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Alt 13.11.2011, 16:28   #1
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard Inspiriert von Schillers Briefen: Lebendige Flamme

Hallo, Thomas,

ich las heute "virtuell" in Schillers Briefen. Dabei fiel mir der Unterschied auf, in welchem "Stil" seine Briefe verfasst waren. Als junger Mann schrieb er noch "hochemotional", und je älter er wurde, desto ruhiger wurde seine Art. Das inspirierte mich zu einem Gedicht, das ich gerne hier zur "Einweihung" einstellen möchte:


Lebendige Flamme

Beherrscht uns das Feuer der Jugend,
dann suchen wir Wahrheit und Tugend
recht melodramatisch im Eifer
erwachsen zu werden,
sind Ritter auf Pferden;
betrachten uns selbst als viel reifer,
wir glauben uns weise, erhaben -
verkannt als Genies voller Gaben.

Allmählich, im Laufe der Jahre,
im Weg von der Wiege zur Bahre,
verwandeln wir uns im Erkennen
der wichtigen Dinge,
durchbohrt von der Klinge
des Wissens und lernen zu trennen;
das Große vom Kleinen, Gemeinen
und wirkliches Sein vom Erscheinen.

Im Alter erfüllt uns dann Ruhe,
befreit uns von all dem Getue,
und lächelnd mit milden Gedanken
betrachten wir junge
Gestalten im Sprunge,
die sicheren Fußes nie schwanken.
Wir denken an einstige Zeiten,
Momente unendlicher Weiten,

und wünschen der Jugend das Beste.
Uns blieben vom Feuer nur Reste,
die Flamme jedoch ist am Leben,
sie leuchtet erneut jungem Streben.


Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.



Geändert von Stimme der Zeit (14.11.2011 um 06:42 Uhr) Grund: Kleine Änderung.
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Alt 14.11.2011, 17:37   #2
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Beiträge: 3.375
Standard

Hallo Stimme der Zeit,

vielen Dank dafür, dass du so spontan der Einladung zum Schiller-Salon gefolgt bist und gleich einen so originellen Beitrag mitgebracht hast. Das Gedicht gefällt mi sehr und du hast (meiner Meinung nach) etwas für Schiller sehr treffendes angesprochen. Schiller würde dir Recht geben. Das lässt sich sogar mit einem kleinen Gedicht von ihm belegen, welches er auch auf sich selbst bezogen hat. Es ist übrigens eines meiner Lieblingsgedichte von ihm.

Liebe Grüße
Thomas


Licht und Wärme

Der bessre Mensch tritt in die Welt
Mit fröhlichem Vertrauen;
Er glaubt, was ihm die Seele schwellt,
Auch außer sich zu schauen,
Und weiht, von edlem Eifer warm,
Der Wahrheit seinen treuen Arm.

Doch Alles ist so klein, so eng;
Hat er es erst erfahren,
Da sucht er in dem Weltgedräng
Sich selbst nur zu bewahren;
Das Herz, in kalter, stolzer Ruh,
Schließt endlich sich der Liebe zu.

Sie geben, ach! nicht immer Glut,
Der Wahrheit helle Strahlen.
Wohl Denen, die des Wissens Gut
Nicht mit dem Herzen zahlen.
Drum paart, zu eurem schönsten Glück,
Mit Schwärmers Ernst des Weltmanns Blick.
Thomas ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.11.2011, 20:32   #3
Chavali
ADäquat
 
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Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
Standard

Liebe Stimme,

die Balladen von Schiller mag ich und in ähnlichem Stil ist auch dein Gedicht geschrieben,
fast auch schon balladenartig.

Interessant ist das Reimschema aabccbdd, welches du in allen Strophen durchhältst bis auf die letzte,
die im Paarreim geschrieben ist.
3 Strophen mit 8 Zeilen, die letzte ist ein Vierzeiler.
Das ist, wie ich immer finde, gar nicht so einfach zu schreiben.
Wie lange hast du dazu gebraucht?
Bist du ein Schnellschreiber?

Ebenso interessant ist es, dass du dich von Schillers Briefen (die ich nicht kenne)
hast inspirieren lassen.
Es gibt soviel zu tun - man müsste sie auch einmal lesen, um noch besser zu verstehen.


Den Schiller-Salon betreten und gern gelesen hat
mit lieben Grüßen
Chavali



__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.11.2011, 21:27   #4
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
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Hallo, liebe Chavi,

ich habe Schillers Briefe zuvor auch nicht gekannt, sondern aufgrund des Schiller-Salons online nach Informationen über ihn gesucht; also nicht nur nach Gedichten, sondern auch nach anderen Daten. Dabei fand ich einen Link bezüglich Briefen. Diese Briefe sind chronologisch geordnet, beim Einlesen fiel mir auf, wie sehr sich mit zunehmender "Reife" auch die "Ausdrucksweise" Schillers veränderte. Das inspirierte mich zu diesem Gedicht.

