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Alt 25.09.2016, 11:50   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Registriert seit: 18.02.2009
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Standard Unter meines Himmels Blau

Mir ist, als ob des Himmels Blau verwasche,
was mir verebbend noch am Herzen liegt,
und was sich sterbend meinem Herzen schmiegt,
verglimmt in seiner Farbenglut zu Asche.

Wie aufgerichtet an der leeren Flasche
erlebt mein Geist sich, doch vom Weh besiegt,
das er sich auflud und ihm nie verfliegt,
lügt er sich bloß in seine Manteltasche

ein Stück von allem, das nicht werden konnte,
nur oft erträumt durch sein Verlangen schwebte
wie ein Versprechen, das sich nie erfüllte.

Mir scheint, was meines Himmels Blau besonnte,
erkannte nie, dass es darunter lebte,
bevor mein Dunkeln es in Schatten hüllte.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (04.10.2016 um 20:19 Uhr)
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Alt 25.09.2016, 19:32   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.912
Standard

Servus Erich,

ich musste das Sonett zwei Mal lesen, um mir eine Interpretation erlauben zu können, denn, und hier setzt auch meine einzige Kritik ein, der durchgehende Satz, der sich vom Anfang des zweiten Quartetts bis zum Ende des ersten Terzetts hinzieht, ist zunächst einmal auf den ersten Blick schwer zu erfassen.
Eigentlich ist das nur eine marginale, weil subjektive Kritik, aber ich kann ja nur mein Empfinden hier wiedergeben.

Das erste Quartett bietet einen sehr lyrischen Einstand. Sehr bebildert wird hier das Älterwerden beschrieben und die Einsicht darum.
Vom blauen Himmel bis hin zum farbenglutenden Sonnenuntergang, dessen Feuer allmählich zu Asche verbrennt, weil die Energie am Ende ist.

Das zweite Quartett und das erste Terzett gehen näher darauf ein, denn es ist wird eingangs erwähnt, dass dem Protagonisten so ist, als ob ihm des Himmels Blau verwasche.
Hier erfährt er die eigentliche Einsicht, dass alles geistige Streben sich an etwas ausrichte, das keinen Inhalt habe, weil es nicht erfassbar ist.
Und doch sind seine Erfahrungen vorhanden, die ihm auf seinem Weg begegneten, worunter auch das Leid (die Schuldfrage?) zu finden war, was sich in den Erinnerungen festgehalten hat.
Schließlich stellt der Protagonist fest, dass er sich nur selbst angelogen hat, solange er noch die Hoffnung (2. Bedeutungsebene für Himmelsblau) hegte, dass sich etwas in seinem Leben verändern würde, etwas, dass stets in seiner Sehnsucht lag, doch für ihn immer unerreicht bleiben würde.

Das zweite Quartett empfinde ich wieder als hochlyrisch und zudem auch als stringente Folge aus dem bisherigen Geschehen:

Es ist ja das Himmelsblau des Protagonisten, das hier besonnt wird und somit quasi lebt. Und die Quelle ist unsere Sonne, die wohl metaphorisch für die Natur steht.
Und Natur wie Sonne erfassen es ganz bestimmt nicht, wenn sich ein Individuum aus ihrer Raumzeit verabschiedet. Alles wird weiter seinen Lauf nehmen.

Das ist eine relativ nüchterne Abrechnung mit dem Sein, die man aber so durchaus annehmen kann, wenn auch jeder dies aus seinen eigenen Erfahrungen heraus betrachten muss.
Letztendlich wird jeder der Wahrheit ins Auge schauen müssen, dass sich sein Himmelsblau langsam aber stetig der Farbenglut annähert, die unweigerlich dann irgendwann zu Asche verglimmen wird.
Asche zu Asche, Staub zu Staub.

Das hat mir sehr gut gefallen und es hat Freude gemacht, näher in dieses Sonett hineinzutauchen.


Gern gelesen und kommentiert...

Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 25.09.2016, 19:38   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Registriert seit: 18.02.2009
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Beiträge: 8.570
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Hi Faldi!

Vielen Dank für deine tiefschürfenden Begleitworte!

Das Gedicht beschreibt das Lamento eines Träumers, für den äußerer und innerer Himmel immer ein- und dasselbe waren. Doch mit dem Alter wird das Feld seiner Träume langsam zur Wüste, und sie verdorren unter der Gnadenlosigkeit der grellen Vernunft, bzw. der Gleichgültigkeit zu vieler Jahre.
Nun beweint er die verpassten Chancen, die Gelegenheiten, die ungenutzt verstrichen, weil der den Schritt von der Fantasie zur Realität, vom inneren zum äußeren Himmel nie wagen wollte oder konnte.

LG, eKy
__________________
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