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Alt 12.12.2011, 14:31   #1
Thomas
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Liebe Stimme der Zeit,

stimmt, ich hatte es falsch im Ohr und habe mich beim klugen Herrn Wikipedia schlau gemacht. Im Deutschen ist das Distichon so, wobei die in Klammern gesetzten Silben ab und zu auch fehlen dürfen.

X x (x) X x (x) X x (x) X x (x) X x x X x
X x (x) X x (x) X / X x x X x x X

Deine Version ist besser und es ist somit zwar keine Schiller-Goethe-Xenie, aber eine Thomas-Stimme-der-Zeit-Xenie geworden.

Gleich den Amöben fließen die Texte in wortreichem Dunkel.
Lassen sie Deutungen zu, ist die Bedeutung gering.

Deine Xenie gefällt mir auch gut. Wenn sich auch andere beteiligen, entsteht im Schillersalon vielleicht sogar eine Runde Neue-Xenien.

Liebe Grüße
Thomas
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Alt 13.12.2011, 12:38   #2
Stimme der Zeit
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Lieber Thomas,

das halte ich für keine schlechte Idee. Wie wäre es denn, wenn wir mit unseren beiden anfangen und, unabhängig von weiteren Beteiligungen, dafür einen neuen Faden eröffnen? Ein "Epigramm-Spiel" im Schiller-Salon, sozusagen.

Was meinst du?

Liebe Grüße

Stimme

-----------------------------------------------

Häppchen Nummer 5 :


66. Das philosophische Gespräch.

Einer, das höret man wohl, spricht nach dem andern, doch keiner
Mit dem andern; wer nennt zwei Monologen Gespräch?

67. Das Privilegium.

Dichter und Kinder, man gibt sich mit beiden nur ab, um zu spielen,
Nun so erboset euch nicht, wird euch die Jugend zu laut.

68. Litterarischer Zodiacus.

Jetzo, ihr Distichen, nehmt euch zusammen, es thut sich der Tierkreis
Grauend euch auf; mir nach, Kinder! wird müssen hindurch.

69. Zeichen des Widders.

Auf den Widder stoßt ihr zunächst, den Führer der Schafe,
Aus dem Dykischen Pferch springet er trotzig hervor.

70. Zeichen des Stiers.

Nebenan gleich empfängt euch sein Namensbruder; mit stumpfen
Hörnern, weicht ihr nicht aus, stößt euch der Hallische Ochs.

71. Zeichen des Fuhrmanns.

Alsobald knallet in G** des Reiches würdiger Schwager,
Zwar er nimmt euch nicht mit, aber er fährt doch vorbei.

72. Zeichen der Zwillinge.

Kommt ihr den Zwillingen nah', so sprecht nur: Gelobt sei J—
C—! »In Ewigkeit« gibt man zum Gruß euch zurück.

73. Zeichen des Bärs.

Nächst daran strecket der Bär zu K** die bleiernen Tatzen
Gegen euch aus, doch er fängt euch nur die Fliegen vom Kleide.

74. Zeichen des Krebses.

Geht mir dem Krebs in B*** aus dem Weg, manch lyrisches Blümchen,
Schwellend in üppigem Wuchs, kneipte die Schere zu Tod.

75. Zeichen des Löwen.

Jetzo nehmt euch in acht vor dem wackern Eutinischen Leuen,
Daß er mit griechischem Zahn euch nicht verwunde den Fuß.

76. Zeichen der Jungfrau.

Bücket euch, wie sich's geziemt, vor der zierlichen Jungfrau zu Weimar,
Schmollt sie auch oft – wer verzeiht Launen der Grazie nicht?

77. Zeichen des Raben.

Vor dem Raben nur sehet euch vor, der hinter ihr krächzet,
Das Nekrologische Tier setzt auf Kadaver sich nur.

78. Locken der Berenice.

Sehet auch wir ihr in S*** den groben Fäusten entschlüpfet,
Die Berenicens Haar striegeln mit eisernem Kamm.

79. Zeichen der Wage.

Jetzo wäre der Ort, daß ihr die Wage beträtet,
Aber dies Zeichen ward längst schon am Himmel vermißt.

80. Zeichen des Skorpions

Aber nun kommt ein böses Insekt, aus G—b—n her,
Schmeichelnd naht es, ihr habt, flieht ihr nicht eilig, den Stich.
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Alt 15.12.2011, 06:41   #3
Stimme der Zeit
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Häppchen Nummer 6 :

81. Ophiuchus.

Drohend hält euch die Schlang' jetzt Ophiuchus entgegen,
Fürchtet sie nicht, es ist nur der getrocknete Balg.

