Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Liebesträume

Liebesträume Liebe und Romantik

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 07.10.2011, 17:19   #1
Justin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 24.08.2010
Ort: im Herzen Deutschlands - ganz nah dran am geographischen Mittelpunkt
Beiträge: 234
Standard Zuneigung

Ich küß Dich leicht auf Deine Wange,
nehm Dich behutsam bei der Hand.
Wir kennen uns noch nicht so lange,
doch scheint die Liebe von Bestand.

Ich mußte Dir die Dinge sagen
von meiner Andersartigkeit.
Es kamen darauf tausend Fragen.
Du warst geduldig, nahmst Dir Zeit.

Bist nicht im Lebensstrom geschwommen
und zeigtest Dich ganz tolerant.
Ich hab es bald schon wahrgenommen
und deshalb herzlich anerkannt.

Verständnisvoll nennt sich die Menge,
nur hat sie dabei nicht gedacht
an eine böse Lebensenge,
verursacht durch des Schicksals Macht.

Oft spät erst wendet sich das Blatt,
man sieht, daß trotz der wunden Stelle
die Denkart gleichen Ursprung hat,
es bleibt zurück als schönste Quelle.

Gedanken kommen und sie weiten
sich aus, wenn wir zusammenstehen.
Wir können miteinander schreiten,
auf daß es gut geht - laß uns sehen.

Geändert von Justin (18.11.2011 um 14:24 Uhr)
Justin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.10.2011, 23:06   #2
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard

Hallo, Justin,

dieses Liebesgedicht ist ein wenig anders, und genau das gefällt mir sehr gut. In der ersten Strophe beginnt das LI (wohl ein wenig zögerlich, vielleicht aufgrund vorhergehender negativer Erfahrungen) an eine Dauerhaftigkeit der Gefühle zu glauben. Dennoch ist der Umgang miteinander noch ein wenig "vorsichtig", ich lese das aus den Worten "leicht" und "behutsam" heraus.

In Strophe 2 schilderst du sehr schön die nächste Phase einer Liebesbeziehung: Man erzählt sich die "Geheimnisse" und "outet" seine "Schattenseiten". Manchmal sind es Dinge aus der Vergangenheit, hier kann die "Andersartigkeit" für Vieles stehen - es bleibt dem Leser überlassen, was er sich darunter vorstellen möchte. (Ich mag Gedichte mit "Spielraum" für eigene Vorstellungen.) Es beginnen auch die Fragen, und hier hat das LI wirklich Glück, denn Vers 4 erzählt von einem sehr verständnisvollen LD.

Das wird in Strophe 3 fortgeführt. Das LD "schwimmt" eben nicht im "Lebensstrom" (der Menge/Masse), sondern besitzt ein eigenes Weltbild. Solche Menschen weisen echte Toleranz auf, was ansonsten häufig nicht der Fall ist. Die Freude des LI wird bei "herzlich anerkannt" ersichtlich.

In Strophe 4 die "Gedanken der Menge" (Mehrheit). Ja, es behauptet jeder gerne, verständnisvoll zu sein. Ich denke dabei an den berühmten Spruch: Ich habe nichts gegen Ausländer, ich möchte nur nicht, dass meine Schwester einen heiratet ... Nur als Beispiel für die allgemeine "Toleranz", die nur auf "Distanz" gilt. Was hier beim LI zu der "Andersartigkeit" führte, würde diese "Verständnisprediger" wohl kaum interessieren.

Die letzte Strophe schließt das Werk ab. Der "gedankliche Horizont" kann sich erweitern, es kann gemeinsam durch das Leben "geschritten" werden, wenn LI und LD nur bereit sind, "zusammen zu stehen". Die Conclusio gipfelt in dem Wunsch, dass es "gut gehen" möge, ein gemeinsamer "Versuch" wird gewagt. Ob es gut geht, das wird man sehen, aber einen Versuch ist es wert.

Der vierhebige Jambus verleiht trotz einem Hauch (inhaltsbezogener) Unsicherheit und Melancholie diesem Gedicht einen durchaus optimistischen Charakter, im Sinne von dem Mut, etwas Neues gemeinsam anzugehen, etwas zu riskieren.

Zitat:
Ich mußt Dir viele Dinge sagen
Es ist keine Kritik, das kann man natürlich machen - nur ich habe einfach ein "Problem" mit Elisionen. "... küß Dich ..." und "... hab ..." entsprechen dem allgemeinem Sprachgebrauch, in einem solchen Fall stört es mich überhaupt nicht. Aber "Ich mußt ...", damit tue ich mich etwas schwer, denn das ist nicht "gebräuchlich", deshalb fällt es mir auf. Es ist allerdings nur eine Anmerkung, die meinem persönlichen "Geschmack" entspringt, nichts für ungut, ja?

