Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Ausflug in die Natur

Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 24.09.2012, 16:16   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard Herbstabend

Ein Dunst entrückt die Ferne meinem Schauen,
verblasste Hügel in verstaubtem Licht,
vergangen beinah schon - und wieder nicht,
teils noch im Dunkelgrünen, teils im Blauen.

Entschärft sind alle Ränder und Konturen
im Rauch von Ofenfeuern, und dem Hang
entsickern Schattenzungen, werden lang
und dunkeln auf den Wegen unsre Spuren.

Der Abend fällt wie Frösteln in die Matten,
noch hellt ein letzter, hohler Sonnenschein,
doch wärmt er nicht mehr unser nacktes Sein,
das wir im Sommer frech entkleidet hatten.

Wir kehren ein und schließen unsre Türen,
die Tage werden kurz wie das Gemüt,
und erst, wenn alles draußen wieder blüht,
gehn wir die Welt und unser Leben spüren.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (06.05.2018 um 20:07 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.09.2012, 07:42   #2
Antigone
Gesperrt
 
Registriert seit: 15.09.2012
Beiträge: 223
Standard Herbstabend

Lieber Erich,

über den Herbst kann man schreiben und schreiben und schreiben.
Trotzdem, man liest immer wieder gern, was sich manch ein Poet dabei denkt, wenn es mit dem Sommer vorbei ist.

Dein LI saß vor der Tür inmitten der Landschaft, blickte ins Weite,
verstand, dass sich etwas veränderte wie jedes Jahr, eine kleine Trauer kam auf, aber das LI freut sich am Ende schon auf den nächsten Sommer. Im Grunde die normale Reaktion beim Abschied von etwas Schönem, das nur kurz währte. Und so sind auch fast alle Herbstgedichte aufgebaut, auch deines und meines und viele andere, die ich kenne.

Das Gedicht hat etwas Getragenes, man spürt, dass sich das LI in die Landschaft ganz eingefühlt hat während des Sommers, der Rauch und das Frösteln trotz der falschen Sonnenstrahlen - alles ist anders. Man geht mit,
man kennt das alles.

Ein bisschen bleibe ich hängen bei den "Tagen, die kurz wie das Gemüt" sind.
Zweifle, ob "kurz" der treffende Ausdruck fürs Gemüt ist und somit auch der Vergleich stimmt. Aber die Bilder sind schön, sie sind vertraut, es gibt das Wiedererkennen.

Habs sehr gern gelesen.

Lieben Gruß
Antigone
Antigone ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.09.2012, 19:41   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Antigone!

Vielen Dank für's Reinschauen!
Schade, das Bild vom "kurzen Gemüt" fand ich eigentlich besonders gelungen.
Was kurz ist, versinnbildlicht wenig Volumen, kurze Geduld, im Sinne von kleinlich und unleidig. Die Analogie mit den kurzen Tagen fand ich recht passend und bezeichnend. Naja - persönliche Präferenzen!

Danke für deinen Zuspruch!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.09.2012, 20:03   #4
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard

Lieber eKy,

ich habe mich zunächst in den Bildern der ersten Strophen verloren - weil sie unendlich schön und treffend sind. (Sie stammen eben von einem "unverbesserlichen" Romantiker, der keiner sein will, wie er behauptet.)

Dann der kurze Einblick in die eigenen Jahreszeiten mit dem Anhang von Hoffnung für die nächsten Sommer - einfach wunderbar.

Ich verstehe die kurzen Tage im Vergleich zum kurzen Gemüt als sehr treffend.
Die Natur erhält sich im Vergehen - wir Menschen sind uns der eigenen Vergänglichkeit bewusst und hangeln uns in Hoffnungen immer nur zum nächsten Sommer hin. Was aber nichts an seinem Blühen ändert!

Meine Hoffnung ist, dass du meine Bewunderung auf Dauer ertragen kannst.
Mein Gemüt ist jenes, dass ich bei dir wenig oder gar nicht kritteln kann.
Irgendwann ist aber auch das vorbei, weil ich vergänglich bin.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.09.2012, 21:19   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Dana!

Was für ein schöner Kommi! Nein, es stört mich nicht, im Gegenteil!
Balsam für mein alltagswundes Ego!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.10.2012, 15:56   #6
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.908
Standard

Servus Erich,

das Schöne an vielen deiner Texte ist, daß sie einen Rückblick in die eigene Vergangenheit geben können, so wie auch hier, wenn ich an meine Kindheit und Jugend zurückdenke.

Ganz besonders die zweite Strophe führte mich dorthin, denn die Ofenfeuer sind ja heute recht selten geworden, obwohl manche wieder darauf zurückkommen, wenn sie die Möglichkeit dazu besitzen.

Auch sehr schön ist das Bild der dunkelnden Spuren am Abend.
Wenn wir im Herbst draußen im Wald unterwegs waren, blieben wir natürlich auch immer bis es dunkelte.

Die letzten Sonnenstrahlen waren zwar oft blendend hell, aber Wärme vermochten sie nicht mehr abzugeben, wir mussten die Jacken abends feste schließen, um nicht zu frieren.

So hat jede Jahreszeit ihre ganz eigenen Bedingungen.

Und diese hast du in diesem schönen Text sehr eingehend beschrieben und ohne Fehl und Tadel verdichtet.


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.10.2012, 17:36   #7
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Hallo Erich,

den offenen und versteckten Loben kann ich mich nur in Gänze anschließen.

Gerade der Herbst ist die bunteste Jahreszeit, wenn auch viele den Frühling und den Sommer lieber mögen.
Der Herbst inspiriert Dichter und Schreiber und sonstige Literaten zu den geheimnisvollsten Texten,
man denke nur an die vielen möglichen Nebel-Variationen

Auch ich bin immer wieder dem Herbst-Zauber erlegen.

Sehr gern gelesen!

Herbstlich verdichtete Grüße!
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.10.2012, 21:35   #8
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Faldi, Chavi!

Vielen Dank für euren Zuspruch und eure Gedanken!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 13:18 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg