04.07.2019, 15:37 | #1 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Allen Missionierenden
I
Wenn Gott und Teufel beide dich ersuchen, doch bitte nur „das Richtige“ zu tun - enthalte dich und bleibe opportun! Ein jeder möchte deine Reise für dich buchen nach seiner Kirche, und dein Stück vom Kuchen zerbröselt auf zu vielen fremden Lippen! Das Märchen von der „Wahrheit“ kannst du kippen: Getrost lass dich von Gläubigen verfluchen, sie lernten und sie wissen es nicht besser, und steuern ihrer Geister träge Schiffe allein durch sittsam stehende Gewässer. Der freien Strömung lebende Gedanken beängstigen ihr Wesen, das die Riffe des Meeres fürchtet, das sie niemals tranken. II Respektlos allen anderen Entwürfen des Lebens gegenüber sind die Zeugen, die Wirklichkeit den eignen Werten beugen und alle Seelen, die des Trosts bedürfen, geschickt in ihren Lächelnetzen fangen, weil sie in ihrer Schwäche nicht ertragen, dass manche ihrem Credo widersagen und mündig frei sind von der Beter Bangen! Der schwache Geist errichtet sich Gesetze und drängt sie allen andern gerne auf, damit nur nichts ihr Lebensbild verletze, das sich nicht züchtig ihrer Ordnung fügt, denn das Verdrängte nimmt man leicht in Kauf, solange man sich konsequent belügt.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
07.07.2019, 14:43 | #2 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 21.03.2017
Ort: Ostsachsen
Beiträge: 302
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Lieber Erich,
ich wollt ja erst nicht antworten, es ist ja ein Reizthema für Dich, aber ich denke Du vermischt zwei Dinge miteinander, Kirche und Glaube, und in Deiner Fundamentakritik triffts Du beides und das aus meiner Sicht zu unrecht. Das eine hat mit dem anderen oft wenig zu tun, der Glaube der oft tief in uns drin sitzt und der oft ein Wegweiser, ein Anker und ein Hoffnungsschimmer ist, der hat mit Kirche meist wenig zu tun. Letztendlich ist stringenter Atheismus auch eine Art von Religion. Wenn man immer nur an das glaubt was man auch sieht, dann ist man oft dem Verzweifeln nahe. Der Glaube trägt da weiter. Gerade Du, der so hervorragende, so augefeilte und bestens komponierte Lyrik macht, gerde von Dir hätte ich da mehr Affinität zu nicht gegenständlichen, nicht materialistischen, eher mystischen, eher glaubensorientierten Anschauungen erwartet. Aber offensichtlich geht beides. Wie gesagt, die Kritik an Kirche, die ist oft berechtigt, aber die Gleichsetzung von Glaube und Kirche tut vielen unrecht und trifft die Falschen. Beste Grüße zum Sonntag mall |
07.07.2019, 23:48 | #3 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi mall!
Vielen Dank für deinen Kommi und deine Gedanken, auch wenn ich andere hege. Glaube und Kirche lassen sich nicht auf Dauer trennen, denn aus dem einen ergibt sich irgendwann zwangsläufig das andere, egal, wie oft im Laufe der Geschichte erneuert, umgedacht oder gespalten wird - letztlich gerinnt jedes gesellschaftlich/kulturell adaptierte Glaubenskonstrukt zu einer hierarchisch streng geordneten, durchritualisierten, sich in immer sinnentleerteren Symbolismen verlierenden prunk- und protzsüchtigen "Staatskirche"! Schau dir nur die Geschichte an - der Ablauf ist immer derselbe! Zuletzt feiert nur eine machtgeile, dekadente Priesterschaft im Grunde sich selbst, bis sie durch ein "frischeres" Konstrukt ersetzt werden. Aber warum immer diese Konstrukte!? Liegt es in der sozialen Natur des Menschen, sich immer gern einer "magischen" höheren Inatanz zu fügen, wenn das Bürgerliche Gesetzbuch eigentlich völlig ausreichend für ein geordnetes Zusammenleben wäre? Hier geht es nicht um Gleichsetzung von irgendwas, sondern um grundlegende menschliche Bedürftigkeit! Hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, WARUM überhaupt so viele Menschen des "Glaubens", der firmen Hand eines gütigen oder zornigen Gottes so bedürftig sind? WARUM wollen so viele trotz all des mittlerweile angesammelten Wissens und der damit einhergehenden wachsenden Unwahrscheinlichkeit für die Existenz solcher Wesenheiten immer noch um jeden Preis an diese Weihnachtsmänner für Erwachsene glauben möchten, selbst wenn sie selbst dazu jegliches Wissen negieren und sich jede logische Schlußfolgerung verweigern müssen? Entmündigt und erniedrigt uns nicht gerade diese armselige Bedürftigkeit, dieser willige Gehorsam, diese untertänige Anbetung Ausgelieferter an die Gnade oder Ungnade einer höheren (oder, wie impliziert "allerhöchsten") Lebensform? Möchte nicht jeder Vater, dass seine Kinder zu selbstbewussten, mündigen Menschen heranwachsen, die ihre Probleme selbstbewusst und eigenständig zu lösen verstehen? Aber warum wollen offenkundig dies die "klassischen" göttlichen Väter der verwandten Wüstenreligionen (Judentum, Christentum und Islam) gerade nicht!? Wie divenhaft ihr offenkundiges Bestreben, ihre Gläubigen durch Selbstzerfleischung und religiöse Demut klein zu halten, unselbstständig und charakterlich fremdbestimmt, damit sie ja nie ihr (innerlich) applaudierendes Publikum verlieren? Interessanterweise ist noch nicht mal ein wahres Wunder ab und zu nötig, um die mental Dressierten bei Laune und bei der Stange zu halten! Alle Belohnung wird auf das Nachleben verschoben - wie praktisch! Und dein Argument, jede Art von Überzeugung sei für sich selbst schon wieder eine Religion, wenn sie nur fanatisch genug vertreten werde - entlarvt nicht gerade dieses Argument das innerste Wesen jedweder Religion: den blinden Fanatismus unreflektiert gläubiger Anhänger? Nein, ich glaube nicht, dass ich glauben will! Ich für meinen Teil hab's auch gar nicht nötig ... LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
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