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02.11.2012, 16:27 | #1 |
Neuer Eiland-Dichter
Registriert seit: 26.10.2012
Beiträge: 18
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Der Geschmack von Blau
"Romantik ist eine Lüge", sagte ich und ließ einen Stein in den Fluss fallen, betrachtete die Ringe, die von der Strömung auseinandergezogen wurden. "Eine Lüge?", fragte der Elf verdutzt. "Sentimentales Wischiwaschi - Harlekinpostkarten, schwarze Engel und blutende Rosen." "Sentimental ist gelogen?", hakte er nach und ließ die Füße im Wasser baumeln. "Ja, weil es die Wahrheit nur streift", bestätigte ich und nahm einen weiteren Stein auf. "Deine Wahrheit", erwiderte er und stieß einen winzigen, fast durchsichtigen Fisch mit einem Zeh an. "Ja, meine Wahrheit", nickte ich und holte tief Luft, ohne wirklich durchatmen zu können - an diesem Tag, der sich wie ein paar drückende Hände anfühlte. "Wie lügt man romantisch?", fragte er mit einem Grinsen, zog die langen Beine an und umarmte sie. Ich setzte mich zu ihm ans Flussufer und hielt den Stein ins Wasser, beobachtete wie er die Farbe änderte und leichten Glanz bekam. "Mit Kerzenlicht, das nur bis zur Pupille brennt, Musik, die nur die Ohren streift und Worten, die müde vom vielen Gebrauch sind", antwortete ich, legte mich auf den Bauch und setzte den Stein sachte auf den schlammigen Grund. "Wie - eine Taschenlampe und einen Sonnenschirm zu benutzen, anstatt in Licht und Schwärze zu schwimmen", versuchte ich zu erklären, ballte meine Hand zu einer lockeren Faust und setzte sie als Fingerstein daneben. "Und was ist wahr?", fragte er. Ich beugte meinen Kopf tiefer um die beiden Steine besser zu sehen und beobachtete eine Haarsträhne, die ins Wasser geglitten war und nun wie schwarzes Nixenkraut in der Strömung tanzte. "Wahr ist...", setzte ich an und spürte den Worten hinterher - "wahr ist, eine gezeichnete Landkarte, rund um einen Bauchnabel, nackte Füße im Gras und im Wildfeuer verflochtene Körper, während der Sommerregen einen französischen Walzer spielt. Wahr ist, eine zerbrochene Melodie und der Duft von Karmesin bei einem Kuss - mit Silbergrau, das am Rand der Lippen kristallisiert. Ein Flüstern, das die Nachtruhe des Windes durchbricht und ein Lachen, dessen Echo von den Pflastersteinen widerhallt." Ich schloss die Augen, spürte kleine Fische meinen Fingerstein streifen, beinahe ein Streicheln. "Wahr ist", setzte ich wieder an, da der Elf schwieg, "im Dampf der Erde zu verschwinden, bevor man zu Glas wird und am Ende aller Worte, Verlorenheit zu atmen um sich dann beim Blick in ein paar Augen zu erinnern. "Woran erinnern?", hörte ich ihn leise fragen und öffnete die Augen, betrachtete sein verschwommenes Spiegelbild im Wasser. "An sich selbst und den Geschmack von Blau", antwortete ich. |
02.11.2012, 19:22 | #2 |
Slawische Seele
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Hallo Jazemel,
ich halte mich sehr, sehr selten in dieser Rubrik auf, weil ich kein "echter Fan" von Kurzgeschichten bin. Das vorab als eine Wahrheit über mich. Hier schaute ich aus purer Neugier 'rein - wollte sehen, was Jazemel so erzählt. Und? Ich muss es dir sagen: Sie gefällt mir sehr. In "echter Kürze" hast du es geschafft, mich einzufangen. Ich wollte wissen, was die beiden einander erzählen, ich war neugierig auf die Antworten und fühlte mich fast als Lauscher in nächster Nähe aufgrund der enstehenden Bilder. Die schöne, ja lyrische Sprache, tat das ihre hinzu. Gern gelesen und lobend kommentiert, liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
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