Dein Gedicht erzählt eine wirklich schöne Liebesgeschichte, ich habe es sehr gerne gelesen und sehr gerne kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.10.2011, 11:50   #3
Justin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 24.08.2010
Ort: im Herzen Deutschlands - ganz nah dran am geographischen Mittelpunkt
Beiträge: 234
Standard

Hallo Srtimme,

Du hast einen schönen Text zum Gedicht geschrieben, ungeachtet der kleinen Kritik, die aber nicht vordergründig ist. Sie entspringt Deiner Anschauung und geht so in Ordnung. Das "küß" habe ich genommen, weil es sich meiner Meinung nach am besten in die angestrebten Reimzeilen einpaßt. Es wäre bestimmt nicht so leicht, einen Ersatz dafür zu finden. Mir selbst ist das "mußt" eigentlich schon häufiger begegnet - wenigstens in der Poesie. Abweichende Leseerfahrungen lassen natürlich auch andere Deutungen zu. Eine Alternative wäre möglich, indem wir schreiben: "Ich mußte Dir die Dinge sagen". Was hältst Du denn davon?

Im Gedicht wollte ich den Spannungsbogen zwischen vager Hoffnung und wiederkehrender Enttäuschung aufzeigen. In Extremsituationen bleibt manchen Menschen oft nur der anonyme, unsichtbare Kontakt vorbehalten. Um überhaupt etwas in die Wege zu leiten. Auf dieser Kontaktbasis kann es dann sogar ganz ausgezeichnet klappen. Wenn ein anfängliches Verschweigen aus der Not geboren wurde, sollte keiner von einer betrügerischen Absicht sprechen. Die Dinge ändern sich, sobald ein Outen unausweichlich wird. Nun muß man ja beim Outen nicht unbedingt eine kriminelle Vergangenheit o. ä. offenbaren, sondern nur das, was einem widerfahren ist. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, fehlt den meisten die Kraft, damit fertig zu werden. Die Reaktionen reichen dann von "verzweifelt" bis zum "schnellen Übergehen". Was nicht ausgesprochen wird, ist trotzdem gut bekannt. Die Gedanken lassen sich in etwa so formulieren:"Warum soll ich gerade derjenige sein, der sich arrangiert. Es gibt ja noch so viele tausend Andere". Die tausend Anderen denken aber genau wieder so. Es bleibt also alles beim Alten.

Wie es mit der Toleranz bestellt ist, hast Du ganz wunderbar in Deinem Beispiel mit dem Ausländer angeführt, gegen den man erst dann etwas hat, wenn ihn die eigene Schwester heiraten möchte . Das ist wirklich zutreffend. Die Toleranz der Menschen beschränkt sich auf Nebensächlichkeiten, die einen nicht wirklich fordern. Man toleriert irgendwelche Macken, die Zigarette oder das Glas Bier zu viel, den etwas O-beinigen Partner usw. Das alles läuft nicht aus dem Ruder und wird hingenommen...

Die 2. und 3. Strophe des Gedichtes würdigt jemand, der wirkliche Toleranz zeigt und sich deshalb von der Menge abhebt. Solche Personen lassen sich an den Fingern abzählen, verdienen aber den höchsten Respekt. Denn trotz der Schnellebigkeit des Alltags denken sie über den Tellerrand hinaus.

Du hast das Gedicht richtig erfaßt und dazu die passenden Gedanken gefunden. Nicht in jedem Fall beschäftige ich mich mit derr Metrik. Diesmal habe ich es aber getan und ebenfalls einen 4-hebigen Jambus ausgemacht.

Gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Justin

Geändert von Justin (08.10.2011 um 12:01 Uhr)
Justin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.10.2011, 12:22   #4
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard

Hallo, Justin,

damit es kein Missverständnis gibt: Ich schrieb bereits, dass mich "küß" und "hab" nicht stören, da sie "gebräuchlich" sind. Bei "mußt" als Vergangenheitsform ist das eben nicht so, auch wenn du recht hast, man kann das in einigen Gedichten lesen. Nur würde ich eben dieses Wort nicht so sprechen, verstehst du?

Es ist natürlich nur mein ganz persönlicher "Geschmack", deshalb nenne ich es auch keinen Fehler! Gut möglich, dass es nur mich "stört", deshalb musst du es selbstverständlich auch nicht ändern, wenn es dir selbst gut gefällt!

Zitat:
Eine Alternative wäre möglich, indem wir schreiben: "Ich mußte Dir die Dinge sagen". Was hältst Du denn davon?
Also mir würde diese Alternative zusagen. Aber, wie bereits erwähnt, es ist deine Entscheidung.

Es ist gerade bei Gedichten, die mir wirklich gut gefallen, so, dass mich dann "Kleinigkeiten" stören, die mich in einem qualitativ schlechteren Werk eben aufgrund dieser Tatsache nicht tangieren.

Nimm meine winzige "Mäkelei" also durchaus als Kompliment für die "Gesamtheit" deines Gedichts.

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.10.2011, 12:46   #5
Justin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 24.08.2010
Ort: im Herzen Deutschlands - ganz nah dran am geographischen Mittelpunkt
Beiträge: 234
Standard

Hallo Stimme,

noch schnell diese kurze Mitteilung, bevor ich den Computer verlasse. Ich habe bestimmt nichts falsch verstanden, was Du mir sagen wolltest. Jetzt sehe ich aber noch klarer durch.

Weil Dir meine Alternative mehr zusagt, übernehme ich sie gern und korrigiere die betreffende Zeile .

Liebe Grüße und einen schönen Tag

Justin
Justin ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 00:30 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg