19.03.2009, 07:23 | #1 |
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Die Straßenbahnen des Grauens
Hab mal Lust, wieder eine Geschichte zu erzählen.
Und wie alle meine Geschichten ist auch diese selbst-erlebt und wahr. -------------------------- Wer mit der Straßenbahn fährt, schont die Umwelt. Und hat in großen Städten keine Parkplatzsorgen. Und als Fahrgast der Straßenbahn kann man Abenteuer erleben, die ein Autofahrer nicht kennt! Davon soll nun meine Geschichte handeln. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Es war so: Um keine Parkplatz-Sorgen zu haben - und auch keine Promille-Sorgen - nahm ich die Straßenbahn zu einem beliebten Stadtteilfest hier. Die Bahn war voll bis auf den letzten Platz. In der Sitzreihe vor mir ein Bahnhofspenner der eher übleren Sorte. Sein Gesicht war richtig zerstört vom Alkohol, und sein Verstand wohl auch. Er drehte sich zu mir um und redete auf mich ein. Lauter sinnlose Fragen, die er immer mal wiederholte ..... sinnlose Kommentare .... und das unaufhörlich. Nun habe ich ja nichts gegen Bahnhofspenner. Einige meiner besten Freunde SIND Bahnhofspenner. Doch ich wollte ja nun nicht zum Bahnhof, sondern zu einem Volksfest, und pennen wollte ich auch nicht, sondern dachte eher so an eine Bratwurst vom Grill, ein kühles Bier oder einen kühlen Wein. Ob ich das in Gesellschaft des Bahnhofspenners so richtig würde genießen können? Ich hatte Zweifel ... Es galt also, diese Klette höflich abzuschütteln. Wie hättet ihr das gemacht? Was habt ihr für Vorschläge? Ich erzähl euch dann, wie es mir bei meinem Abschüttel-Versuch erging ..... |
19.03.2009, 07:24 | #2 |
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Zunächst war es mir nicht möglich, einen anderen Platz zu suchen. Die Straßenbahn war ja überfüllt gewesen.
Doch auf einmal merkte ich, dass ich mit dem Bahnhofspenner allein war! Er hatte mich so sehr in Beschlag genommen, dass ich gar nicht gemerkt hatte, wie an einer bestimmten Haltestelle so gut wie alle Fahrgäste ausgestiegen waren. Selber hatte ich geplant, bis zur Endhaltestelle zu fahren, und von dort aus zu dem Volksfest zu gehen. Offensichtlich aber lag da eine andere Haltestelle näher. Nun wusste ich, dass die Endhaltestelle außerhalb des bewohnten Gebietes zwischen Büschen und Bäumen lag. Ungern wollte ich dort mit dem Bahnhofspenner alleine aussteigen müssen und durch die Dunkelheit zum Volksfest gehen. So stieg ich ohne Kommentar und Vorwarnung schnell an der vorletzten Haltestelle aus. Doch der Penner folgte mir treu ... und packte mich beim Aussteigen noch an der Schulter .... |
19.03.2009, 07:25 | #3 |
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Es geht weiter .....
Der Penner stieg also mit mir aus. Zum Glück gerade an einer belebten Straßen-Kreuzung, wo viele Menschen unterwegs waren. Ich tauchte in die Menschenmenge ein, um ihn abzuschütteln. Und dann dachte ich,ich wäre besonders klug, und ging unvermittelt in eine kleine Nebenstraße, damit der Penner meine Spur ganz verlieren sollte. In Filmen sieht man das doch immer so ...in Krimis und Spionage-Filmen. Ich gratulierte mir dazu, wie clever ich doch sei .... Doch das wirkliche Leben ist oft anders! Ich musste feststellen, dass diese kleine Nebenstraße absolut menschenleer war! Und finster! Haus an Haus, aber unbeleuchtet! Die Bewohner waren wohl alle beim Stadtteilfest! Und dann hörte ich hinter mir die Schritte des Penners! Jetzt hatte ich erreicht, was ich absolut hatte vermeiden wiollen: Allein mit einem offenbar unzurechnungsfähigen Bahnhofspenner - im Dunkeln! Und diese blöde Straße nahm kein Ende! Hinter mir die Schritte ..... Das ist der Stoff, aus dem die Albträume sind! Doch ich war hier mitten im wirklichen Leben .... |
19.03.2009, 12:11 | #4 |
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An dieser Stelle mal eine kleine Inhaltsangabe der gegenwärtigen und noch kommenden Ereignisse:
1. Verfolgt vom Bahnhofspenner 2. Die Hilfe-Schreie der Frau aus dem Dunkel 3. Kampf mit Krücken 4. Der Neo-Nazi mit der Bomberjacke 5. Die Unterführung des Grauens 6. Das Fest im Sumpf 7. Das Handy des Horrors ~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Und alles an einem Abend - in kürzester Zeit. Und das alles auch nur, weil ich mit der Straßenbahn gefahren bin statt mit dem Auto. ------------------------------- *singt* Aber dennoch hat der Nevis .... sich köstlich amüsiert ...... Aber dennoch hat der Nevis .... sich köstlich amüsiert! Mindestens so köstlich wie jener Bolle zu Berlin. Ich darf erinnern: *singt* Bolle reiste jüngst zu Pfingsten, nach Pankow war sein Ziel. Da verlor er seinen Jüngsten ganz plötzlich im Jewühl `Ne volle halbe Stunde hat er nach ihm gespürt, aber dennoch hat sich Bolle janz köstlich amüsiert. aber dennoch hat sich Bolle janz köstlich amüsiert. .......... ....... |
20.03.2009, 11:22 | #5 |
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Es geht weiter .....
