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Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 05.10.2009
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Das Geständnis I
Wie es dazu kommt mein Geständnis gerade hier abzulegen, ist eine amüsante Sache: Da ich weder schreiben kann, und auch körperlich dazu nicht in der Lage bin und auf Grund von mehreren schweren Missbildungen auch nicht sprechen kann, sind mir herkömmliche Wege und Methoden der Kommunikation verschlossen. Sie sind mir: unmöglich. Ich bin - für den phantasiebeflügelten Leser - am ehesten noch mit einem tiefen Brunnen mit glatten Wänden vergleichbar, an denen es für Seelenden kein Emporkommen gäbe. Ich verweile demzufolge hier unten in der Dunkelheit meines Selbst, aber nur was Dieses und Jenes betrifft, dass für euch dort oben zur Selbstverständlichkeit geworden ist. (ohne dass ihr diese Privilegien überhaupt wahrnehmt oder jemals wahrgenommen habt.) Damit diese Zeilen überhaupt zustande kommen, musste ich mir etwas Besonderes einfallen lassen. Und das ist mir nach einiger – besser gesagt – geraumer Zeit gelungen. Man kann davon ausgehen, dass einem Wesen wie mir nach jahrzehntelangen Selbstgesprächen einige ausgefallene Ideen durch den Kopf gehen. Nur: die meisten meiner Gedanken sollten besser in meinem dunklen Seelen-Brunnen bleiben, weil: sie würden euch Oberen nur aus der Ruhe bringen. Würden euch in ein wenig in Panik versetzten und ähnlich dem Publikum in einem brennenden Theater, zu einem der wenigen Ausgänge eurer bescheuerten Psychen flüchten lassen. Leider kann ich nicht sichtbar lachen, weil meine Gesichtszüge derart entstellt sind, dass mir keinerlei grimmassive Regung möglich ist, aber innerlich schreie - nein brülle - ich quietschvergnügt bei dem Gedanken wie ihr einer über den andern schreiend, eure Angst herausurinierend, um euer Leben zum Ausgang stolpern würdet. Die Hinterheren würden manche von euch rücksichtslos zu Tode trampeln, denn wenn man dem Tod entrinnen will, spielt der Tod des Vordermannes oder der Vorderfrau nicht die geringste Rolle. Ja, und ihr tut das auch in meiner Phantasie: trampelt euch gegenseitig zu Tode und: ich lache über diesen Anblick hier unten in meinem Brunnen, ich schlage mir auf die Schenkel. Bildlich gesprochen, denn meine Ärmchen wären zu kurz, mit ihnen könnte ich mir gerade auf die Brust schlagen, wie ein winziger King Kong. Oh weh - jetzt bin ich ein wenig erschöpft, ich ermatte leider sehr schnell und dieses innere Lachen, man würde es nicht glauben, es entkräftet ungemein. Ich atme schnell ein paar Mal durch, sauge die Brunnenluft in den einen Lungenflügel, den ich habe und unterlasse es, mir auf die Brust zu schlagen – denn: ich würde es vielleicht nicht überleben. Wie ich schon Eingangs sagte, ich ließ mir etwas Besonders einfallen für meine Kommunikation, für mein Geständnis. Nämlich das, dass ich mir zuallererst ein Medium suchen würde. Ein Opfer eher noch, das ich als Werkzeug und Sprachrohr - wenn sie so wollen, benützen kann. Auf Grund der Fähigkeiten, die ich hier tief unten in meinem Brunnen hegen und pflegen durfte, ist mir das ein Leichtes. Ich zögerte es immer wieder hinaus, denn man muss mit dieser Gabe vorsichtig umgehen. Das Opfer darf nichts bemerken, Misstrauen ist schnell auf den Barrikaden, wenn man sich zu hurtig im Opfer umtut. Das richtige Opfer zu finden, ist eine Sache an und für sich, wie Aristoteles sagen würde. Wie ich bei meiner Suche zur Sache vorging, soll hier nicht näher erläutert werden, weil ich nicht will, dass meine Methode Schule macht. Und Sie dürfen nicht vergessen: es geht um mich und mein Geständnis und nicht um meine kleinen Fähigkeiten. Ich bin nun schon seit geraumer Zeit in meinem Opfer und es, respektive er hat noch – noch – keinen Verdacht geschöpft. Dabei wollen wir es auch bewenden lassen, sonst käme womöglich nur ein Teil meines Geständnisses ans Tageslicht. Ja, zu meinem Opfer: der Typ nennt sich Ralf und tummelt sich Beifall heischend für den Schmarren, den er verzapft durch diverse Foren. Ein komplexschleppender Hirnuch! Ja so nenne ich Wichser wie ihn. Ab und zu lege ich ein gutes Wort in ihn, lege es ihm in sein hechelndes Zerebrum und er kommt sich dann gut – oder sagen wir besser - vor. Ich bin es, der in seiner Sublimousine nach Herzenslust kreuz und quer fährt, seine Träume steuert und sich krumm lacht, wie sich jemand, der krumm von Geburt ist, eben noch krummer lachen kann. Und er bemerkt es nicht und ich randaliere manchmal ganz schön in seinen Erinnerungen; hätte manchmal Lust da ein wenig Verwirrung zu stiften, tu es aber nicht, weil ich den Zerebralkastraten noch einige Zeit verwenden will. Besonders lustig finde ich seine, an den Haaren herangezogenen Melodien und Filmfragmente, mit welchen er Eindrücke, die er nicht literarisch vermitteln kann, substituiert. Ein Clown. Ich höre nur eine Melodie in seinem Sub und die ist echt gut: „ Ein Männlein steht im Walde “, in einem Arrangement von Tricky. Nun - wenn man zum allerersten mal zu Wort kommt, wie ich gerade jetzt, verplaudert man sich schnell mal und ich bin für heute schon zu erschöpft, kann nicht mehr. Mein einziges Augenlid ist schwer, das Auge wässrig. Ich lasse die Missgeburt für eine Weile wieder ihn selbst sein, begebe mich zur pechschwarzen Ruhe. Ich bin ein Geschöpf der Finsterei, der Dunkelung - wenn ich das so sagen darf: ich bin: Motterle. STUDY 2 BY RALFI COLLAGE ON CARDBOARD A3 ![]() |
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