82. Zeichen des Schützen.

Seid ihr da glücklich vorbei, so naht euch dem zielenden Hofrat
Schütz nur getrost, er liebt und er versteht auch den Spaß.

83. Gans.

Laßt sodann ruhig die Gans in L***g und G**a gagagen,
Die beißt keinen, es quält nur ihr Geschnatter das Ohr.

84. Zeichen des Steinbocks.

Im Vorbeigehn stutzt mir den alten Berlinischen Steinbock,
Das verdrießt ihn, so gibt's etwas zu lachen fürs Volk.

85. Zeichen des Pegasus.

Aber seht ihr in B**** den Grad ad Parnassum, so bittet
Höflich ihm ab, daß ihr euch eigne Wege gewählt.

86. Zeichen des Wassermanns.

Übrigens haltet euch ja von dem Dr***r Wassermann ferne,
Daß er nicht über euch her gieße den Elbstrom aus.

87. Eridanus.

An des Eridanus Ufern umgeht mir die furchtbare Waschfrau,
Welche die Sprache des Teut säubert mit Lauge und Sand.

88. Fische.

Seht ihr in Leipzig die Fischlein, die sich in Sulzers Zisterne
Regen, so fangt euch zur Lust einige Grundeln heraus.

89. Der fliegende Fisch.

Neckt euch in Breslau der fliegende Fisch, erwartet's geduldig,
In sein wäss'risches Reich zieht ihn Neptun bald hinab.

90. Glück auf den Weg.

Manche Gefahren umringen euch noch, ich hab' sie verschwiegen,
Aber wir werden uns noch aller erinnern – nur zu!

91. Die Aufgabe.


Wem die Verse gehören? Ihr werdet es schwerlich erraten,
Sondert, wenn ihr nun könnt, o Chorizonten, auch hier!

92. Wohlfeile Achtung.

Selten erhaben und groß und selten würdig der Liebe
Lebt er doch immer, der Mensch, und wird geehrt und geliebt.

93. Revolutionen.

Was das Luthertum war, ist jetzt das Franztum in diesen
Letzten Tagen, es drängt ruhige Bildung zurück.

94. Parteigeist.

Wo Parteien entstehn, hält jeder sich hüben und drüben,
Viele Jahre vergehn, eh' sie die Mitte vereint.

95. Das Deutsche Reich.

Deutschland? aber wo liegt es? Ich weiß das Land nicht zu finden,
Wo das gelehrte beginnt, hört das politische auf.
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Alt 16.12.2011, 09:46   #4
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Häppchen Nummer 7 :

96. Deutscher Nationalcharakter.


Zur Nation euch zu bilden, ihr hoffet es, Deutsche, vergebens;
Bildet, ihr könnt es, dafür freier zu Menschen euch aus.

97. Rhein.

Treu, wie dem Schweizer gebührt, bewach' ich Germaniens Grenze,
Aber der Gallier hüpft über den duldenden Strom.

98. Rhein und Mosel.

Schon so lang' umarm' ich die lotharingische Jungfrau,
Aber noch hat kein Sohn unsre Umarmung erfreut!

99. Donau in B**.

Bacchus, der lustige, führt mich und Komus, der fette, durch reiche
Triften, aber verschämt bleibt die Charis zurück.

100. Donau in O**.

Mich umwohnet mit glänzendem Aug' das Volk der Fajaken,
Immer ist's Sonntag, es dreht immer am Herd sich der Spieß.

101. Main.

Meine Burgen zerfallen zwar, doch getröstet erblick' ich
Seit Jahrhunderten noch immer das alte Geschlecht.

102. Saale.

Kurz ist mein Lauf und begrüßt der Fürsten, der Völker so viele,
Aber die Fürsten sind gut, aber die Völker sind frei.

103. Ilm.

Meine Ufer sind arm, doch höret die leisere Welle,
Führt der Strom sie vorbei, manches unsterbliche Lied.

104. Pleiße.

Flach ist mein Ufer und seicht mein Bächlein, es schöpften zu durstig
Meine Poeten mich, meine Prosaiker auch.

105. Elbe.


All' ihr andern, ihr sprecht nur ein Kauderwelsch. Unter den Flüssen
Deutschlands rede nur ich, und auch in Meißen nur, deutsch.

106. Spree.

Sprache gab mir einst Ramler und Stoff mein Cäsar, da nahm ich
Meinen Mund etwas voll, aber ich schweige seitdem.

107. Weser.

Leider von mir ist gar nichts zu sagen, auch zu dem kleinsten
Epigramme, bedenkt! geb' ich der Muse nicht Stoff.

108. Gesundbrunnen zu ***.

Seltsames Land! Hier haben die Flüsse Geschmack und die Quellen,
Bei den Bewohnern allein hab' ich noch keinen verspürt.

109. P** bei N**.

Ganz hypochondrisch bin ich vor Langerweile geworden,
Und ich fließe nur fort, weil es so hergebracht ist.

110. Die **chen Flüsse.

Unsereiner hat's halter gut in **cher Herren
Ländern, ihr Joch ist sanft und ihre Lasten sind leicht.
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Alt 18.12.2011, 13:22   #5
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Häppchen Nummer 8 :

111. Salzach.

Aus Juvaviens Bergen ström' ich, das Erzstift zu salzen,
Lenke dann Bayern zu, wo es an Salze gebricht.

112. Der anonyme Fluß.

Fastenspeisen dem Tisch des frommen Bischofs zu liefern,
Goß der Schöpfer mich aus durch das verhungerte Land.

113. Les fleuves indiscrets.


Jetzt kein Wort mehr, ihr Flüsse. Man sieht's, ihr wißt euch so wenig
Zu bescheiden, als einst Diderots Schätzchen gethan.

114. An den Leser.


Lies uns nach Laune, nach Lust, in trüben, in fröhlichen Stunden,
Wie uns der gute Geist, wie uns der böse gezeugt.

115. Gewissen Lesern.

Viele Bücher genießt ihr, die ungesalznen, verzeihet,
Daß dies Büchelchen uns überzusalzen beliebt.

116. Dialogen aus dem Griechischen.

Zur Erbauung andächtiger Seelen hat F*** S***,
Graf und Poet und Christ, diese Gespräche verdeutscht.

117. Der Ersatz.

Als du die griechischen Götter geschmäht, da warf dich Apollo
Von dem Parnasse; dafür gehst du ins Himmelreich ein.

118. Der moderne Halbgott.

Christlicher Herkules, du ersticktest so gerne die Riesen,
Aber die heidnische Brut steht, Herkuliscus! noch fest.

119. Charis.

Ist dies die Frau des Künstlers Vulkan? Sie spricht von dem Handwerk
Wie es des Roturiers adliger Hälfte geziemt.

120. Nachbildung der Natur.

Was nur Einer vermag, das sollte nur Einer uns schildern,
Voß nur den Pfarrer und nur Iffland den Förster allein.

121. Nachäffer.

Aber da meinen die Pfuscher, ein jeder Schwarzrock und Grünrock
Sei auch an und für sich unsrer Beschauung schon wert

122. Klingklang.

In der Dichtkunst hat er mit Worten herzlos geklingelt,
In der Philosophie treibt er es pfäffisch so fort.

123. An gewisse Umschöpfer.

Nichts soll werden das Etwas, daß Nichts sich zu Etwas gestalte,
Laß das Etwas nur sein! nie wird zu Etwas das Nichts.

124. Aufmunterung.

Deutschland fragt nach Gedichten nicht viel; ihr kleinen Gesellen,
Lärmt, bis jeglicher sich wundernd ans Fenster begibt.

125. Das Brüderpaar.

Als Kentauren gingen sie einst durch poetische Wälder,
Aber das wilde Geschlecht hat sich geschwinde bekehrt.
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Alt 19.12.2011, 10:39   #6
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Häppchen Nummer 9 :

126. K**.

Höre den Tadler! Du kannst, was er noch vermißt, dir erwerben;
Jenes, was nie sich erwirbt, freue dich! gab dir Natur.

127. An die Moralisten.

Richtet den herrschenden Stab auf Leben und Handeln und lasset
Amorn, dem lieblichen Gott, doch mit der Muse das Spiel.

128. Der Leviathan und die Epigramme.

Fürchterlich bist du im Kampf, nur brauchst du etwas viel Wasser;
Aber versuch es einmal, Fisch! in den Lüften mit uns.

129. Luise von Voß.

Wahrlich, es füllt mit Wonne das Herz, dem Gesange zu horchen,
Ahmt ein Sänger, wie der, Töne des Altertums nach.