Hier der entsprechende Link, falls du oder jemand anders Interesse hat, es sind nicht allzu viele, daher "vertretbar" als Leseangebot:

ht tp://w w w.wissen-im-netz.info/literatur/schiller/briefe/index.htm (Leerzeichen entfernen)

Zitat:
die Balladen von Schiller mag ich und in ähnlichem Stil ist auch dein Gedicht geschrieben,
fast auch schon balladenartig.
Danke, nachdem ich es geschrieben hatte, fand ich auch, dass es einer Ballade zumindest "ähnelt".

Zitat:
Interessant ist das Reimschema aabccbdd, welches du in allen Strophen durchhältst bis auf die letzte,
die im Paarreim geschrieben ist.
3 Strophen mit 8 Zeilen, die letzte ist ein Vierzeiler.
Das ist, wie ich immer finde, gar nicht so einfach zu schreiben.
Wie lange hast du dazu gebraucht?
Bist du ein Schnellschreiber?
Hier war ich ein "Schnellschreiber", ja. Das ist bei mir aber sehr unterschiedlich, es kommt auf die - wie soll ich das nennen - "Intensität der Inspiration" an. Wenn ich ein Gedicht mehr "mit dem Kopf" schreibe, dauert es länger, dann überarbeite ich es oft noch mehrere Male. Ist es eine "spontane Inspiration", dann kann ein Gedicht, so wie dieses hier, auch (einschließlich Überarbeitung) in zwei Stunden beendet sein. Ganz unterschiedlich, ich kann das am Beginn eines Gedichts selbst nicht sagen, das zeigt sich dann beim Schreiben. Am Anfang ist die "Idee", aber der "Verlauf" ist völlig unterschiedlich.

Bei den "erarbeiteten" Gedichten entscheide ich mich auch bewusst für ein Metrum; bei den "inspirierten" jedoch ergibt es sich einfach beim Schreiben. Dieses Werk hier war also für mich einfacher bzw. leichter; mein Spaß-Gedicht "Haus-Maus-Laus-Klaus" war dagegen schwieriger, da ich es "bewusst" schrieb.

Zitat:
Ebenso interessant ist es, dass du dich von Schillers Briefen (die ich nicht kenne)
hast inspirieren lassen.
Es gibt soviel zu tun - man müsste sie auch einmal lesen, um noch besser zu verstehen.
Generell brachte mich Thomas dazu, mich etwas mehr mit der (sogenannten) Weimarer Klassik zu befassen, ich habe mir gerade ein Buch dazu gekauft und lese seit gestern. (Leider mangelt es mir gerade etwas an "Lesezeit", wie du weißt.) Bemerkenswert sind die unterschiedlichen Charaktere von Schiller und Goethe; deren "Beziehung" war, wie Schiller es selbst sah, teilweise von echtem Respekt, aber teilweise auch von einer Art "Hassliebe" geprägt. Die Unterschiede zeigen sich ja auch deutlich in den Gedichten. Ich stelle aber gerade fest, dass etwas mehr "Hintergrundwissen" das Ganze interessanter macht.

Dabei las ich im Buch ein Gedicht Schillers, das ich noch als Beitrag im Salon einstellen werde, es besteht aus Distichen, ich finde es faszinierend zu lesen.

Der Spaziergang

Danke fürs "Gerne lesen".

Liebe Grüße

Stimme
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Geändert von Stimme der Zeit (17.11.2011 um 21:52 Uhr) Grund: Foreninterne Verlinkung hinzugefügt.
Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.01.2012, 11:01   #5
Thomas
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Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Liebe Stimme der Zeit,

da meine Kommentare immer recht kurz und oft recht unvollständig sind, möchte ich gerne nochmals auf dieses schöne Gedicht zurückkommen, welches mich sofort an Schillers Rat erinnerte, die Welt mit 'Schärmers Ernst' und dem 'Blick des Weltmanns' gleichzeitig zu betrachten.

Du hast ganz spontan und in sehr schöner Form zum Ausdruck gebracht, dass dich Schillers Prosa begeistert und hast zu Recht die Entwicklung seines Sprachstils hervorgehoben, die mit der Veränderung seiner Lebenssituation und seinem Reifer werden einherging. Das ist bei ihm so, weil seine herrliche Prosa immer ganz nah an seiner Seele und seinem Denken war. Anhand seiner Fragmenten kann man auch sehen, wie seine gebundene Sprache (in den Gedichten) ganz natürlich und fast nahtlos aus seiner Prosasprache entsteht.

Wie jedes Gedicht etwas über den Autor aussagt, so verrät dieses dein ehrliches und tiefes Sprachempfinden, und ich würde mir wünschen, dass du einigen professionellen Sprachwissenschaftlern etwas davon abgeben könntest. Außerdem hoffe ich, dass noch mehr solche schönen Beiträge im Schiller-Salon eintreffen.

Liebe Grüße
Thomas
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