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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 30.12.2011, 17:05   #1
fee
asphaltwaldwesen
 
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Beiträge: 961
Standard feldblumenstrauß

ich weiß
sie werden
mir wieder die wörter
zerpflücken
den sorgsam arrangierten strauß
zerlegen
meinen blumen die stängel
beschneiden
blättchen
auszupfen
die nicht gerade gewachsen
das auge
stören
das farbspiel
der unscheinbaren blüten
gar nicht erst
sehen
auf der suche
nach perfektion

doch das ist
nicht meine
natur





.fee `11

Geändert von fee (30.12.2011 um 17:08 Uhr)
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Alt 30.12.2011, 17:46   #2
Stimme der Zeit
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Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
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Beiträge: 1.836
Standard

Hallo, liebe fee,

also ich mag alle Arten von Blumen. Vom Acker-Kleinling (die kleinste in Deutschland regelmäßig blühende Blumenart) bis hin zum Titanwurz, der die größte Blüte der Welt trägt.

Ganz privat ist es auch tatsächlich so, dass ich Schnittblumen ablehne - ich finde es zu schade, sie verwelken, wenn man sie einfach abschneidet. Daher weise ich Freunde und Verwandte immer darauf hin, dass ich, wenn schon, dann bitte eine Topfpflanze möchte. Das ist übrigens tatsächlich wahr.

Das halte ich auch bei den "Blauen Blumen" der Lyrik so. Sollen sie blühen, wachsen und gedeihen - jede auf ihre eigene Art und Weise. Alle Blumen sind schön, oft sogar gerade die kleineren, man muss nur mal genauer hinsehen. Sehr hilfreich ist es, wenn man sich ein wenig in "Blumenbestimmungskunde" schlau macht. Sehr interessant, was es alles zu lernen gibt, man bekommt einen ganz anderen "Blick", selbst wenn es einen nicht gleich zu einem Botaniker macht. Daher kann ich das nur empfehlen!

Was ist Perfektion? Ein kleiner "Auszug" aus Wikipedia:

Da sich zu jedem real Seienden, sofern es endlich ist, prinzipiell eine mögliche Ergänzung finden lässt, können demnach vollkommene Sachverhalte nur im Reich der Abstraktion oder bei Gott gefunden werden.

Anders ausgedrückt: Perfektion / Vollkommenheit lässt sich nur als abstrakte Vorstellung definieren - real existiert sie nicht.

Was also ist möglich? Das "Bestmögliche", das jeder für sich selbst verstehen muss, es geht ja nicht anders. Möglich ist "Verbesserung" bis zum eigenen "Bestmöglichen" - was allerdings mit Perfektion nun gar nichts zu tun hat.

Verbesserung und Weiterentwicklung, die Annahme von "Tipps" zur Blumenpflege, das alles halte ich für eine gute Sache. Auch eine Blume beginnt als Samenkorn, das zum Keimling wird, weiter wächst, Blätter entfaltet, eine Knospe entwickelt - bis sich schließlich die Blüte öffnet und sie irgendwann voll erblüht ist.

Und, ja, Perfektion ist nicht die Natur einer Blume - Perfektion ist die Natur von "nichts".

Deshalb finde ich, dass wir Blumenliebhaber uns nicht streiten sollten, welche Blume schöner ist als die andere. Der eine liebt Rosen, die andere Iris, der nächste Tulpen, die nächste Veilchen. Besinnen wir uns darauf, dass eines zählt, das wir alle gemeinsam haben:

Wir lieben Blumen. Wir alle.

Ganz liebe Grüße

Stimme

__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


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Alt 30.12.2011, 17:57   #3
fee
asphaltwaldwesen
 
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Beiträge: 961
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Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit Beitrag anzeigen
... finde ich, dass wir Blumenliebhaber uns nicht streiten sollten, welche Blume schöner ist als die andere. Der eine liebt Rosen, die andere Iris, der nächste Tulpen, die nächste Veilchen. Besinnen wir uns darauf, dass eines zählt, das wir alle gemeinsam haben:

Wir lieben Blumen. Wir alle.
juhuuu, dann ist also mein blumenstrauß so angekommen, wie gedacht, liebe stimme!

ich ging davon aus, dass sich wirklich jeder von "wir alle" angesprochen fühlen muss, wenn er sein schreibendes tun mit dem sorgsamen binden eines individuell zusammengestellten blumenstraußes verglichen sieht. unabhängig von formvorlieben oder anderen präferenzen.

ja. wir alle lieben unsere blumen. sie alle haben ihre ganz eigene schönheit. jede auf ihre ganz eigene art. aber alle haben eins gemeinsam: zum strauß auserwählt und mit anderen zusammengefügt, werden sie zu einem "produkt" einer liebevollen und "sinnlichen" handlung. und wir alle, die wir schreiben und jedem blättchen achtung zollen, haben gemeinsam, dass wir gerne sträuße winden, um mit ihnen ein stückchen schönheit, freude oder einfach beachtung der natur um uns herum schenken.

wenn dann gepflückt, zerzaust, übersehen wird - egal, aus welchen gründen - schmerzt das immer. sogar (oder besonders) das kleine kind, das den blumenstrauß noch ungelenk und mit teilweise "geköpften" blümchen gepflückt und stolz geschenkt hat. auch es hat den zauber des blumenstraußes erkannt und versucht zu wirken.

und dann sollte man jeden blumenstrauß - auch, wenn er unserem eigenen geschmack ev. nicht entspricht - entsprechend würdigen, genau hinsehen, hineinschnuppern und uns berühren lassen. so war mein gedicht indirekt gemeint.


dein kommentar spricht mir also in allem aber sowas von aus der seele, liebe stimme. danke!!!


liebe grüße,

fee
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Alt 31.12.2011, 17:54   #4
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Thomas
 
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
Standard

Liebe Fee,

keine Angst, die Größe zerpflückt nicht, sonder zieht die Blüten erhebend empor, wie die Sonne. 'Schönheit ist Freiheit in der Erscheinung' sagt Frierich Schiller. Es bleibt uns Dichtern also nur noch zu wissen, was Freiheit ist.

Dein Blumenstrauß gefällt mir sehr gut.

Liebe Grüße
Thomas
Thomas ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.01.2012, 13:28   #5
wüstenvogel
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 30.08.2011
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Beiträge: 446
Standard feldblumenstrauß

Hallo fee,

dein Gedicht sieht ein bisschen aus wie ein Blumenstängel,
wenn man die längeren Zeilen als parallel angeordnete
Blätter sieht. War das Absicht?
Auf jeden Fall finde ich diese Anordnung der Wörter sehr gelungen,
eine gute Verbindung von Form und Inhalt.
Das ist "moderne Lyrik", wie ich sie mag!
(Das musste nochmal gesagt werden.)

Deine Blumen duften zart
sind von ganz eigener Art.

Vielen Dank für diesen bunten Strauß

wüstenvogel
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Alt 01.01.2012, 16:37   #6
fee
asphaltwaldwesen
 
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Ort: österreich
Beiträge: 961
Standard

Zitat:
Zitat von Thomas Beitrag anzeigen
'Schönheit ist Freiheit in der Erscheinung' sagt Frierich Schiller. Es bleibt uns Dichtern also nur noch zu wissen, was Freiheit ist.

lieben dank, thomas und wüstenvogel,


für die gedanken und rückmeldungen zu meinem gedicht!

"freiheit in der erscheinung" - das erinnert mich stark an "der kunst ihre freiheit", auch, wenn schiller sicherlich etwas anderes aussagen wollte damit. die "freiheit" jedenfalls als verbindender aspekt, finde ich sehr spannend zu ergründen.

was "kann" die freiheit, was das korsett nicht kann?
was geschieht der lyrik/der kunst ohne freiheit?

dein zitat finde ich gut gewählt und es ehrt meinen text gewissermaßen, indem es hier in verbindung gebracht wird. danke!


ja, lieber wüstenvogel,

die form hab ich bewusst einer blume - so weit möglich - angenähert. war ein wenig bastelei, damit es nicht total "un-sinnige" zeilenumbrüche werden.
mir war nämlich auch wichtig, die "destruktiven" verben dadurch als allein-tragenden inhalt einer zeile zu erhalten.


eure kommentare freuen mich wirklich sehr!

liebe grüße


fee
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Alt 01.01.2012, 19:33   #7
Dana
Slawische Seele
 
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Beiträge: 5.637
Standard

Hallo fee,

Zitat:
Zitat von fee
ich weiß
sie werden
mir wieder die wörter
zerpflücken
nein, sie tun es nicht.

Dein Feldblumenstrauß hat eine eigene Natur, wird vom Herzen überreicht und wenn man ganz genau hinsieht, erkennt man, dass er Wurzeln schlägt.

Naturen mögen auf Augen unterschiedlich wirken - doch wenn sie aufhören zu blühen, dann merken alle, dass etwas fehlt.
Ich bekenne mich zum Naturschutz.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 01.01.2012, 20:54   #8
fee
asphaltwaldwesen
 
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Standard

Zitat:
Zitat von Dana Beitrag anzeigen
...und wenn man ganz genau hinsieht, erkennt man, dass er Wurzeln schlägt.

Naturen mögen auf Augen unterschiedlich wirken - doch wenn sie aufhören zu blühen, dann merken alle, dass etwas fehlt.

danke, dana,


für deine überaus feinsinnigen zeilen zu meinem blumenstrauß!
ich stimme dir in allem von herzen gern zu.
und das "wurzeln" freut mich natürlich besonders!


liebe grüße


fee
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Alt 02.01.2012, 07:29   #9
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
Standard

hallo fee,

mit der natur ist das so eine sache: angeblich ist sie
-) zu wild
-) zu ineffizient
-) zu chaotisch und
-) zu planlos (?),

deshalb wird alles daran gesetzt, sie in eine handzahme, gewinnoptimierte,
"geordnete " form zu bringen - doch mit welchem ergebnis?

ströme, die schnurgerade fließen, haben ihre selbstreinigungskraft verloren,
"perfekte" pflanzen werden umso schädlingsanfälliger, substratgemüse verliert nahezu den eigengeschmack - aber wir können ja geschmacksverstärker beim konservieren zusetzen.....
zuletzt muss auch noch der eigenen schönheit mittels silikon und botox "nachgeholfen" werden!

um keiner weiteren beunruhigung zu erliegen, benutzen wir lieber die autobahnen: geht schneller und macht mehr lärm. den kann man aber mittels lärmschutzwänden wieder eindämmen. so sieht man wenigstens die landschaft dahinter nicht mehr.
ist es da ein wunder, dass wir alle miteinander bald nur noch im "tunnelblick" unterwegs sind?

ich gebe es zu: auch ich habe mit der zeit zur schonung meines "lebensfahrzeuges" ein paar "gedankenautobahnen" gebaut - ich frage mich, ob ich da wirklich noch von allen runterkäme, wenn ich es so wollte?
gesetzt den fall, da wäre plötzlich eine distel mitten auf meinem weg -
würde ich sie wohl aufmerksam betrachten oder nur als "störend" niederwalzen?

dein "feldblumenstrauß" erinnert daran, dass wir alle mal langsam und per pedes unterwegs waren - und zeit hatten, die umgebung (innen wie außen) genau und mit staunen zu betrachten. unsere kindwelt war um vieles kleiner, doch unendlich aufregender, faszinierender!

glücklich also der mensch, der dem overkill der starkreize noch nicht ganz erlegen ist und sich der "kleinen blume am wegesrand" in dankbarkeit zuwenden kann, so wie du in deinem "feldblumenstrauß".

das gedicht selbst hat einen interessanten aufbau: "form follows funktion".
( was man nicht alles für ausdrücke lernt, wenn man in foren liest und schreibt )

ich werds also nicht zerrupfen - möchte nur untenrum ein rosa schleifchen dranbinden, damit keine blume verloren geht.

was "natur" ist, kann ich in meinem garten immer wieder beobachten: nichts wächst so gut, wie das, was von alleine wächst! in dem sinne ist der rasen rund ums haus längst einen immergünen misch- irgendwas gewichen, das kaum geschnitten und gegossen werden muss....
aber um das zu genießen, muss man sich halt von gewissen eigensinnigen vorstellungen trennen, wie etwas zu sein hätte.

ich lass mich gerne überraschen!

liebe grüße, larin
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!

Geändert von a.c.larin (02.01.2012 um 07:31 Uhr)
a.c.larin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.01.2012, 08:55   #10
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
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Liebes feelein,

mit deinem Feldblumenstrauß hast du den Nerv der Zeit getroffen - ganz metaphorisch und auch im realen Sinn.

Den Kommentaren der Vorschreiber gibt es fast nichts mehr hinzuzufügen.

Die kleinen Dinge des Lebens zu sehen und zu beachten, muss man gelehrt bekommen.
Das beginnt im frühesten Alter.
Wo das nicht so ist, haben es die Menschen schwer, sich an bescheidenen Dingen zu erfreuen.
Dann kommt es auf Selbsterfahrung und Charakterstärke an, sich diese Fähigkeiten selbst anzueignen.

Aber nicht alles, was klein ist, ist auch bedeutungslos.
Im Gegenteil. In mancher Kleinheit und Bescheidenheit steckt viel Potential.
Man muss nur Willens und Wissens sein, das zu erkennen.

Auf die Lyrik und Poesie bezogen, hat so manche kleine Blüte eine große Aussagekraft,
wogegen manches Riesengewächs nur ein Langziehen der Pflanzenstiele bedeuten kann.

Ich sage ausdrücklich kann - denn alles ist relativ

Ich stelle mir jetzt den Feldblumenstrauß in die Vase - hübsch anzusehen ist er



Danke dafür und lieben Blütengruß,
Chavali
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© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

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