Wie man die Welt verbessert

[Archimedes]

Wenn die Ampel steht auf Rot,
ist es meistens das Gebot,
Warten, bis es wieder Grün.
Diesmal zog es sich arg hin:

Autoschlange wurde lang,
wartete auf seinen Gang;
etwas stimmte aber nicht.
Schon der erste fuhr auf Sicht

Rot missachtend um die Ecke.
Andre folgten, mit dem Zwecke,
Heim zu kommen an ihr Ziel.
Doch dem Bus war das zuviel.

Dieser stand nun stur im Stau,
er vergrößerte den Gau
des Verkehrs an dieser Stelle,
wartend auf die Grüne Welle.

N’ Rentner schrie den Fahrer an:
„Sei doch einmal hier ein Mann,
du behinderst den Verkehr!“
„Ist doch Rot“, erwidert der.

Logik und ziviler Mut
täten doch jetzt allen gut.
Doch der Fahrer knallt die Tür.
Trotz Applaus sieht jener hier

seine Ohnmacht und konform
Polizisten, die die Norm
Ampel->Stau jetzt manuell
lösen könnten, ziemlich schnell.

„Sie“, ruft er, „sie sehen dort,
keine Maus bewegt sich fort.
Freund und Helfer, bitte sehr,
regeln sie nur den Verkehr!“

„Meine Arbeit endet hier
auf dem Botschaftsland-Revier.
Wenn sie jetzt noch weiter schrein,
leit ich die Verhaftung ein!“

Sehr erregt, nah am Infarkt,
geht der Rentner auf den Markt.
Ausverkauft scheint ihm der Mut,
couragiert zu tun, was gut,

ausgesprochen richtig wär.
Das nicht nur für den Verkehr.

nach Tagesspiegel-Glosse von Lothar Heinke v. 24.7.09

[Galapapa]

Hallo Archimedes,
"Dienst nach Vorschrift" hätte man auch drüberschreiben können...
Tja, der Eine will seinen Führerschein nicht verlieren, der Andere nicht seinen Job.
Sich mit Hartz IV im Nacken über die Regeln hinwegzusetzen, da gehört schon Mut dazu...
Dein Gedicht hat mir gut gefallen; die kurzen Verse passen sehr gut zum Erzählten und erhalten dem langen Text die Spannung. Du hast mich eine Weile schmunzelnd nach Berlin versetzt.
Danke! Gern gelesen.
Herzlichen Gruß!
Archimedes

[Archimedes]

Hallo Galapapa, du scheinst hier eine soziale Ader zu haben. Einerseits interessiert du dich für gesellschaftliche Engpässe und Harz IV, andererseits holst du schon das zweite meiner Gedichte ohne Kommentar hier aus der Versenkung. Ich finde sie und es sind das Wert, deshalb Dank dafür. Die Lyrik ist genauso aufgefordert, sich den umliegenden Problemen zu widmen, statt nur die eigenen Innenansichten zu reflektieren. Notfalls mit Humor.

Gruß Archimedes ...die stehenden Räder sind auch nur Kreise

[Dana]

Lieber Archi,
ich glaube solche Geschichten kommen öfter vor, als man es denken will, und nicht nur im Straßenverkehr.

Ich könnte dir Geschichten aus "Ämtern" erzählen, die haarsträubend aber gerade darum (im Nachhinein) mehr als lustig sind.
Z.B. die Auslegung von Gesetzestexten im Steuerrecht - ach, ich lass es lieber.

Dein Gedicht erzählt sehr schön, wie man sich an Vorschriften halten kann - halten mit totalem Halt. Rot ist schließlich Rot und Dienstrevier wurde auch nicht nur zum Spaß erfunden. Das Lustige daran ist, dass jene ja Recht haben, trotz aller Widersprüche.

Gern aus der Tiefe gehoben.
Liebe Grüße
Dana

[Medusa]

Lieber Archimedes,

was hab ich gelacht! Dieses typische Verhalten der Uniformträger und derjenigen, die "den Schlüssel haben", hast Du wunderbar komisch aufgepiekt.

Die kurzen Verse und die zahlreichen Inversionen, die hier prima passen! machen den Text noch ulkiger. Dumm nur, dass dies leider Wirklichkeit ist.

Sehr gerne gelesen,
Medusa.

[Herbstblatt]

lieber Staukreisender,
So eine Szene kann sich wirklich ur in Deutschland abspielen, wo alle blind dem Befehl der roten Ampel Folge leisten, selbst, wenn diese offensichtlich defekt ist. etwas mehr improvisatporischer Freiheitsdrang täte uns gut.

liebe Grüße vom Herbstblatt