08.10.2011, 14:08 | #11 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
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Hallo, Erich,
„Abschiedwinken“ gefällt mir als Titel sehr gut. Ich habe das Bild eines Liebespaars vor Augen. Irgendwie entnehme ich dem „Ungeschriebenen hinter den Zeilen“ ein LI, das vom LD wohl aus einem „grauen“ Dasein in ein neues Leben geführt wurde – voll Lachen und Freude. Eine „Frohnatur“, die seine Welt „bunt“ werden ließ. „Ein halbes Leben“ kann wörtlich oder auch im übertragenen Sinn aufgefasst werden. Entweder war es tatsächlich eine lange Zeit oder es „fühlt“ sich für das LI wie ein „halbes Leben lang“ an. Letztere Version wäre natürlich die „romantischere“, also entscheide ich mich für diese (ich geb’s ja zu …). Der Verstand „verschwimmt“, das klingt sehr traurig; ich entnehme dieser Formulierung das „innerliche Weinen“, es wiegt oft schwerer als „äußerliche“ Tränen. Dem LI fällt der Abschied sehr schwer. Ich stelle mir eine Frage, denn das ist dem Gedicht nicht zu entnehmen: Ein Abschied auf Zeit oder ein Abschied für immer? Hier gebe ich ebenfalls zu, dass ich mich für Ersteres entscheide. Sehr schön auch die Formulierungen von dem „Versickern“ des „Augenleuchtens“, der „Nähe“ und eben der „Freude“. Dabei sehe ich vor mir, wie diese Empfindungen buchstäblich „im Boden versinken“, ganz langsam … Das LI steht „noch“, das heißt, bald wendet er sich ab und geht nach Hause, das ihm sicher „verlassen“ vorkommen wird. Offenbar hat er seine Tränen erst durch den aufkommenden (Fahrt)wind bewusst bemerkt. Das LD wird sehr vermisst. Nur eines verstehe ich nicht ganz: Ich hätte noch ein Tränenfühlen. (?) Hat das LI vor dem LD nicht geweint bzw. seine Tränen (Gefühle) nicht gezeigt und würde das jetzt gerne „nachholen“, als eine Art „Versäumnis“? Es wäre nett, wenn du mir das erklären würdest. Dein Gedicht ist auch formal sehr gut gelungen. Inhaltlich auf jeden Fall, es gefällt mir. Ein bisschen à la Rilke (), aber es ist auf jeden Fall „Deines“. (Falls ich etwas erwähne, das du mit meinen Vorkommentatoren bereits "besprochen" hast, das erklärt sich mit der Tatsache, dass ich hier gerne "unvoreingenommen" kommentieren wollte. Ich werde jetzt im "Nachhinein" die anderen Kommentare lesen.) Sehr gerne gelesen und kommentiert. Liebe Grüße Stimme
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08.10.2011, 14:17 | #12 |
TENEBRAE
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Hi, Stimme!
Vielen Dank für den ausführlichen Kommi! Das mit dem "Tränenfühlen": Er weint, bemerkt es aber selbst gar nicht ob all des inneren Wehs. Erst der kühlende Wind macht ihm die physischen Tränen bewußt. Er denkt: Ohne den Abschied wäre ich noch so weit bei mir, dass ich's selber bemerkt hätte - aber dann hätte es keinen Grund zu weinen gegeben...ein nettes Paradoxon als Conclusio. Ansonsten liegst du mit allem richtig. Ein Detail: Obwohl wir es damals nicht wussten, und obwohl wir uns Jahre später öfter noch wiedersahen, war es - zumindest, was die Liebe angeht - ein Abschied für immer dort am Bahnhof... LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
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