig betten, damit man von Träumen inspiriert ein neues Werk schreibt.
Ich empfinde, du hast tolle Ideen.
Herzlichst
Timo
__________________
Nach vorn sehen und nicht zurück!
Timo ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.01.2012, 19:31   #7
Gert-Henrik
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Zitat:
Zitat von Falderwald Beitrag anzeigen
Du meinst S5/Z2 ruckelt beim Lesen?
Es würde mich interessieren wo, damit das ändern kann, denn ich lese ihn so:

denn wer nicht mitspielt bleibt ein Außenseiter

xXxXxXxXxXx
Hallo,

ich denke, dass ich das "wer" beim Lesen als unbetont wahrgenommen hatte und habe daraus den Ruckler gemacht - eine Lappalie, sorry dafür!

Gerne noch einmal vorbeigeschaut

LG

Lipiwig
  Mit Zitat antworten
Alt 16.01.2012, 23:01   #8
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.912
Standard

Hallo Timo,

es ist für einen Dichter legitim, sich von allem und von jedem inspirieren zu lassen (es ist sogar seine Pflicht ).

Nur so entstehen neue Ideen und ich freue mich, daß dir meine so gut gefallen.

Dankeschön...


Hi Lipiwig,

kein Problem. Deshalb kommunizieren wir ja hier miteinander.
Und wer ist schon fehlerfrei?


Vielen Dank für eure Rückmeldungen...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 07:11 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg