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Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
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Hallo, Faldi,
wie kommt es nur, dass mir beim Lesen prompt "Die Gewöhnlichkeit der Mächtigen" in den Sinn kam? Das muss an mir liegen, oder? Was ich immer für komische Gedanken habe, also wirklich. Ich sollte mich schämen. Ganz besonders in der Weihnachtszeit. ![]() Der Mensch ist ein gewöhnliches, gewöhnungsbedürftiges Gewohnheitstier, so viel steht fest. Ich zum Beispiel bekomme beim Kaffeetrinken immer Lust auf eine Zigarette - und beim Rauchen Lust auf einen Kaffee. Das ist so eine Gewohnheit von mir, ich habe mich mit der Zeit daran gewöhnt, dass Kaffee und Zigarette irgendwie zusammengehören. Schon lästig, diese "festsitzenden", alten Gewohnheiten. Wobei es politisch immer interessant ist. Was die Macht der Gewohnheit betrifft, so gewöhnen sich Politiker an Macht, was dazu führt, dass sie für gewöhnlich, aus lauter Gewohnheit natürlich, ihre eigene Gewöhnlichkeit übersehen, da sie es nicht anders gewöhnt sind. Macht nichts, sagt mancher. Mir macht's was, da ich es nicht anders gewohnt bin und für gewöhnlich Gewohnheiten nicht mag, weil ich mich an manches nicht gewöhnen kann. Macht gewohnheitsmäßig einen Unterschied, aber daran habe ich mich mit der Zeit gewöhnt, vor allem, dass manche das für gewöhnungsbedürftig halten. Macht nichts. ![]() Zitat:
![]() Gewohnheit gibt Sicherheit, denn man weiß: So lange alles so bleibt, wie es ist, besteht nicht die Gefahr, dass es schlimmer wird. Nein, nein, immer schön auf den altgewohnten, eingefahrenen Gleisen. Die sind so gut und so oft geschliffen, dass es brav und bieder flutscht. Zum einen Ohr hinein und zum anderen Ohr wieder hinaus. Ja, liebe Politiker, wo nichts geredet wird, das "haften bleiben" könnte, besteht auch nicht die Gefahr, aus Versehen, ganz gegen jede Gewohnheit, etwas zu sagen. Ich bin von dir dahingehend verwöhnt, dass ich immer wieder auf interessante Formulierungen stoße: "Das staatsoberhäuptige Wort", einfach gut, das kann jedes Jahr passen, wunderbar "zeitlos". Und absolut grausam, denn ich werde mich nie daran gewöhnen, dass das so ist. ![]() Ebenso gut: "Die Moral der guten Absichten", ach nein, es heißt ja "Die gute Moral der Absichten" (Verzeihung.) - eigentlich sogar noch besser. Gewöhn dich nicht daran, dass ich jetzt mit einem fiesen Grinsen hier sitze und tippe, ja? Bei mir ist es eine Macht der Gewohnheit, immer irgendwelche sonderbaren "Nebengedanken" zu hegen. ![]() Zitat:
![]() Entzugserscheinungen können ganz schlimm sein: Ich bin mal nachts um Drei zur Tankstelle gelaufen, weil ich keine Zigaretten mehr hatte. Wie schlimm geht es da erst den Politikern? Du meine Güte, die reisen für ein bisschen Politkaffee und ein Zigarettchen glatt um die halbe Welt! ![]() Die blamieren sich ohne weiteres öffentlich, alles nur für die Sucht! Schlimm, schlimm. Ich sollte mich schon wieder schämen. ![]() ![]() Zitat:
![]() Sonderpostenrabatte nur für die Elite? Hmpf, nun gut, in Sonderpostenramsch ist ohnehin der Wurm (oder die Made, je nachdem) drin - ich will's ja eigentlich gar nicht haben. Aber es geht hier ums Prinzip! Unabhängig davon, ob ich einen Wurm mit Namen kenne: Gleiches Recht für alle! Rabatte für jeden! Bei Aufnahme eines Kredits bezahlt ihn die Bank künftig gefälligst an den Kreditnehmer zurück, und das doppelt! ![]() ![]() Das ist diese vermaledeite Macht der Gewohnheit, sie ist schuld. Die kenne ich seit zu vielen Jahren. Und ich träume ständig davon, lästige Angewohnheiten wieder loszuwerden. Wenn die bloß nicht so ungewöhnlich hartnäckig wären, kaum ist eine weg, entstehen zwei neue Gewohnheiten ... ![]() Und ich kann mir nicht helfen, daran gewöhne ich mich nie. Wie von mir gewohnt ![]() Das Reimschema ist ababcc. Wie eine "verkürzte" Stanze, die beiden letzten Verse bieten mit ihrem Paarreim interessante Möglichkeiten zu "pointieren", was hier auch sehr gut umgesetzt wurde, mit noch etwas Verstärkung durch die männlichen Kadenzen. Mir fiel auch auf, dass die Endreime allein schon fast eine kleine "Geschichte" erzählen. Und sehr gut gemacht ist die Häufung des harten Konsonanten "t" bis hin zur dritten Strophe. Zur Veranschaulichung: In Strophe 1 findet sich der Konsonant "t" - 13 Mal. In Strophe 2 - 11 Mal und in Strophe 3 - 17 Mal. Das hat seine "Wirkung". ![]() Ich kann nicht alles anführen, das würde wirklich sehr lang. Nur ein, zwei Beispiele, die sowohl Vokalisation als auch Alliteration zeigen: Zitat:
Rendite - Elite. Gut platzierte Diphtongen, Doppelvokale und Doppelkonsonanten. Ich wollte das mal erwähnen, da steckt viel "Klang" und Können darin. ![]() Das Metrum ist auch interessant, der Rhythmus funktioniert nach dem ersten "Einlesen". (Ich schreibe gleich, warum ich das sage. ![]() Vierhebige Daktylen mit Auftakt, im Paareim dreihebige Daktylen. Alternierende Kadenzen in den ersten vier der jeweils sechs Verse in den Strophen, der abschließende Paarreim mit männlichen. Haben dir die jeweils fünften Verse eigentlich ordentlich Denkbarbeit verursacht? Ich kann sie jambisch oder daktylisch lesen, denn ein Wort wie "wenig" unbetont zu lesen, ist, wenn gewollt, meines Erachtens nach legitim: fein eingeübt und digital fein eingeübt und digital womit man mit ganz wenig Kraft womit man mit ganz wenig Kraft Verbleiben Sie, Herr Präsident, Verbleiben Sie, Herr Präsident, ![]() ![]() Es ist ein ausgezeichnetes Gedicht, formal und inhaltlich! ![]() Sehr gerne gelesen und kommentiert. Liebe Grüße Stimme ![]()
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Geändert von Stimme der Zeit (27.12.2011 um 20:21 Uhr) |
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