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#1 |
Gesperrt
Registriert seit: 20.11.2016
Ort: Hilden, NRW
Beiträge: 531
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Gedichte gleichen, sagt der große Dichter Heine,
dem Leibe einer schönen, möglichst nackten Frau. Warum, so frag ich mich, vergisst er ihre Beine - den Rest beschreibt der Heinrich uns doch sonst genau? Von Gott, dem Genius und Schöpfer allen Lebens, berichtet er und einem schlanken, blanken Hals; von Busen, Hüften, Händen, Füßen - jedenfalls: Die Beine, Henry Heine, suchen wir vergebens. Die Worte perlen übers blondgelockte Köpfchen, und die Zäsur, die streng den Busen teilt, wird nicht vergessen, nicht das Blättchen überm Honigtöpfchen, auch nicht der zarte Schleier über das Gedicht. Das nenn ich, liebe Freunde, wahre Poesie, nicht trocknes Faktensammeln, sondern Rosenknospen gereichen ihr zur Ehre, lassen Nektar kosten, und seidne Schleier sind wie eine Melodie. |
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#2 |
Slawische Seele
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Lieber Felix,
wie wahr und schön. ![]() Trotzdem, bei den fehlenden Beinen fiel mir die "hohe Dichtung" von "Anteilen" ein, ich konnte sie nicht mehr wegdenken. ![]() "Ich hab dein Knie gesehn, das war so wunderschön ..." Nein, ich möchte im Lob das Schöne und Wahre erhalten. ![]() Liebe Grüße Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
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#3 |
Gesperrt
Registriert seit: 20.11.2016
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Beiträge: 531
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Liebe Dana,
vielen Dank für Deine Zustimmung! Die "fehlenden Beine" - wenn Du Heines Gedicht "Das Hohelied" kennst, wirst Du feststellen, dass er nicht eine Bildbeschreibung des Leibes eines weibes liefert, sondern über viele Körperteile sozusagen einen Schleier breitet. Und - so sehe ich das - Recht hat er: Ein Gedicht ist keine minutiöse Reportage eines Geschehens oder eine detailgetreue Bildbetrachtung. Ich bin auch ein Gegner der Forderung, bei einem Gedicht gehöre das "Verdichten" zur Aufgabe eines Autors. Das Wesentliche verzichtet auf Überflüssiges, das bedeutet mM nach aber nicht, dass schmückendes Beiwerk weggelassen wird. Das ist bei einem Telegramm/einer SMS sicherlich anders. Ich mag es "opulent". Das ist bei mir wie beim Essen: Wenn ich ein Menue verdichte, dann praktiziere ich Nahrunsgaufnahme und verzichte dummerweise auf ein hübsch angerichtetes Speisevergnügen. Liebe Grüße, Felix |
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#4 |
Hallig-Dichter
Registriert seit: 04.05.2016
Ort: Großstadt
Beiträge: 63
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Lieber Felix,
Wer fordert denn, dass Poesie eine lückenlose Bildbeschreibung sein soll? Diese Forderung wäre sowieso unerfüllbar, weil die detaillierte Wahrnehmung von individuellen Vorlieben und Ängsten gesteuert werden. Ich beispielsweise würde, wollte ich sie beeindrucken, wahrscheinlich vor allem die Beine einer bestimmten Frau preisen, welche diese mit kaum überbietbarer Rafinesse zur Schau stellt. Ich würde vermutlich ein entsprechendes Feuerwerk über viele Verse abbrennen wollen. Ja und? Welchen Lehrsatz würde ich damit verletzen? ;-) "Verdichten" ist so vielfältig interpretierbar. Das kann semantische oder syntaktische Auslassungen meinen, gewagte Gedankensprünge, Metaphrik, Metonymie u.v.m. Auch Opulenz kann zum wunderbaren Stilmittel werden. Satirisch wie romantisch. Ich sehe das so: der Inhalt eines Gedichtes baut einerseits beim Autor Spannungen ab und verfolgt andererseits das Ziel, ein Publikum oder jemand Konkretes mehr oder weniger bewußt zu beeinflussen: werbend oder entwertend. Und derartige individuelle Schreibmotive bestimmen mMn am ehesten die Wahl der Details. Lg Geändert von Jongleur (07.03.2017 um 01:06 Uhr) |
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#5 |
Gesperrt
Registriert seit: 20.11.2016
Ort: Hilden, NRW
Beiträge: 531
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Lieber Jongleur,
niemand fordert solches und ich will auch keine künstlichen/erdachten Befürworter erfinden. Beim "Verdichten", das oft gefordert wird, kommt bei mir (nachdem ich den bergmännischen Begriff des Verdichtens und die Installationsanstrengungen des Klempners beim Dichten ausgeschlossen habe) manchmal der Verdacht auf, dass "man" - also die Befürworter des Verdichtens - einfach vergessen, dass "Gedicht" und "Dichter" eine völlig andere Bedeutung haben. Das "Verdichten", wie die Befürworter es gern hätten, führt bis zu der Forderung, am besten gar keine Adjektive zu verwenden, schmückendes Beiwerk zu eliminieren - und dagegen wehre ich mich. Danke für Deinen Beitrag und liebe Grüße, Felix Geändert von Felix (09.04.2017 um 18:59 Uhr) |
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#6 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi Felix!