Irgendwann nimmt jeder Albtraum mal ein Ende! Endlich kam mal eine Querstraße - und als ich links in sie einbog, war ich auch schon mitten im Volksfest! Der Bahnhofspenner war abgeschüttelt! Keine große Sache also! Und die Zeit in dieser langen dunklen Straße war wohl kaum eine Minute lang gewesen. Doch sicher hat ihr auch schon erlebt, wie lange einem die Zeit in unangenehmen Situationen wird! Und wie kurz in angenehmen! |
20.03.2009, 11:31 | #6 |
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Das Volksfest selbst ist kaum erzählenswert. Ein Volksfest wie hundert andere auch! Das Übliche halt ....
Erst auf dem Nachhauseweg wurde es wieder interessant. Als eine Frau aus dem Dunkel heraus gellend um Hilfe schrie! ---------------------------------------------- Zuerst mal ein altes Lied: *singt* Wenn bei Karlsruh die rote Sonne im Rhein versinkt, Und vom Himmel die bleiche Sichel des Mondes blinkt, Fährt Herr Nevis mit seiner Straßenbahn nach Haus, Denn es ist nun schon gar bitter kalt da drauß! Nur die Sterne sie zeigen ihm am Firmament Seinen Weg mit den Bildern, die jeder Nevis kennt ..... So ging ich also friedlich vor mich hin und dachte nichts Böses. Ich war auf dem Weg zur Endhaltestelle der Straßenbahn. Das ist eine Wendeschleife in unbewohntem Gebiet, zwischen Bäumen und Büschen, wie ich schon sagte. Und aus diesen Bäumen und Büschen hervor erschien plötzlich eine Frau und schrie gellend: "Hiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiilfe! Heeeeeeeeeelfen Sie miiiiiir!" Hinter ihr waren drei verdächtige Gestalten in der Dunkelheit undeutlich zu sehen. So recht erkennen konnte ich sie nicht - aber verdächtig waren sie jedenfalls! Seeehr verdächtig! Nun weiß ich, was in solchen Fällen zu tun ist. Man zieht seinen Colt, erschießt die verdächtigen Gestalten so e bissl, nimmt dann die Frau auf sein Pferd, und reitet mit ihr ins Abendrot. Musik erklingt, die Geigen werden lauter, der Film ist zu Ende, und alles verlässt das Kino. Soweit alles klar. Kein Problem! Nur gab es da ein paar kleine Schwierigkeiten: Mein Colt war gerade in Reparatur, und mein Pferd hatte ich zu Hause gelassen. Ihr wisst ja: Trunkenheit am Zügel kommt auch im liberalen Baden nicht gut! Das Schlimmste aber: Das Abendrot war längst vorbei! Eher war das Morgenrot schon nahe. Ich hätte also mit dieser Frau ins Morgenrot reiten müssen, und noch dazu ohne Pferd! Und das tut man doch nicht! Das gibts in keinem Film! Nebenbei: Warum lassen die Filmemacher eigentlich diese Cowboys mit ihren Frauen immer ins Abendrot reiten? Ist doch langweilig, so auf die Dauer! Warum nicht auch mal ins Morgenrot? Wär mal was anderes! Immer diese Stereotypen! Ich glaub, ich werde mal bei Gelegenheit selber einen Film drehen müssen! Und da reiten die Cowboys dann ins Morgenrot, dass es nur so eine Art hat! Doch mich dünkt, ich schweife ab ...... More later ...... |
20.03.2009, 11:32 | #7 |
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Und es geht weiter ....