130. Jupiters Kette.

Hängen auch alle Schmierer und Reimer sich an dich, sie ziehen
Doch nicht hinunter, doch und ziehst sie auch schwerlich hinauf.

131. Aus einer der neuesten Episteln.

Klopstock, der ist mein Mann, der in neue Phrasen gestoßen,
Was er im höllischen Pfuhl Hohes und Großes vernahm.

132. B**s Taschenbuch.

Eine Kollektion von Gedichten? eine Kollekte
Nenn es, der Armut zulieb' und bei der Armut gemacht.

133. Ein deutsches Meisterstück.

Alles an diesem Gedicht ist vollkommen, Sprache, Gedanke,
Rhythmus, das einzige nur fehlt noch, es ist kein Gedicht.

134. Unschuldige Schwachheit.

Unsre Gedichte nur trifft dein Spott? O schätzet euch glücklich,
Daß das Schlimmste an euch eure Erdichtungen sind.

135. Das Neueste aus Rom.

Raum und Zeit hat man wirklich gemalt, es steht zu erwarten,
Daß man mit ähnlichem Glück nächstens die Tugend uns tanzt.

136. Deutsches Lustspiel.

Thoren hätten wir wohl, wir hätten Fratzen die Menge,
Leider helfen sie nur selbst zur Komödie nichts.

137. Das Märchen.

Mehr als zwanzig Personen sind in dem Märchen geschäftig,
Nun, und was machen sie denn alle? Das Märchen, mein Freund.

138. Frivole Neugier.

Das verlohnte sich auch, den delphischen Gott zu bemühen,
Daß er dir sage, mein Freund, wer der Armenier war.

139. Beispielsammlung.

Nicht bloß Beispielsammlung, nein, selber ein warnendes Beispiel,
Wie man nimmermehr soll sammeln für guten Geschmack.

140. Mit Erlaubnis.

Nimm's nicht übel, daß nun auch deiner gedacht wird! Verlangst du
Das Vergnügen umsonst, daß man den Nachbar vexiert?
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Alt 20.12.2011, 07:57   #7
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Häppchen Nummer 10 :

141. Der Sprachforscher.

Anatomieren magst du die Sprache, doch nur ihr Kadaver,
Geist und Leben entschlüpft flüchtig dem groben Skalpell.

142. Geschichte eines dicken Mannes.

Dieses Werk ist durchaus nicht in Gesellschaft zu lesen,
Da es, wie Rezensent rühmet, die Blähungen treibt.

143. Anekdoten von Friedrich II.

Von dem unsterblichen Friedrich, dem einzigen, handelt in diesen
Blättern der zehenmalzehn tausendste sterbliche Fritz.

144. Litteraturbriefe.

Auch Nicolai schrieb an dem trefflichen Werk? Ich will's glauben,
Mancher Gemeinplatz auch steht in dem trefflichen Werk.

145. Gewisse Melodien.

Dies ist Musik fürs Denken! Solang' man sie hört, bleibt man eiskalt,
Vier, fünf Stunden darauf macht sie erst rechten Effekt.

146. Überschriften dazu.

Frostig und herzlos ist der Gesang, doch Sänger und Spieler
Werden oben am Rand höflich zu fühlen ersucht.

147. Der böse Geselle.

Dichter, bitte die Musen, vor ihm dein Lied zu bewahren,
Auch dein leichtestes zieht nieder der schwere Gesang.

148. Karl von Karlsberg.


Was der berühmte Verfasser des menschlichen Elends verdiene?
Sich in der Charité gratis verköstigt zu sehn.

149. Schriften für Damen und Kinder.

»Bibliothek für das andre Geschlecht, nebst Fabeln für Kinder«.
Also für Kinder nicht, nicht für das andre Geschlecht.

150. Dieselbe.

Immer für Weiber und Kinder! Ich dächte, man schriebe für Männer,
Und überließe dem Mann Sorge für Frau und für Kind!

151. Gesellschaft von Sprachfreunden.

O wie schätz' ich euch hoch! Ihr bürstet sorglich die Kleider
Unsrer Autoren, und wem fliegt nicht ein Federchen an?

152. Der Purist.

Sinnreich bist du, die Sprache von fremden Wörtern zu säubern,
Nun so sage doch, Freund, wie man Pedant uns verdeutscht.

