15.05.2012, 21:26 | #1 |
Galapapa
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Gerlinde
Gerlinde lebte nur in einem Traum,
ihr Dasein schwebte still im leeren Raum. Die bösen Stunden hatten sie herausgelöst aus ihrem Kindsein und aus ihrem frohen Lachen. Seitdem hat sie in ihrer Phantasie gedöst und hat so oft versucht, ein Leben draus zu machen. Am Tag, als sie den eignen Brautstrauß fing, auf ihre ungewollte Reise ging, war sie so ahnungslos auf falsches Glück gepolt. In Dosen wollte sie Gefühle aufbewahren, doch ihre Kinderunschuld hat sie eingeholt; die Wünsche barsten, weil sie Seifenblasen waren. Gerlinde hat schon lang nicht mehr geweint, als man sie mit der Traurigkeit vereint so wortlos in der Hoffnungslosigkeit begrub. Novembernebel sanken kalt und wie beklommen auf einen lehmig-blumenlosen Grabaushub. Und keine ihrer Traumgestalten ist gekommen. Geändert von Galapapa (17.05.2012 um 08:10 Uhr) |
16.05.2012, 18:44 | #2 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo Galapapa!
Die arme Gerlinde. Traurig, traurig. Von dir wortgewaltig verdichtet. Regt auch zum Nachdenken an. Ergo: Gefällt mir. Komma nach barsten (S2, Z6) und geweint (S3, Z1); evtl. Punkt nach Grabaushub (S3, Z5) und dann in Z6 mit neuem Satz beginnen Alternativ: Komma nach Grabaushub. Sorgenvolle Grüße von Sanssouci |
17.05.2012, 08:40 | #3 |
Galapapa
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Lieber Sanssouci,
kein Grund, sorgenvoll oder traurig zu sein, wohl aber einer zum Nachdenken. Danke für Dein Lob! Dieser Text hat allerdings einen authentischen Hintergrund; diese Gerlinde gibt es tatsächlich, nur den Schluss habe ich realistisch dazu erdacht. Gerlinde lebt noch in ihrem Alptraum. Als kleines Mädchen vom Vater missbraucht und als Mauerblümchen den geheiratet, der als Einziger zur "Wahl" stand - allles andere als ein Traumprinz. Ich frage mich angesichts eines solchen Lebens: Wie sehr leiden solche Menschen noch, wo sie doch eigenlich nichts anderes kennen als Leid? Wenn man darüber intensiv nachdenkt, kommen einem die Tränen. Fragen wir uns doch auf jeden Fall: Wie gut geht es uns doch!? Herzliche Grüße auch an Deine liebe Frau und schönen Feiertag! Galapapa P.s.: Oh, hätt ich fast vergessen: Danke für die Korrekturen! Je öfter ich im Duden Kommaregeln nachlese um so schlechter werde ich. Gut dass es Deinen Beruf gibt, denn die können das. Geändert von Galapapa (17.05.2012 um 08:43 Uhr) |
08.07.2012, 21:57 | #4 |
Slawische Seele
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Beiträge: 5.637
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Lieber Galapapa,
als ich Gerlinde las, fielen mir noch mehr Namen ein. Ich denke, jedem Leser fallen sofort Menschen ein, die dieses oder ähnliches Schicksal erleiden und es alle 25 Jahre feiern. Man spricht, schreibt und wirbt viel für Glück und Freiheit - das Leben aber ist nicht so, es ist ganz anders. (Tucholsky) Du bist ein "scharfsinniger" Beobachter und ein sehr einfühlsamer Dichter - einfach nur sehr gut. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
09.07.2012, 09:04 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Ort: wien
Beiträge: 4.893
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lieber galapapa,
das ist ziemlich düster - aber so ist es wohl auch. manche "altlast" werden wir lebenslang nicht los. aber ich möchte die hoffnung nicht aufgeben, dass bei entspechender hilfe und unterstützung die eine oder andere seelenklammer von uns abfällt. ein wenig hat mich der konkrete name in dem gedicht gestört (ich hoffe, die person heißt nicht wirklich so.). mit hätte es genügt, eine beschreibung des seelenzustandes mit dem allgemeinen "sie" zu unterlegen, denn es ist leider auch kein einzelfall, was da passiert. dass die traumgestallten nicht gekommen sind, ist kein wunder. sie sind ja imaginärer natur. menschen sollten kommen und sich annehmen. und da kann man sich dann bei der geglegenheit gleich selber fragen: war ich der mensch, der das versucht hat?. und: wie erreicht man in der gegenwart den ausgleich für das, was die vergangenheit verabsäumte - und zwar, ohne neue versäumnisse zu schaffen für die zukunft? da haben wir genug daran zu beißen. ich bin aber davon überzeugt: jedes kleine lächeln ist ein sieg! hoffe wir für gerlinde, das sie es doch noch irgendwo gefunden hat.... lg, larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich! |
09.07.2012, 18:31 | #6 |
Galapapa
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Liebe Dana,
ein schönes Lob; danke schön! Ich weiß nicht, ob Du meine Antwort an Sanssouci gelesen hast. Dem kann ich noch hinzufügen, dass das arme Mädchen sich nach einigen Jahren von ihrem Ekel getrennt hat um es in seiner Verzweiflung ein paar Jahre später nochmal zu heiraten... Da fehlen einem die Worte. Ich habe diesen Schluss hinzugefügt, weil dieses Leben eigentlich in der Kindheit schon zuende gegangen ist. Im ersten Vers könnte man auch schreiben: "Sie lebte in einem Alptraum." Nochmals danke und liebe Grüße! Galapapa Liebe larin, auch Dir danke für Deinen Kommentar zu meinem Gedicht! Ich habe der Person ganz bewusst einen Namen gegeben und es freut mich sogar, dass Dich das gestört hat. Das sollte es auch! Dem beschriebenen Alptraum einen Namen zu geben sollte die Geschichte persönlicher machen und damit noch mehr Betroffenheit auslösen. Es ist einfach zu schlimm, um es mit einem "Ach Gott, das arme Mädchen" abzutun. Natürlich ist der Name geändert. Aber lenkt das nicht schon wieder unsere Teilnahme ab ins Unwirkliche und ins Nichts, samt jenem Lächeln, das ich ihr auch gegönnt habe aber nicht geben konnte. Über ihr weiteres Leben weiß ich nur, dass sie sich nach einiger Zeit von dem Ehemann getrennt hat um dieses Ekel in Verzweiflung des Alleinseins ein paar Jahre später wieder zu heiraten... Danke nochmal und liebe Grüße! Galapapa |
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