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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 30.12.2011, 17:28   #1
Galapapa
Galapapa
 
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Ein grauer Tag, er mag sich nicht bekennen,
nicht strahlend hell, noch regentropfennass.
In ein paar Stunden werden wir uns trennen,
versunken in Gedanken, ohne jeden Hass.

Er war der Letzte eines trüben Jahres,
geht gramgebeugt, still, ohne großen Lärm.
Auch er trägt auf den Steinen des Altares
der vielen Opfer Knochen und Gedärm.

Die Kälte kommt mir ins Gebein gekrochen,
die Zeit ist zur Verwesung degradiert,
doch ist das letzte Wort noch nicht gesprochen,
solang der Sterne Wärme nicht erfriert.

Auch diesmal bleibt ein fahler Hoffnungsschimmer,
der mich in meinem Schicksal weitertreibt
bis man mich niederlegt im Sterbezimmer,
und meinen Namen auf den Grabstein schreibt.

Geändert von Galapapa (31.12.2011 um 16:03 Uhr)
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Alt 30.12.2011, 20:04   #2
Chavali
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Lieber Galapapa,

ein tief melancholisches, ja schon depressives Gedicht zeigst du uns hier.
Vier Strophen zu je vier Zeilen, im Kreuzreim gehalten, ist gerade so die richtige Dosis,
um die Tragik des letzten Tages - welches Ereignisses auch immer - zu verdeutlichen.
Der Rhythmus ist getragen und passt zum Inhalt.

Mit dieser Strophe habe ich kleines Problem:
Zitat:
Er war der Letzte eines trüben Jahres,
geht gramgebeugt, still, ohne großen Lärm,
auch er trägt auf den Steinen des Altares >> trägt er
der vielen Opfer Knochen und Gedärm.
hinter Lärm kommt ein Komma - bis dahin soweit ok.
Aber dann die letzten beiden Zeilen - sie scheinen doch etwas konstruiert und verdreht ( auch er trägt).

Ansonsten gefällt mir gut, wie du es wieder verstehst, dunkle Gedanken in Worte zu fassen.
Ganz besonders gut finde ich diese Zeilen:
Zitat:
doch ist das letzte Wort noch nicht gesprochen,
solang der Sterne Wärme nicht erfriert.
Lieben Gruß,
Chavali



__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 30.12.2011, 20:51   #3
Dana
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Lieber Galapapa,

hier ist mir wieder, als hättest du ob der tiefen Traurigkeit, an einen Kommi von Dana gedacht.
(Zur Erklärung für alle anderen: Dana liebt traurige Gedichte so sehr, dass sie ihr "Freude" bereiten.)

Auch mir hat die Wärme der Sterne in ihrem ganz eigenen Sinne besonders gefallen.
Jedoch noch mehr:
Wir zählen unsere Zeit in Jahren. Du sagst:

Zitat:
Zitat von Galapapa
In ein paar Stunden werden wir uns trennen,
versunken in Gedanken, ohne jeden Hass.

Er war der Letzte eines trüben Jahres,
geht gramgebeugt, still, ohne großen Lärm
Und darin empfinde ich eine "Versöhnlichkeit zum Jahresabschluss", die tiefgreifend und befreiend sein kann. Mann verarbeitet alte Lasten, um mit neuer Energie zu starten. Mit Altlasten zu starten ist weitaus schwieriger.
Diese neue Energie erlaubt jenen Hoffnungschimmer, der erlaubt, einander zu sagen, wie man sich fühlt und zu besprechen, was ausgeräumt werden kann.

Wie im Gedicht, in Kommentaren und im realen Leben: Worte bedeuten viel und geben viel, wenn sie richtig (lyrisch und ehrlich) angewandt werden.
Dein Gedicht ist ein lyrischer Wegweiser für das Leben selbst.
Noch ein Lob: Es kommt ehrlich und schön lyrisch an.


Liebe Grüße und gute Energie für 2012,
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 31.12.2011, 11:37   #4
Galapapa
Galapapa
 