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Nun, was hätte ich da der Frau sagen sollen, die um Hilfe schrie? Hätte ich folgendermaßen sprechen sollen: "Liebe gute Frau, nichts Lieberes wüßte ich auf der großen weiten Welt, als Ihnen in Ihrer gewisslich etwas unangenehmen Situation beizustehen! Denn: Ich mag Frauen! Einige meiner besten Freunde SIND Frauen! Doch: Wie der Zufall so spielt, sehe ich mich augenblicklich nicht so recht in der Lage dazu. Denn die Lage ist die, und der Umstand ist der: Mein Pferd ist gerade in Reparatur, und meinen Colt habe ich wohlweislich zu Hause gelassen. Sie wissen ja: Trunkenheit am Colt, das mag die ansonsten recht liberale badische Polizei nicht so .... Außerdem: Wir ermangeln des Morgenrotes! Begegnen Sie mir doch mal im Mondschein! Achso.... den haben wir ja gerade, Vollmond sogar ... da haben Sie nun auch wieder recht ... ein Punkt für Sie! Vielleicht könnten wir ja später dann auch mal in den Mondschein reiten, nachdem ich ihre verdächtigen Begleiter so e bissl erschossen habe... falls es Ihnen nix ausmacht? Aber halt .. das wird nix .... so ganze ohne Colt und ohne Pferd ..... Doch ich weiß Rat! Wie sagen die Kellner immer so schön und treffend? Kollege kommt gleich! Und so ist es auch! Mein Freund, der Bahnhofspenner, ist schon unterwegs! Jeden Moment kann er hier eintreffen! Also: Seien Sie unbesorgt, liebe gute Frau! Wenn mein Freund es nicht schafft, diese drei Gestalten dort zu verjagen, dann schafft es niemand! Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend! Habe die Ehre! Meine Straßenbahn wartet! Tschüss! Tschau! Adé!" *wink* ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Nun, was meint ihr? Hätte ich also sprechen sollen? Oder: Wie hättet ihr gesprochen? Also jetzt mal ehrlich, gell! |
21.03.2009, 11:32 | #8 |
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Ich erzähle weiter ....
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Die Hilferufe der Frau hatten einen völlig anderen Grund, als ich im ersten Moment verständlicherweise angenommen hatte. Die drei verdächtigen Gestalten bedrohten die Frau nicht etwa. Ganz im Gegenteil - sie wollten ihr helfen! Doch die Frau war mit drei Helfern noch nicht zufrieden, sie wollte noch einen vierten! Sie brauchte vier Männer - wenn nicht noch mehr! Und ich sollte ihr vierter Nothelfer sein! Und wobei wohl sollte ich ihr helfen? Ich glaube, da kommt ihr nicht so schnell drauf! |
21.03.2009, 11:32 | #9 |
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Das Auto der Frau war stehengeblieben, aus welchen Gründen auch immer.
Nun brauchte sie Helfer, um es anzuschieben. Und dazu hatte sie sich diesen genialen Plan ausgedacht: Wir vier starken Männer sollten ihr Auto auf die Schienen der Straßenbahn schieben. Dann sollte die Straßenbahn kommen und das Auto auf den Schienen so lange vor sich herschieben, bis es anspringen würde! Genial, gell! Inzwischen war ein Auflauf entstanden. Immer mehr Männer kamen, um der Frau zu helfen! So ist es doch! Wenn eine Frau um Hilfe schreit, kommen von überall her mutige Männer, um zu helfen! Aber wenn ein Mann um Hilfe schreit, kommen dann auch mutige Frauen? Ich will das mal offen lassen ..... Es kam aber auch ein Beamter der städtischen Stadtwerke, der diese Idee für unsinnig erklärte! Dazu würde er seine schööööne Straßenbahn nicht hergeben! Eine Diskussion entstand über die Möglichkeit, das Vorhaben der Frau durchzuführen! Ich ergriff die Gelegenheit, mich nett zu verabschieden! Denn: Die Frau hatte ja nun genug Cowboys, die ihr zu helfen vermochten, Morgenrot hin oder Abendrot her! |
21.03.2009, 11:33 | #10 |
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Den nächtlichen Hilfeschreien dieser Frau war ich also entkommen.
Nich weit entfernt konnte ich schon die erleuchtete Straßenbahn sehen, die leer an der Endhaltestelle stand und auf Passagiere wartete. Nur ein kurzer Weg für einen Menschen - doch ein langer Weg für einen Nevis! Wie heißt es so schön und treffend: "Zwischen Lipp' und Kelchesrand Schwebt der finstern Mächte Hand." In meinem Falle hatten die Götter zwischen mir und der Straßenbahn zwei rüstige Rentner gesetzt, die sich mit Macht ihre Krücken um die Ohren schlugen. Auf dem schmalen Pfad war nicht an ihnen vorbeizukommen, ohne etwas davon abzubekommen. Ich dachte, Vorsicht sei der bessere Teil der Weisheit, und ginge einen kleinen Umweg - seitlich durchs Unterholz. Denn war es nicht schon dieser Martin von der Familie Luther, der zu Wittenberg diese These verkündet hatte: "Bedenke, oh Mensch! Was nützete es dir, so du gewännest alle Straßenbahnen der Stadt, und nähmest doch Schaden an deinem Schädel?" Und eine fernöstliche Weisheit lautet: "Oh du Fremder, der du dahineilest auf schmalem Pfade, um zu erreichen den eisernen Wagen, der dich bringen soll in die Mitte der Stadt, wo da ruhet der Karl: Findest den gastlichen Weg versperret du von unweisen Alten, die da kämpfen den Kampf der Toren mit Krücken des Zornes, so wähle den anderen Pfad! Den Pfad des Trampelns, der dich da führet durch grünes Gebüsche, holprig wohl, aber sicher und weise!" Und sagt selbst: Wer bin ich, dass ich Konfuzius widerspräche? Oder gar Kon Fu Tse? Also nahm Ne Vis den anderen Pfad .... |
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