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Auf der Suche nach Spiritualität Religion und Mythen

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Alt 05.06.2009, 21:10   #1
Chavali
ADäquat
 
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Standard Die Todsündengedichte - Zorn



Er frisst sich durch alle Menschenschichten,
lässt schorfige Wunden und Narben zurück,
er kann nicht auf Vergeltung verzichten
und bricht sich vom Kuchen der Rachsucht ein Stück.

Die Wut ist gewaltig und taubt den Verstand,
gräbt schwelende Löcher in den Hort der Vernunft,
sie quillt aus der Tiefe wie ein schwärender Brand
und setzt sich ein Denkmal zerstörender Zunft.

Der Zorn lässt den Menschen rücksichtslos sein,
ihm sind die Normen und Regeln egal,
er zürnt und wird ein gefühlloser Stein,
ihm bleibt bis zum Abgesang keine Wahl.


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© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

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Alt 09.06.2009, 17:53   #2
ginTon
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liebe chavali,

gerade dieses Gedicht, die Umsetzung dieser Todsünde lässt mich grübeln und grübeln...unzwar aufgrund zweierlei Dinge...

als ich das Werk zunächst las, schweiften meine Gedanken zunächst zu einem Film, "Sieben", wobei dies mich dann zu weiteren Dingen oder Überlegungen animierte..in diesem Film ist ein junges Paar, sehr verliebt, und muss sich in einer neuén Stadt bewähren..er ist polizist usw und in einen Fall verwickelt, wo der Täter, ein Psychopath, die beiden mit in eine Mordserie involviert...nun gut, es führt so weit das die junge Frau, die Frau des Polizisten ermordet wird und dieser sich an dem Täter rächt...

die Frage warum ich dieses Beispiel heranziehe ist die, ob es eine gerechte Art der Rache gibt..da selbst diese Frage uns direkt zum Katholizismus und den Ursprüngen zurückführt...einerseits heißt es der Zorn wäre eine Todsünde, andererseits sagt man Auge um Auge Zahn um Zahn...die Problematik an der ganzen Sache wird demzufolge, eine Form der Gerechtigkeit annehmen und überhaupt die Frage nach dieser,, denn ist es nicht gerecht jemanden für seine Taten zu bestrafen, denn eine Strafe folgt als notwendige Konsequenz...

gerade hier beim Zorn ist sehr schwer zu entscheiden, ob es sich wirklich um eine Todsünde handelt und liegt wohl mehr an der Betrachtungsweise..in den Kapiteln der Bibel zürnt selbst Gott...

deswegen wage ich mich kaum an den Inhalt und lasse dieses Werk so stehen..gerne gelesen und darüber sinniert

liebe grüße basse
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nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
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Alt 14.06.2009, 11:06   #3
a.c.larin
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liebe chavali,

werd mir nun mal endlich die zeit nehmen, deine "todsündengedichte" zu kommentieren.
hier also geht es um den zorn - und was mir gleich auffällt ist, dass "zorn" mit "wut" gleichgesetzt wird.
für mich besteht hier aber ein unterschied.
möglicherweise arbeitet den auch die bibel nicht klar genug heraus.
beide, zorn und wut, kann man unter den oberbegriff "aggression" einordnen, da haben die meisten von uns gelernt, dass "agrgession" gleich "böse" ist.

"aggredio" bedeutet aber zunächst einmal: auf etwas zugehen ,
ohne "aggression" im ursprünglichen wortsinn wäre lebensbewältigung eigentlich gar nicht möglich. raubtiere erbeuten ihr futter "aggressiv", auch die nahrung der pflanzenfresser wird "aggressiv" zerkaut, um sie sich zunutze zu machen. wer keine krallen und keine zähne mehr hat, ist in der natur meist zum tode verurteilt.

auch der mensch hat im laufe seiner evolutolution gelernt, dass er die aggression braucht, um zu überleben ("macht euch die erde untertan!").
das ist in vielen teilen bereits geschehen und nun stößt das alte verhaltensmuster bereits deutlich an grenzen : noch mehr " aggressive" eroberungspolitik, noch mehr aggressive ausbeutung der natürlichen ressourcen wird das gesamte system ins kippen bringen. also, was nun?
wie bringt man individuelle interessen und die interessen des gemeinwohls in eine vernünftige balance?

ganz ohne steuerungsmechanismen wird es wohl nicht funktionieren - und auch dafür braucht man wieder ein stück "aggression"!
in der bibel selbst wird auch der "gerechte zorn" genannt - also aggresion im dienste eines bestimmten wertes. hier wird es aber schon sehr , sehr schwierig.
denn wer setzt letzten endes fest, was "gerecht" ist?
es gibt in unterschiedlichen kulturen und subsstemen unterschiedliche wertesysteme, die einander mitunter sehr widersprechen können, und da jedes individuum, jede gruppierung bestrebt ist, die eigene identität zu bewahren, sind konflikte vorprogrammiert.
im umgang mit diesen konfliktpotentialen und reibepunkten zeigt sich aber für mich der unterschied zwischen "zorn" und "blinder wut" :
"zorn" kann einfach auch nur zum schutz, zur bewahrung und erhaltung des eigenen dienen, "wut" geht immer in richtung vernichtung des gegenübers.

dem anderen sein anders-sein lassen zu können, ohne aufgabe der eigenen identität, gehört zu den künsten, die die menschheit erst noch zu erlernen hat. in multikulturellen gesellschaften werden wir allein aufgrund der verschiedenheiten immer wieder mit ärger und zorn konfrontiert werden
( denn, was ich nicht kenne, macht mir angst und diese wird häufig mit gefühlen wie ärger und zorn überdeckt. sehr unterschiedliche lebensauffassungen erzeugen ebenso eine nicht unbeträchtliche soziale anspannung)
darauf, dass diese spannungen nicht in blinde wut umschlagen, müssen wir sehr achten, vor allem aber immer
jeder bei sich selber zuerst, ohne ausnahme.

zorn allein lässt einen menschen noch nicht rücksichtslos sein.
wenn ein kind ein tier quält, wenn sich ein anderer erwachsener rücksichtslos oder unangemessen benimmt, kann das sehr zornig machen, und doch weiß ich: dieses kind muss ich erziehen und seufz - und das ist schon viel schwieriger - diesem erwachsenen muss ich angemessene grenzen setzen!
die grenze ist dort, wo die eigene geduld überstrapaziert wird oder dort, wo das gemeinwohl zu großen schaden nimmt.
das wiederum ist von mensch zu mensch und von gruppe zu gruppe sehr verschieden.
wenn mir jemand etwas kaputtmacht , das mir wichtig war, werde ich vielleicht auch zornig sein, das heißt aber noch lange nicht, dass ich deshalb zwingend die benimm-regeln außer acht lassen muss.
ich denke, diesen zorn darf/ soll/ muss man dann auch angemessen kommunizieren dürfen - wie sollte ein anderer jemals meine grenzen wissen, wenn ich sie ihm nicht zeige? niemand will überfahren werden - und nicht jeder erkennt bei jedem von alleine, wei weit er gehen kann / darf.

die kunst besteht darin, seine eigene aggression zu beherrschen und nicht,
sich von ihr beherschen zu lassen.

liebe grüße
larin
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
a.c.larin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.07.2009, 18:28   #4
Chavali
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Lieber basti, liebe larin,


um die Antworten zu euren sehr guten Beiträgen habe ich mich schon eine Weile herumgedrückt,
weil ich dazu einfach nicht viel zu sagen weiß.
Ihr habt recht mit allem, was ihr schreibt.

Natürlich ist der ZORN nicht wirklich eine Todsünde.
Bei Wikipedia findet man Folgendes
Zitat:
Zitat von Wiki
Mit dem Begriff Todsünde (peccatum mortiferum) werden im Katechismus der Katholischen Kirche bestimmte,
besonders schwerwiegende Sünden (Mord, Ehebruch und Glaubensabfall) bezeichnet.
und weiter:
Zitat:
Zitat von Wiki
Sünden entstehen nach der klassischen Theologie aus sieben schlechten Charaktereigenschaften:
Superbia: Hochmut (Übermut, Eitelkeit, Ruhmsucht)
Avaritia: Geiz (Habgier, Habsucht)
Luxuria: Genusssucht, Ausschweifung (Wollust)
Ira: Zorn (Wut, Vergeltung, Rachsucht)
Gula: Völlerei (Gefräßigkeit, Unmäßigkeit, Maßlosigkeit, Selbstsucht)
Invidia: Neid (Missgunst, Eifersucht)
Acedia: Trägheit des Herzens/des Geistes (Faulheit, Feigheit, Ignoranz)
Nun bin ich weder Katholikin noch sonstwie besonders an die Kirche gebunden (durch meine Herkunft).
Die sieben Todsünden zu verdichten war eine Idee einer mir gut bekannten Dichterfreundin,
deren Wunsch ich gern erfüllt habe.

Liebe larin,
besonders Du bist tief in die Materie eingetaucht und ich kann dir nur beipflichten!


Ich bedanke mich bei euch besonders innig!
Liebe Grüße,
Chavali
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