Höchst gelungen, deine Hommage an die "oppulente" Dichtkunst, obwohl "epische" Lyrik nicht unbedingt die Vorzüge nackter Frauenleiber beschreiben muss (ob mit oder ohne Beine ![]() ![]() Sehr gern gelesen! ![]() LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
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#7 |
Gesperrt
Registriert seit: 20.11.2016
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Guten Morgen Eky,
vielen Dank für Deine Beschäftigung mit meiner Hommage an die Opulenz in der Dichtkunst! Nee, ich bin nicht auf die "Bedichtung" nackter Frauenleiber fixiert. Ich hätte auch die lyrische Behandlung einer Blume, einer Landschaft, des Meeres oder anderer "Gegenstände" nehmen können. Dein "höchst gelungen" stecke ich mir als kleines Blümchen ans Revers - danke! Liebe Grüße, Felix |
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#8 |
Hallig-Dichter
Registriert seit: 04.05.2016
Ort: Großstadt
Beiträge: 63
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Lieber Felix, jetzt verstehe ich dein Anliegen besser. Ja, die Adjektive. ;-)
In Deinem Gedicht finde ich keine Adjektive, die ich überflüssig nennen würde. Bis auf eines: "wahre" Poesie. Warum nicht einfach: das, liebe (Zeitgenossen), nenn ich Poesie! - Das "wahre" unterstellt, es gäbe wahre Poesie, und ein lakonischer Stil wäre unpoetisch. Das seh ich anders. Für mich ist alles poetisch, was meine Phantasie entzündet. Die beiden folgenden Beschreibungen mögen Geschmacksache sein: Ein durchsichtiger Schleier, ein Hauch Sinnlichkeit, bedeckte ihre wohlgeformte Hüften. - Sie war nackt, bis einen schmalen Schleier. - Hier würde ich als Autor nur darauf achten, genügend Spielräume für die Leser zu lassen, einen guten Kompromiß zu finden Nicht poetisch finde ich allerdings, wenn Folgendes als Beschreibung reichen soll: du hast ein hübsches Gesicht, ein starkes Wesen. Du bist so toll! - Doch bist so ungerecht, so egoistisch. Du machst mich traurig. Ich glaube AutorInnen ja, dass sie so etwas gefühlsüberflutet hinschreiben, aber sie zeigen mir als Leser nichts als pauschale Attribute, die meine Phantasie jedenfalls nicht entzünden. Wenn ein Autor zu faul zum Visualisieren ist, warum soll ich als Leser SEINE Aufgaben übernehmen? So gelungen, wie dein Gedicht geschrieben ist, glaube ich aber, in diesem Punkt könntest du mir zustimmen. ;-) Lg Geändert von Jongleur (08.03.2017 um 10:38 Uhr) |
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#9 |
ADäquat
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.009
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![]() Hallo Heinz
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. © auf alle meine Texte
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#10 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo Felix,
Die langen Zeilen erzählen mir einen kleinen Film. So mag ich Gedichte. Für mich ist die Muse hier eine nackte Frau, wunderschön und mit Leidenschaft beschrieben. Ein Aktbild ist auch eine Blume. ![]() ![]() Meinst du ein bestimmtes Gedicht von Heine? Oder alle. Ich bin Kulturbanause, doch lerne immer gerne dazu. ![]() Wunderschön! ( mit Schleier) ![]() Liebe Grüße sy ![]() ![]() ![]() |
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