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Liebesträume Liebe und Romantik

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Alt 28.01.2012, 20:50   #1
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hallo Justin,

ich glaube, das ist das, was die Dichter zu allen Zeiten angetrieben hat.

Das Gedicht besitzt einen ganz besonderen Stellenwert und kann und darf wirklich alles aussagen was in und um den Menschen vorgeht.

Es ist auch wichtig, denn es ist kurz, präzise und knapp (im Gegensatz zu Prosatexten), also verdichtet und bringt es meist auf den Punkt.
Die Metrik und die Reime machen es eingängiger und leichter verständlich, so daß auch oftmals mehr davon hängen bleibt.
Manche Gedichte sind einfach nur "fluffig" und verbreiten eine gemütliche oder verschmitzte Atmosphäre, andere hingegen sind feierlich oder regen zum Nachdenken an.
Die Palette, aus der der Dichter schöpfen kann, ist also fast unendlich groß.

Wichtig ist die Glaubwürdigkeit und die Absicht eines solchen Textes und das macht auch die Originalität aus.

Deine Verse beschreiben hier sehr schön die Motive, die einen Dichter leiten können.
Eine kleine Liebeserklärung an die Lyrik, so wie ich das sehe.


Das habe ich gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 30.01.2012, 14:04   #2
Justin
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Hallo Faldi,

was Du sagst, ist mir selbst schon durch den Kopf gegangen. Diese Verse hier werden mir möglicherweise auf Dauer nahestehen, weil sie meine Gefühle ansprechen, und, wie Du richtig einschätzt, in knapper Form in der Lage sind, etwas auszusagen, wozu die Prosa erst länger ansetzen müßte

Die Metrik wird immer reizvoller, je länger man sich damit beschäftigt. Bis jetzt habe ich mich dem Paar- bzw. Kreuzreim gewidmet und mich noch nicht an die anderen Möglichkeiten herangewagt. Verschränkte Reime waren noch nicht dabei; ebenfalls keine längeren Stophen, die in der Zeilen- und reimanordnung verschiedene Stellungen zulassen. In Deinen Gedichten ist das häufig der Fall. Für immer möchte ich es nicht ausschließen, die Sache aber trotzdem nicht überhasten.

Wir empfinden Lyrik oft schöner als Prosa, sie ist aber auch nicht immer leicht in den Griff zu bekommen. Ich muß Dir recht geben, wenn Du sagst, daß manche Gedichte fluffig sind und eine eher heitere Atmospähre verbreiten. Es liegt aber auch am anzuwendenden Vokabular, denn wenn ein Inhalt wiedergegeben werden soll, können bestimmte Wörter manchmal nicht ausgeblendet werden, um das auszusagen, was wir beabsichtigen. Der Gesamteindruck wird dann weniger günstig beeinflußt, wenn knorrige Wörter einen "schönen lyrischen Hintergrund" nicht immer zulasssen. Aber auch dann sollte man sich Mühe geben, damit die Metrik nicht durcheinander purzelt.

Eine Frage habe ich noch an Dich.

Kürzlich kam im Fernsehen ein kurzer Bericht über eine Schildkröte namens Theobald. Dazu habe ich mir einen Vierzeiler ausgedacht.

Theobald war groß und schwer,
die Schildkröte, sie lebt nicht mehr.
Sie hat das ganze Zeitgeschehen,
noch länger als der Mensch gesehen.

Alle Zeilen sind hier 4-hebig, obwohl die 1. Zeile nicht im Jambus steht. Paßt doch aber trotzdem, oder? Wie stehst Du zu diesen Mischformern. Vielleicht kannst Du kurz etwas dazu sagen.

Habe mich über Deinen Eintrag gefreut und danke Dir vielmals .

Liebe Grüße

Justin

Geändert von Justin (30.01.2012 um 14:09 Uhr)
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Alt 30.01.2012, 17:34   #3
Sidgrani
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Hallo Justin,

das hast du wahrhaftig kurz und treffend ausgedrückt. Deine metrisch perfekten Verse werden wohl jeden Dichter ansprechen, der sich mit Leib und Seele dem Dichten verschrieben hat.

Dein schönes Gedicht hat mich zu folgendem Vers inspiriert:

In den Gedichten ruht der Frieden,
den jeder von uns dort erfährt.
Drum lasst uns unsre Verse schmieden
und Jovis Gunst wird uns gewährt.

Liebe Grüße
Sidgrani
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Alle meine Texte: © Sidgrani

"Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch"

»Erich Kästner«
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Alt 30.01.2012, 20:41   #4
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hi Justin,

das kann man so machen.

Ich habe auch schon einige Texte geschrieben, die sowohl jambisch, als auch trochäisch sind.

Beispiel:

Große Augen fragten stumm
und kleine Tränen liefen,
ging sie nach Elysium
weil sie die Engel riefen?

Hier also:

XxXxXxX
xXxXxXx
XxXxXxX
xXxXxXx

Da ist aber ein regelmäßiger Wechsel gegeben.
Und die trochäischen Zeilen enden mit einer männlichen Kadenz und die jambischen Zeilen mit einer weiblichen.
Wenn man das nun aneinander reiht ergibt das folgendes:

XxXxXxXxXxXxXxXxXxXxXxXxXxXx

Wie man sehen kann, ergibt das ein absolut regelmäßiges Metrum.

Das ist auch flüssig zu lesen.

Wenn man nun mit einer trochäischen Strophe beginnt und den Rest im Jambus fortführt, so geht das natürlich auch (würde ich aber so nicht machen, weil es mir persönlich nicht so gut gefällt).

Ich sehe aber eine andere metrische Schwäche in dem Text und zwar in Zeile 2:

"die Schildkröte, sie lebt nicht mehr."

Wie betonst du "Schildkröte"?

Also ich betone sie normal Xxx (Schildkröte)
Das ist für mich also ein "daktylisches" Wort.

In deinem Text muss man aber so betonen:

XxX Schildkröte

Das kommt hier zwar auch hin, weil es in der deutschen Sprache keine drei unbetonten Silben hintereinander gibt, dann wird nämlich die mittlere der drei unbetonten leicht angehoben, aber elegant ist dies m. E. nicht.

Das ist sicherlich nur mein Verständnis von der Metrik, andere mögen das anders sehen.

Aber du hattest mich nach meiner Meinung gefragt und so wollte ich dir auch antworten.
Es nützt aber nichts, wenn ich dabei nicht ehrlich aufschreibe, wie ich das empfinde, nicht wahr?

Das Wort "Schiildkröte" ist also für einen jambischen/trochäischen Vers eigentlich nicht so gut geeignet.

---

Ansonsten stehe ich Mischformen generell offen gegenüber.
Es kann auch Spaß machen, einen Jambus regelmäßig mit einem Amphibrachys oder einen Trochäus mit einem Daktylus zu kombinieren.

Da sollte man einfach mal ganz frei mit experimentieren.
Oft kommen dabei schöne Klanggebilde heraus.


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Alt 31.01.2012, 14:26   #5
Justin
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Hallo Sidgrani,

über die lobenden Worte habe ich mich sehr gefreut. Es ist keine gegenseitige Gefälligkeit, wenn ich sage, daß auch Deine Gedichte von der Metrik her perfekt sind. Ich empfinde es tatsächlich so. Auch der schöne Ergänzungsvers beweist, mit welcher Phantasie wir an Gedichte herangehen können. Er liest sich wirklich gut.

Meiner Meinung nach hast auch Du ein Lieblingsgedicht. Einmal könnten Dir dabei die Worte leichter als gedacht zugeflogen sein, doch auch das ganze Gegenteil wäre denkbar. Daß nämlich eine Blockade aufgelöst werden mußte, die ein Fortkommen erschwert hat. Vielleicht liebt man dann ein Gedicht noch etwas mehr.

Über Gedichte könnte man sich lange unterhalten. Ich persönlich übernehme Auftragsgedichte nur ungern. Nehmen wir an, es wären mir einige schön dahinfließende Verse gelungen, die auch dem Auftraggeber gefallen. Nun wünscht er aber noch, daß im Gedicht das Wort "Kötzschenbroda" vorkommen soll. Und das geht eben nicht gut, weil damit der lyrische Gesamteindruck verwischt würde. Ich könnte dem Gedicht dann höchstens eine andere Wendung geben zuungunsten der bereits bestehenden Version. Das wäre aber kein so glücklicher Tausch.

Vielleicht siehst Du es ähnlich und vertraust viel lieber der Inspiration, die plötzlich da ist - in einer Strophe oder auch nur den ersten 2 Zeilen, die sich anbieten.



Hallo Faldi,

es war sehr interessant, Deine metrischen Abhandlungen zu lesen. Die besagte Strophe mit den beiden jambischen und trochäischen Zeilen kannte ich schon, weil wir sie mal in der "Märzreise" abgehandelt hatten.

Nach meinem Schema könnte man also vorgehen, auch wenn Du Einschränkungen geltend machst und sie Deinem persönlichen Geschmack weniger entsprechen. Das verstehe ich durchaus, doch war mir wichtig, zu erfahren, ob es so überhaupt möglich ist oder nicht.

Dein getrübtes Verhältnis zur 2. Zeile des Vierzeilers kann ich gut nachvollziehen. Nachdem ich das gelesen hatte, ist es mir bewußt geworden. Natürlich betone auch ich "Schildkröte" nicht anders als Du und sehe darin eine Schwäche meinerseits.

Ich habe versucht, meinen Vierzeiler mit einem etwas anderen Inhalt Deiner Vorgabe anzupassen:

Theobald war groß und schwer,
der Nasenbär, er lebt nicht mehr,
hat das ganze Zeitgeschehen,
noch länger als der Mensch gesehen.

