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Liebesträume Liebe und Romantik

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Alt 21.01.2012, 19:13   #1
fee
asphaltwaldwesen
 
Registriert seit: 31.03.2009
Ort: österreich
Beiträge: 961
Standard ein gedicht über die liebe

finde dich

im leisen streichen
in den kleinsten
zarten dingen
die mit uns
die wege gingen
gesten eher
blasse zeichen
aus momenten
wo am reinsten
wir uns finden
in erkenntnis
unsres tuns

spüren

nichts ist
zu erzwingen
vieles leichter
zu verwinden
wünsch mir
du wirst niemals
weichen
fürcht nichts mehr
und lass mich

führen





.fee ´12
__________________
"Gedichte sind Geschenke an die Aufmerksamen" Paul Celan
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Alt 21.01.2012, 21:25   #2
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard

Liebe fee,

das ist ein schönes, und auch sehr gut gemachtes Gedicht über die Liebe. Ob ich mit meiner Deutung bzw. meinem Verstehen "richtig" liege, kann ich natürlich nicht sagen. Aber ich finde, es kann auf vielfache Art gedeutet werden.

Zitat:
finde dich
Je nachdem, ob ich mir hier "Ich" davor denke. In dieser Lesart wäre es eine Ellipse, die mir die sanfte Seite der Liebe zeigt, und den gesamten Inhalt so auf mich wirken lässt. Ähnlich ist dann diese Stelle:

Zitat:
fürcht nichts mehr
und lass mich
Wenn ich auch hier ein "Ich" davorsetze, ist es das LI, das sich führen lässt.

Anders gelesen, bekommt das Gedicht einen, ich möchte fast sagen, "auffordernden" Charakter seitens eines LI an ein LD.

Gerade das Weglassen der Interpunktion und die Ellipsen machen das möglich. Dann kann das "finde dich" eben eine Aufforderung sein - oder auch eine Einladung, beides ist möglich. (Das meinte ich mit "mehrfach deutbar", denn das ist ja im Grunde genommen bereits die dritte Lesart.) Das gleiche gilt für die andere Stelle.

Zitat:
fürcht nichts mehr
und lass mich

führen
Das kann auch vom LI an ein LD gerichtet sein, wodurch es das LI ist, das sagt: Lass mich (dich) (oder auch: an)führen.

Und auch die Verbindung der Strophen durch die teilweise strophenübergreifenden Reime ist sehr gelungen gemacht. Ebenso das "spüren" zwischen beiden, das kann auch in seiner Aussage jeder der beiden Strophen zugeordnet werden - und beide verbinden.

Auch das hier gefällt mir sehr gut:

Zitat:
wünsch mir
du wirst niemals
weichen
Ist der Wunsch bereits Wirklichkeit? Oder doch nur ein Wunsch? Dadurch entstehen wieder zwei Möglichkeiten. Denn daraus ergibt sich, ob das LI sich bereits nicht mehr fürchtet oder die Furcht erst dann überwindet, wenn der Wunsch wahr geworden ist.

Abgesehen von dem gekonnt dargestellten Inhalt besitzt das Gedicht auch einen sehr schönen Leserhythmus. Der Rhythmus, ich bin überzeugt, das ist gewollt, wird lediglich an einer Stelle "unterbrochen": Bei "weichen". Genau an der Stelle, die ich ja bereits ansprach. Ansonsten liest es sich wirklich "flüssig", man kann "durch die Zeilen gleiten".

Rein "gefühlt" spricht das Gedicht wirklich von Liebe, von dem Wert kleiner Gesten, von Vertrauen und Erkenntnis. Wäre da nicht ein "Haken" - so erscheint es mir. Wobei bei erneutem Lesen noch etwas gefunden habe: Lese ich "wünsch mir", als ob das "dahinter" fehlt und dafür "du wirst niemals weichen" separat (also nicht auf das "wünsch mir" bezogen), dann kann sich auch das LI dem LD "ergeben" haben - im Sinne einer Kapitulation, wodurch es sich "führen lässt". Und hinzu kommt, dass hier LI und LD nicht unbedingt ein Paar sein müssen.

Das Gedicht ist wirklich "über die Liebe", in so vielen Facetten, dass ich kaum beim Schreiben hinterher komme. Es könnte auch z. B. ein Elternteil mit einem Kind sein, oder Geschwister - hier ist jede "Art von Liebe" möglich. Je nach der Sicht (oder evtl. auch der Persönlichkeit) des Lesers.

Wow, sage ich da nur. Das ist nicht nur ein gutes, das ist ein hervorragendes Gedicht über die Liebe. Denn auch das Reimschema ist wie ein Spiegel der Komplexität des Gefühls Liebe.

Das habe ich nicht nur sehr gerne gelesen, sondern werde es sicher noch öfter lesen. Bei diesem Gedicht bin ich überzeugt, dass ich lediglich in einer anderen "Stimmung" sein muss, um noch mehr darin zu entdecken.

Wunderbar geschrieben, mein Kompliment!

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

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Alt 22.01.2012, 14:34   #3
wüstenvogel
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 30.08.2011
Ort: Wetzlar/Hessen
Beiträge: 446
Standard ein gedicht über die liebe

Hallo fee,

kann mich der "Stimme" nur anschließen: ein herrlich zartes Gedicht über die Liebe.
Mir gefällt hier besonders die Form - du zählst viele der kleinen, uinscheinbaren aber so wichtigen Dinge auf, die eine Liebe ausmachen, bestätigen, bekräftigen.

Mit wenigen, trefffenden Worten sagst du sehr viel - ein Ge-dicht im besten
Sinne.

Den Schluss "fürcht nichts mehr / und lass mich / führen"
deute ich als einen Ausdruck tiefen Vertrauens, denn man lässt sich ja nur von den Personen "führen", denen man Achtung, Vertrauen und - ein wenig oder mehr - Liebe - entgegenbringt.

Beeindruckende Zeilen!

Viele liebe Grüße

wüstenvogel
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Alt 22.01.2012, 14:35   #4
fee
asphaltwaldwesen
 
Registriert seit: 31.03.2009
Ort: österreich
Beiträge: 961
Standard

liebe stimme,


du machst mir mit deiner lesart, die meinen absichten sehr dicht auf den spuren ist, eine große freude!

ich hab diesen text anlässlich eines wettbewerbs in einem anderen forum geschrieben, wo die aufgabe lautete, einen originellen text über die liebe zu schreiben, ohne die gängigen worte zu bemühen, die meist damit einhergehen.
also hab ich begonnen, über die liebe (wieder mal) nachzudenken und in mich hineinzuspüren, was ich meine, als essenz der liebe für mich herausgefunden zu haben bisher.

was dann kam, waren die ersten zwei zeilen. ganz intuitiv. das "leise streichen" - also die behutsame annäherung, die dem gegenüber spielraum für seine ganz eigene dynamik überlässt. und diese dynamik hab ich dann auch beim schreiben dem überlassen, was so "in mir" auftauchte zum gefühl liebe.

das gedicht ist also sehr intuitiv entstanden - das, was ich damit verbinde hast du ganz genau auf den punkt gebracht in deiner interpretation.

am reimschema hab ich dann noch ein ganz klein wenig gefeilt, aber auch da ist dieses kreisen, annähern und wieder wegdriften bereits in der grobfassung dem gefühl entsprungen, dass liebe nie statisch ist. dass es eben nicht so funktioniert, dass sie - wenn man sie erstmal "hat", auch für immer (so) "bleibt". dass sie "zwischen dem tun" und zwischen gesten und worten stets neu entstehen muss.

und dass es mir gelungen ist, den text so offen zu halten, dass du ganz richtig sagen kannst
Zitat:
Bei diesem Gedicht bin ich überzeugt, dass ich lediglich in einer anderen "Stimmung" sein muss, um noch mehr darin zu entdecken.
, macht mir die allergrößte freude, denn so wars auch gedacht.

zuerst hatte ich ja angesichts des wettbewerb-themas das konzept "jetzt musst du dich aber besonders bemühen" und im nächsten moment hab ich gewusst, immer, wenn ich mich besonders bemühe, wird es ein totaler murks und sicher am weitesten entfernt von dem, was ich eigentlich meine und über die liebe denke und fühle. also hab ich "es" fließen lassen.

umso mehr freut mich, dass - wenn ich dein echo lese - das ergebnis hält, was ich annähernd versucht habe zu schaffen.


allerherzlichsten dank dafür!!!!


lieber wüstenvogel,

auch aus deinem kommentar lese ich, dass der text bei dir ähnlich ankommt.
besonders lieben dank für

Zitat:
du zählst viele der kleinen, uinscheinbaren aber so wichtigen Dinge auf, die eine Liebe ausmachen, bestätigen, bekräftigen.

...Den Schluss "fürcht nichts mehr / und lass mich / führen"
deute ich als einen Ausdruck tiefen Vertrauens
das vertrauen - in das gegenüber und sich selbst und den wert einer liebe - halte ich für das wichtigste überhaupt. fehlt es, wird der versuch zu lieben allzu leicht ein erzwingen und ein kampf.

du machst mir mit deinen zeilen eine große freude! danke!



bussis an euch aus wien

fee
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"Gedichte sind Geschenke an die Aufmerksamen" Paul Celan

Geändert von fee (22.01.2012 um 14:39 Uhr)
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