153. Vernünftige Betrachtung.

Warum plagen wir, einer dem andern? Das Leben zerrinnet,
Und es versammelt uns nur einmal wie heute die Zeit.

154. An **.

Gerne plagt' ich auch dich, doch es will mir mit dir nicht gelingen,
Du bist zum Ernst mir zu leicht, bist für den Scherz mir zu plump.

155. An **.

Nein! Du erbittest mich nicht. Du hörtest dich gerne verspottet,
Hörtest du dich nur genannt, darum verschon' ich dich, Freund.
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Alt 21.12.2011, 13:01   #8
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Häppchen Nummer 11 :

156. Garve.

Hör' ich über Geduld dich, edler Leidender, reden,
O, wie wird mir das Volk frömmelnder Schwätzer verhaßt.

157. Auf gewisse Anfragen.

Ob dich der Genius ruft? Ob du dem Rufenden folgest?
Ja, wenn du mich fragst – nein! Folge dem Rufenden nicht.

158. Stoßgebet.

Vor dem Aristokraten in Lumpen bewahrt mich, ihr Götter,
Und vor dem Sansculott auch mit Epauletten und Stern!

159. Distinktionszeichen.

»Unbedeutend sind doch auch manche von euren Gedichten!«
Freilich, zu jeglicher Schrift braucht man auch Komma und Punkt.

160. Die Adressen.

Alles ist nicht für alle, das wissen wir selber, doch nichts ist
Ohne Bestimmung, es nimmt jeder sich selbst sein Paket.

161. Schöpfung durch Feuer.

Arme basaltische Säulen! Ihr solltet dem Feuer gehören,
Und doch sah euch kein Mensch je aus dem Feuer entstehn.

162. Mineralogischer Patriotismus.

Jedermann schürfte bei sich auch nach Basalten und Lava,
Denn es klinget nicht schlecht, hier ist vulkanisch Gebirg'!

163. Kurze Freude.

Endlich zog man sie wieder ins alte Wasser herunter,
Und es löscht sich nun bald dieser entzündete Streit.

164. Triumph der Schule.

Welch erhabner Gedanke! Uns lehrt der unsterbliche Meister,
Künstlich zu teilen den Strahl, den wir nur einfach gekannt.

165. Die Möglichkeit.

Liegt der Irrtum nur erst, wie ein Grundstein, unten im Boden,
Immer baut man darauf, nimmermehr kommt er an Tag.

166. Wiederholung.

Hundertmal werd' ich's euch sagen und tausendmal: Irrtum ist Irrtum!
Ob ihn der größte Mann, ob ihn der kleinste beging.

167. Wer glaubt's.

Newton hat sich geirrt? ja doppelt und dreifach! und wie denn?
Lange steht es gedruckt, aber es liest es kein Mensch.

168. Der Welt Lauf.

Drucken fördert euch nicht, es unterdrückt euch die Schule;
Aber nicht immer, und dann geben sie schweigend sich drein.

169. Hoffnung.

Allen habt ihr die Ehre genommen, die gegen euch zeugten;
Aber dem Märtyrer kehrt später sie doppelt zurück.

170. Exempel.

Schon Ein Irrlicht sah ich verschwinden, dich, Phlogiston! Balde,
O Newtonisch Gespenst! folgst du dem Brüderchen nach.
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Alt 22.12.2011, 08:02   #9
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Häppchen Nummer 12 :

171. Der letzte Märtyrer.


Auch mich bratet ihr noch als Huß vielleicht, aber wahrhaftig!
Lange bleibet der Schwan, der es vollendet, nicht aus.

172. Menschlichkeiten.

Leidlich hat Newton gesehen und falsch geschlossen, am Ende
Blieb er, ein Brite, verstockt; schloß er, bewies er so fort.

173. Und abermals Menschlichkeiten.

Seine Schüler hörten nun auf, zu sehn und zu schließen,
Reservierten getrost, was er auch sah und bewies.

174. Der Widerstand.

Aristokratisch gesinnt ist mancher Gelehrte, denn gleich ist's,
Ob man auf Helm und Schild oder auf Meinungen ruht.

175. Neueste Farbentheorie von Wünsch.


Gelbrot und grün macht das Gelbe, grün und violblau das Blaue!
So wird aus Gurkensalat wirklich der Essig erzeugt!

176. Das Mittel.


Warum sagst du uns das in Versen? Die Verse sind wirksam,
Spricht man in Prosa zu euch, stopft ihr die Ohren euch zu.

177. Moralische Zwecke der Poesie.


»Bessern, bessern soll uns der Dichter!« So darf denn auf euren
Rücken des Büttels Stock nicht einen Augenblick ruhn?

178. Sektions-Wut.


Lebend noch exenterieren sie euch, und seid ihr gestorben,
Passet im Nekrolog noch ein Prosektor euch auf.

179. Kritische Studien.


Schneidet, schneidet, ihr Herrn, durch Schneiden lernet der Schüler,
Aber wehe dem Frosch, der euch den Schenkel muß leihn!

180. Der astronomische Himmel.


So erhaben, so groß ist, so weit entlegen der Himmel!
Aber der Kleinigkeitsgeist fand auch bis dahin den Weg.

181. Naturforscher und Transcendental-Philosophen.


Feindschaft sei zwischen euch, noch kommt das Bündnis zu frühe,
Wenn ihr im Suchen euch trennt, wird erst die Wahrheit erkannt.

182. An die voreiligen Verbindungsstifter.

Jeder wandle für sich, und wisse nichts von dem andern,
Wandeln nur beide gerad', finden sich beide gewiß.

183. Der treue Spiegel.


Reiner Bach, du entstellst nicht den Kiesel, du bringst ihn dem Auge
Näher, so seh' ich die Welt, ***, wenn du sie beschreibt.

184. Nicolai.

Nicolai reiset noch immer, noch lang' wird er reisen,
Aber ins Land der Vernunft findet er nimmer den Weg.

185. Der Wichtige.

Seine Meinung sagt er von seinem Jahrhundert, er sagt sie,
Nochmals sagt er sie laut, hat sie gesagt und geht ab.
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Häppchen Nummer 13 :

186. Der Plan des Werkes.


Meine Reis' ist ein Faden, an dem ich drei Lustra die Deutschen
Nützlich führe, so wie formlos die Form mir's gebeut.

187. Formalphilosophie.


Allen Formen macht er den Krieg, er weiß wohl, zeitlebens
Hat er mit Müh' und Not Stoff nur zusammengeschleppt.

188. Der Todfeind.

Willst du alles vertilgen, was deiner Natur nicht gemäß ist,
Nicolai, zuerst schwöre dem Schönen den Tod!

189. Philosophische Querköpfe.

Querkopf! schreiet ergrimmt in unsre Wälder Herr Nickel,
Leerkopf! schallt es darauf lustig zum Walde heraus.

190. Empirischer Querkopf.


Armer empirischer Teufel! Du kennst nicht einmal das Dumme
In dir selber, es ist ach! a priori so dumm.

191. Der Quellenforscher.

Nicolai entdeckt die Quellen der Donau! Welch Wunder!
Sieht er gewöhnlich doch sich nach der Quelle nicht um.

192. Derselbe.

Nichts kann er leiden, was groß ist und mächtig, drum, herrliche Donau,
Spürt dir der Häscher so lang' nach, bis er seicht dich ertappt.

193. N. Reisen, XI. Band, S. 177.

A propos Tübingen! Dort sind Mädchen, die tragen die Zöpfe
Lang geflochten, auch dort gibt man die Horen heraus.

194. Der Glückliche.


Sehen möcht' ich dich Nickel, wenn du ein Späßchen erhaschest,
Und von dem Fund entzückt, drauf dich im Spiegel besiehst.

195. Verkehrte Wirkung.

Rührt sonst einen der Schlag, so stockt die Zunge gewöhnlich,
Dieser, so lange gelähmt, schwatzt nur geläufiger fort.

196. Pfahl im Fleisch.

Nenne Lessing nur nicht, der Gute hat vieles gelitten,
Und in des Märtyrers Kranz warst du ein schrecklicher Dorn.

197. Die Horen an Nicolai.

Unsere Reihen störtest du gern, doch werden wir wandeln,
Und du tappe denn auch, plumper Geselle! so fort.

198. Fichte und Er.

Freilich tauchet der Mann kühn in die Tiefe des Meeres,
Wenn du, auf leichtem Kahn, schwankest und Heringe fängst.

199. Briefe über ästhetische Bildung.

Dunkel sind sie zuweilen, vielleicht mit Unrecht, o Nickel!
Aber die Deutlichkeit ist wahrlich nicht Tugend an dir.

200. Modephilosophie.

Lächerlichster, du nennst das Mode, wenn immer von neuem
Sich der menschliche Geist ernstlich nach Bildung bestrebt.
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