Hier hätten wir dann jeweils 2 trochäische und jambische Zeilen in der Strophe. Nur mit dem Unterschied, daß durch die anderen Kadenzen die gleichbleibende Aneinanderreihung der Kette aus Deinem Beispiel nicht möglich ist. Es wäre zugegeben schöner, ob es aber gleich vom Leser ao aufgefaßt wird?

Vom Inhalt her hätte der Vierzeiler nicht den geringsten Bestand, weil er völlig falsch ist. Erst mal ist der Nasenbär nicht groß und schwer und wird längst nicht so alt wie der Mensch. Ich habe das jetzt nur mal so gewählt, um eine veränderte Metrik zu kennzeichnen.

Stehen wir nun vor der Aufgabe, eine Schildkröte in die Strophe einzubinden, ist das so leicht nicht, denn wir wollen ja das Tier schließlich richtig betonen . Da müßte man sich wohl etwas anderes einfallen lassen.

Dir und Sidgrani liebe Grüße

Justin

Geändert von Justin (31.01.2012 um 14:34 Uhr)
Justin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.01.2012, 17:21   #6
Falderwald
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Hi Justin,

ich habe dein geändertes Beispiel gelesen und die Schwachpunkte hast du schon selbst aufgezeigt.

Warum?

Weil hier der "Kadenzenwechsel" durch die Paarreime nicht wirkt.

Schau mal:

Theobald war groß und schwer - der Nasenbär, er lebt nicht mehr,
hat das ganze Zeitgeschehen - noch länger als der Mensch gesehen.

XxXxXxX - xXxXxXxX Für sich ginge das so durch.
XxXxXxXx - xXxXxXxXx Hier kommen wir schon ins Stolpern wegen der zwei unbetonten Silben in der Mitte.

Außerdem ist der Übergang von der zweiten zur dritten Zeile sehr abrupt.
Hier vollzieht sich ein Hebungsprall. Das ist natürlich alles legitim, läuft aber einem gleichmäßigen Lesefluss zuwider.

Wir haben jetzt also schon zwei Unregelmäßigkeiten, wo der Lesefluss auf jeden Fall ins Stocken gerät.

1. Die zweite Zeile endet betont und die dritte fängt ebenso betont an.
Da kommt automatisch eine kleine Pause rein.

2. Die dritte Zeile endet unbetont und die vierte fängt ebenso unbetont an.
Da kommt dann automatisch die zweite kleine Pause zum Tragen.

Denn wenn ich das jetzt alles nebeneinanderlege sieht es so aus:

XxXxXxX - xXxXxXxX - XxXxXxXx - xXxXxXxXx

Warum kommen wir hierbei ins Stolpern?

Ganz einfach, weil der Leser das Metrikschema noch nicht durchschaut hat.
Beim ersten Lesen wird es also selten zu einer richtigen Betonung kommen.

Wir wollen natürlich jetzt auch nicht päpstlicher als der Papst sein, aber für die Theorie denke ich, ist das richtig so.

Als Merksatz für eine regelmäßige Metrik beim Wechsel vom Trochäus in den Jambus könnte man vielleicht sagen:

Die jambische Zeile sollte eine weibliche Kadenz, die trochäische eine männliche besitzen.

Begründung:

Weil die jambische Zeile unbetont anfängt, sollte die vorhergehende trochäische Zeile betont enden und umgekehrt natürlich.

Wie gesagt, das ist halt nur eine kleine theoretische Metrikspielerei.

Es kommt natürlich auch darauf an, wo der Text einen metrischen Einschnitt als Sinnabschnitt gebrauchen kann.

Aber das sind alles so kleine Stilmittel, die man in der Praxis ausprobieren muss.


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.01.2012, 18:11   #7
Justin
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Hallo Faldi,

ich wußte von Anbeginn, daß Du eine viel bessere Analyse vornehmen würdest. Deine Darstellungen empfinde ich aber nicht als Zurechtweisung, sondern als große Hilfe. Danke für die umfangreichen Erläuterungen.

Den veränderten Vierzeiler habe ich auf die Schnelle vorgenommen. Es ging mir erst mal darum, überhaupt 2 Zeilen im Jambus bzw. Trochäus dastehen zu haben. So gesehen machst Du natürlich auch Schwachpunkte aus, zumal ich mich mit solchen Mischformen noch nicht näher befaßt hatte. Beim Vierzeiler stand aber plötzlich die erwähnte Strophe aus der "Märzreise" vor mir. Da erkannte ich Ähnlichkeiten und das ist auch der Grund, warum ich nachgefragt habe.

Eine genauere Auseinandersetzung mit der Strophe meinerseits bleibt natürlich nicht aus.

Liebe Grüße

Justin
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