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Liebe Chavali,
danke für Deinen Kommentar und das Lob!
Dass dieser Text Dir fast von depressiver Stimmung getragen erscheint, liegt wohl auch daran, dass es mir seit etwa drei Wochen nicht besonders gut geht. Die Schmerzen und die Sorgen um eine Infektion im Kopf haben wohl dazu beigetragen.
Es ist eigentlich ein Gedicht zum Jahreswechsel und beschreibt auch Dinge, die jedes Jahr wieder neu geschehen.
So erklärt sich auch V3 in S2. Die Stellung der Worte ist nicht verdreht sondern soll das Wort "er" bzw. den Ausdruck "auch er" besonders betonen, im Sinne von "wie die Anderen, so hat auch er....".
Um das noch deutlicher zu machen, werde ich hinter "Lärm" einen Punkt anstelle eines Kommas setzen. Ich glaube, dann ist die Aussage klar.
Die Vorstellung ist, dass an jedem Tag eines Jahres Vieles oder Viele geopfert werden. Das kann man auf unterschiedliche Art interpretieren, wie auch den ganzen Text, so glaube ich.
Der Grundgedanke war, darzustellen, wie in einem Zyklus wieder einmal etwas vergeht, was wenig angenehm war und trotz des scheinbar aussichtlosen Kreislaufes der Wiederkehr immer auch ein Hoffnungsschimmer mit in die nächste Runde geht.
Vielleicht ist es auch ein Text, in dem der Eine oder Andere ein Stück seines Schicksals wiedererkennt.
Liebe Chavali, ich wünsche Dir ein gesundes und rundum erfreuliches neues Jahr 2012 und verbleibe mit lieben Grüßen!!
Galapapa

Liebe Dana,
auch Dir herzlichen Dank für Kommentar und Lob!
Wie Du weißt, haben wir in dem Faible für schwermütige Gedichte eine große Gemeinsamkeit. Vielleicht liegt es daran, dass man im Taurigen viel deutlicher die befreiende Hoffnung entpfinden kann, aus der man neue Kraft schöpft.
Mir fällt da ein veranschaulichendes Beispiel ein: Seit 11 Jahren rauche ich nicht mehr und seitdem quälen mich regelmäßig Alpträume, in denen ich doch wieder angefangen habe und totunglücklich darüber bin. Trotzdem liebe ich diese Träume des Erlebnisses der Erleichterung wegen, nach dem Aufwachen zu erkennen, dass es doch wieder ein Traum war, in dem ich absolut sicher war, dass es sich um die Realität handelt.
Der vorliegende Text ist einerseits ein Gedicht zum Jahreswechsel, andererseits aber auch frei interpretierbar.
Dies betrifft insbesondere den Hoffnungsschimmer, dessen lenkende und treibende Kraft enorm sein kann.
Wie Du ja auch erkannt hast, ist eine wichtige Kraftquelle die Möglichkeit, immer wieder neu anfangen zu können, Hemmendes und Entmutigendes hinter sich lassen zu können.
In diesem Zusammenhang habe ich mich besonders über den einen Deiner Sätze gefreut:
Zitat:
Dein Gedicht ist ein lyrischer Wegweiser für das Leben selbst.
Ein wahrhaft schönes Kompliment; danke!
Ich wünsche Dir Gesundheit und möglichst viele glückliche Momente für das neue Jahr 2012!!
Mit lieben Grüßen an Dich!
Galapapa
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Alt 31.12.2011, 12:14   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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HI, Charly!

Interessant: Ich habe vor 7 Jahren aufgehört zu rauchen, aber mich plagen keine derartigen Traumfantasien. Dahingegen habe ich tagtäglich an den Folgen meiner 24 Jahre angedauert habenden Sucht zu leiden: Hausstauballergie, leicht entzündliche Atemwege, Apnoeschnarchen, asthmatische Lunge, eingeschränktes Volumen, Kurzatmigkeit.

Zum Gedicht: Es gelingt dir vorzüglich, die Gedanken eines einsamen, fast verbitterten Menschem zum ansonsten fröhlichen Jahreswechsel einzufangen. Hier spricht einer, dem das neue Jahr kein Grund zum Feiern mehr ist, aus welchen Gründen auch immer.
Es hat mich tief bewegt, weil es klingt wie etwas, das ich wohl selber dazu sagen würde. Für dich hoffe ich, das Lyrich möge nicht allzu sehr nach dem eigenen Empfinden gestaltet sein!

S1Z4 - Hier habe ich Schwierigkeiten mit dem Sprachrhythmus. Die Zeile klingt irgerndwie passender und dramatischer, wenn man das "jeden" weglässt. Wieder so ein Fall von: Hebungszahl stimmt zwar, aber Zeile wirkt zu lang oder unmelodisch.

Im Gegensatz zu Chavali gefällt mir S2 sehr gut! Ich finde es nicht durchkonstruiert, es unterstreicht eher das Gemetzel des leidigen Menschenspiels mit den versinnbildlichenden Überresten auf dem Altar mannigfaltiger Motive! Sprachlich gelungen. Das "Gedärm" ist reimgeschuldet, sicher. Es klingt fast zu heftig hier im Kontext, aber insgesamt ist die Phrase sehr gut gelungen - ein starkes Bild!

S2Z2 - Ein lyrisches Highlight! "Die Zeit ist zur Verwesung degradiert." Eigentlich unlogisch, da Verwesung ja Zeit braucht, und in so einem gegenseitigen Bedingen eins nicht die Stelle des anderen einnehmen kann - dennoch, man begreift sofort, was gemeint ist! Auch hier: ein starkes Bild!

