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Lyrische Emotion
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.947
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Moin Thomas,
tja, was sagt der Dingo dazu? Der Dingo von heute kennt ja im Gegensatz zu Schiller die Schriften von Schopenhauer und Darwin, so daß er durchaus etwas distanzierter an die "Sache" rangehen kann. Zitat:
Der Dingo nimmt die Vorlage aber an und entpersonifiziert die Vorsehung zum (Über)Lebenswillen in der Spezies. Natürlich bedarf es der Instinkte, auch heute noch, denn sie sind angeborene biologisch zweckmäßige Verhaltensmuster, durch die für das Überleben notwendige grundlegende Handlungsabläufe gesteuert werden. Ohne Instinkte wären Mensch und Tier damit überfordert. Der "Frühmensch" war noch nicht sonderlich vernunftbegabt, aber er musste einen überaus scharfen Verstand besessen haben, der es ihm ermöglichte, erste Abstraktionen zu entwickeln und hob sich somit von der restlichen Tierwelt ab. Trotzdem war er weiterhin angewiesen auf Energie, die er in Form von Nahrung zu sich nahm. Der Geschmacks- und Geruchssinn half ihm durch Erfahrung, für ihn giftige oder ungenießbare Dinge von den brauchbaren zu unterscheiden. Zitat:
Aber gut... ![]() Zitat:
Zitat:
Die "Unschuld", die der Mensch verlor, ist allerdings eine zwingende Notwendigkeit der Moral. Ohne Moral gibt es nämlich keine Schuld, das ist eine rein menschliche Eigenschaft. Ein Tier, welches lediglich instinktgesteuert handelt, weiß nichts von einer Schuld bei seinen Handllungen. Der Mensch setzt sich also vom Tier ab. Zitat:
Es war für das Überleben zwingend notwendig zusammen zu halten und dafür bedurfte es bestimmter Regeln, sonst hätte dies nicht erfolgreich funktionieren können. Mit diesen Regeln zu leben war gut (zum Überleben), dagegen zu verstoßen war schlecht. Schon war ein Konstrukt in der Welt, was es vorher nicht gab. Die Freiheit bestand darin, sich daran zu halten oder auch nicht, der Mensch konnte es entscheiden (was er je nach Motiv und Charakter auch tat und immer noch tut). Zitat:
Die Natur würde wieder bewusstlos, denn kein Bewusstsein wäre mehr vorhanden, sie zu erkennen. Die Welt wäre nicht mehr vorhanden, wenn niemand mehr da wäre, der sie als solche wahrnehmen könnte. Deswegen bleibt der Dingo lieber in der Wildnis und führt seinen Kampf ums Überleben, ohne auch nur einen Gedanken an das verlorene Paradies zu verschwenden. Die Freiheit seines Geistes ist ihm wichtiger, als die Behaglichkeit einer abstrakten Scheinwelt abseits dieser Welt, die nur im Menschen existiert, um sein metaphysisches Bedürfnis zu befriedigen. Das Schlusswort aber soll Schopenhauer gehören: Zitat:
Liebe Grüße ![]() Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
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#2 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Lieber Falderwald,
ich freue mich, dass du dich so eingehend mit dem Zitat beschäftigt hast, und im Wesentlichen finde ich deine Bemerkungen richtig. Mit dem Schopenhauer werde ich wahrscheinlich nicht mehr warm werden. Das liegt daran, dass ich im zarten Alter von 16 Jahren - als ich gerade von Schillers Frauengestalten fasziniert war, und gar nicht fassen konnte, wie sich Goethe so in die Gefühle von Frauen einleben konnte (als Mann) - irgendetwas von Schopenhauer über Frauen gelesen habe, dass mich sehr abgestoßen hat. Das ist ziemlich irreparabel, obwohl er ja zweifelsohne ein großer Denker war, was du wohl an ihm schätzt. Liebe Grüße Thomas |
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#3 |
Lyrische Emotion
Registriert seit: 07.02.2009
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Beiträge: 9.947
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Moin Thomas,
ich habe sogar den gesamten Text gesucht, gefunden und gelesen, nur damit du das weißt. ![]() Ach ja, der Schopi. Was er "Über die Weiber" geschrieben hat, ist wirklich wenig schmeichelhaft für das holde Geschlecht. Über dieses Kapitel haben meine Liebste und ich auch lange diskutiert. Der Mann war ein Genie und seine Schriften sind eine Erfrischung für jeden müden Geist, aber hier ist er m. E. über das Ziel hinaus geschossen. Es hätte eigentlich nicht in das wirklich fantastische philosophische Spätwerk "Parerga und Paralipomena" gehört, das hätte er sich sparen können. Nun war Schopenhauer natürlich auch ein Kind seiner Zeit und der Stellenwert der Frau in jener Gesellschaft war noch lange nicht der, den wir heute erfreulicherweise haben. Das reicht nicht als Entschuldigung, das weiß ich, trotzdem möchte ich noch zwei Dinge dazu anmerken: Niemals durfte er eine innige Zweisamkeit der Liebe erleben, denn man sagt ihm zwei arge Enttäuschungen nach, es heißt, die Damen seines Herzens hätten ihn gröblichst verschmäht. Und so war er wohl zu einem verbitterten, alten Mann geworden, als er das schrieb. Vielleicht sollten wir diesem brillanten Denker das nachsehen. Es war eine menschliche Seite, er konnte es wohl nicht anders. Meine Liebste und ich wir lachen heute darüber und nennen ihn dann den "ollen Griesgram". Und manchmal, wenn ich so für mich ganz alleine bin und an meine Ex-Frau denke, dann schenke ich ihm insgeheim doch das ein oder andere verständnisvolle Nicken... ![]() Das o. a. Werk kann ich aber trotzdem jedem philosophisch interessierten Menschen nur wärmstens ans Herz legen, denn hier entfaltet sich der ganze Scharfsinn eines genialen Geistes noch einmal in seiner ganzen Vielfalt. Auch wenn hier das leidige Kapitel im zweiten Band zu finden ist. Da ist es vielleicht ein kleiner Trost, daß dieses Kapitel nur 17 von ca. 1500 Seiten umfasst. Das ist doch fast nix... ![]() ![]() Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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#4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Lieber Falderwald,
ich wollte nur erklären, warum ich mit 'Schopi' nicht so warm werde. Der erste Eindruck ist eben oft entscheidend, bei Personen des Alltagslebens und auch bei den Bekannten und Freunden aus der Vergangenheit, die über Büche mit uns sprechen. Ich finde es gut, wenn er dich (und dadurch vermittelt ja auch mich und andere) zum Denken anregt. Liebe Grüße Thomas |
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