S2Z4 "der Sterne Wärme" steht hier wohl versinnbildlichend für den Lebenswillen, die noch unerfüllten Sehnsuchten des Geistes und der Fantasie. Problematisch ist, dass die Sterne nicht "warm" wirken. Ihr Flimmern ist kalt und fern und atmosphärenbedingt. Alternative: "solang des Herzens Wärme nicht erfriert."
Auch hier ist das Bild übrigens im Grunde unlogisch, denn Wärme selbst kann per se nicht erfrieren, ohne per definitionem zuvor etwas anderes geworden zu sein, nämlich Kälte. Aber auch hier ist das salopp gesprochen "wurscht" - die Wirkung des Bildes zählt, und die ist klar!

Zuletzt beschreibt die Conclusio die Schicksalsergebenheit eines Menschen, der sich in sein Lebenslos fügt, ohne jugendliche Begeisterung und messianischen Eifer. Er lässt sich das Leben geschehen, ohne Begeisterung, aber auch ohne Groll und Hader. Wäre der Grundkontext kein so depressiver, man könnte es für buddhistischen Gleichmut halten!
Es ist im Grunde - korrigiere mich, wenn ich irre - ein Bewältigungsgedicht: Der Autor schreibt sich die dunklen Gedanken quasi von der Seele, und sind sie erst auf dem Papier, sind sie nicht mehr im Kopf. Eine Art Seelenhygiene, derer ich mich selbst ab und an befleißige.

Dank unserer Gemeinsamkeit, dem Faible für Schwermut und Tiefe, ausgesprochen gern gelesen! Ich hoffe, ich darf dies auch "drüben" lesen - es würde mich freuen!
Gute Besserung, alter Knabe!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (31.12.2011 um 12:19 Uhr)
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Alt 01.01.2012, 13:14   #6
Galapapa
Galapapa
 
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Hallo Erich,
bei mir waren es 30 Jahre und außer der Allergie muss ich natürlich auch all diese Einschränkungen (um es gelinde zu sagen) hinnehmen. Das haben wir nun davon? Falsch: Immer noch besser aufgehört zu haben und seine Gesundheit Jahr für Jahr zu verbessern, als irgenwann am Krebs zu ersticken. So muss man es sehen!
Danke für Deinen ausführlichen Kommentar und Dein aufbauendes Lob zu meinem Text!
Grundsätzlich möchte ich, wie an anderer Stelle gestern, nochmal sagen: Man sollte mich nicht zu dicht an das lyrische Ich meiner Texte heranrücken.
Sicher hat der Genuss beim Schreiben düsterer Texte irgendwo seine Wunzeln im Unterbewusstsein, etwa indem etwas Unterdrücktes ausgelebt wird. Man darf sowas aber nicht in die gleiche Schublade wie Depression tun. Es ist viel näher an dem, was Du geäußert hast:
Zitat:
...Der Autor schreibt sich die dunklen Gedanken quasi von der Seele, und sind sie erst auf dem Papier, sind sie nicht mehr im Kopf. Eine Art Seelenhygiene,...
Zu Deinen Vorschägen:
Im Vers 4 in Strophe 1 wird nochmals deutlich, dass wir an bestimmten Stellen ein ganz unterschiedliches Empfinden für Länge eines Verses zu haben scheinen. Ohne das Wort "jeden" rutsche ich für mein Empfinden aus dem Rhythmus, zugegebenermaßen nicht sehr störend aber doch wahrnehmbar.
Was ürdest Du dazu sagen, wenn ich "jeden" ersetzte?
Z.B. "...ohne blinden Hass..." oder "...ohne Gram und Hass...". Ich bin noch am Nachdenken.
Übrigens, so weit hergeholt ist das "Gedärm" in S2 gar nicht, wenn Du es mal gleichzeitig als die Reste, den Abfall der Opfer betrachtest.
Ich weiß nicht mehr ganau, wie es hier war, aber manchmal beginne ich eine Strophe mit dem letzten oder vorletzten Vers als wichtige Aussage und der Rest entsteht dann darum herum.
"Die Zeit zur Verwedung degradiert" hast Du natürlich in meinem Sinn erkannt: Das steht sehr vereinfacht für "Die Zeit dient nur noch der Verwesung, ansonsten passiert nichts mehr."
Ähnlich ist es mit der "Wärme der Sterne". Gedancht habe ich dabei letztlich an die Energie der Milliarden Sonnen im Universsum; "erfrieren" also im Sinne von "einfrieren" oder "erlöschen".
Nochmals danke und sei herzlich gegrüßt!
Galapapa
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