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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 15.02.2014, 22:04   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Hans!

Vielen Dank für so ein tolles Lob!

Vor vielen Jahren - ich war noch sehr jung - sah ich einst ein Fernsehspiel über den 30jährigen Krieg mit just solch einer Szenenfolge, die mich damals zutiefst beeindruckt hatte. Sie verfolgte mich durch die Jahre als Sinnbild all dessen, was Krieg bedeutet. Durch Zufall heute wieder hochgespült war es der rechte Moment, die eigentlich unfassbare Szene endlich in Worte zu fassen.

Besonders die sinnlose Grausamkeit der verwahrlosten Söldner, zuletzt noch - wie ein umfassendes Sinnbild der Unlogik menschlicher Abgründe - das unschuldige Kind zu foltern und zu ermorden, hinterließ prägende Spuren in meinem Wesen und machte mich der Welt und den Menschen gegenüber reservierter und misstrauischer.

Interessanterweise - und das macht die Episode erst wirklich beängstigend - hatte ich damals keinen Moment angenommen, dies könnte nicht wirklich so passiert sein, oder dass die Wahrscheinlichkeit dafür eher gering sei, und dies nur der Auswuchs eines schlechten Drehbuches...
Nein, instinktiv die Möglichkeit - bei aller moralischen und seelischen Entrüstung über soviel Unrecht - solcher Gefühlskälte auch in mir selber fühlend, wusste ich instinktiv, dass Menschen sehr wohl derlei zu tun vermögen!


Passend zum Ablauf des Geschehens auch die Strukturen der drei Sonette:
Ist Sonett I noch klassisch aufgebaut, so ist der Tumult im II. Sonett gespiegelt durch die Auflösung der klassischen Regeln: Keine gleichen Reime in den Quartetten und Paarreime in den Terzetten. Die tiefe Trauer und Hoffnungslosigkeit von Sonett III wird durch die Verwendung von insgesamt nur 3 Reimen reflektiert, sozusagen ein Sonett, auf die Spitze getrieben.
Ich schmeichle mir übrigens gern, diese Form selbst erfunden zu haben (keine Ahnung, ob's stimmt): ABBA - ACCA - BAB - CAC


LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (15.02.2014 um 22:43 Uhr)
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Alt 17.02.2014, 20:27   #2
Dana
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Lieber eKy,

Hans hat in nur zwei Sätzen die gesamte gefühlte Ohnmacht kommentiert.
Du hast den "riesigen Irrsinn" in nur drei Sonetten dargestellt, die greifen, berühren und ob:

Zitat:
Zitat von Erich Kykal
Ich schmeichle mir übrigens gern, diese Form selbst erfunden zu haben (keine Ahnung, ob's stimmt): ABBA - ACCA - BAB - CAC
zu recht so bestehen darf und soll.

Ich weiß, dass man sich bei Betrachtungen und "Urteilen" vergangener "Epochen" weit aus dem Fenster lehnen kann und finde zugleich, dass gerade jenes das ist, was man unter "Lernen aus der Geschichte" nennt. Was und wie man erlernt, bleibt ein Thema für sich. Man muss ausharren, bis die Gegenwart Geschichte wird.

Doch nie und nimmer kann ich erfassen, dass das Leid der Unschuldigen und der Massen zum Lauf der Geschichte gehört - und ... es doch immer so sein wird.

Nicht der "Dreißigjährige Krieg" allein. Die gesamte Geschichte ist voll davon, unendlich grausam und unendlich "unvernüftig". Sie trägt aber dennoch ihre "Helden" davon.

Was ich sagen wollte:

Deine Sonette treffen ins Mark und reihen sich in unvergängliche Lyrik ein.
Es gilt jetzt schon, dass sie die Welt nicht verändern - aber sie sprechen lebende Gemüter an, die niemals aufhören daran zu erinnern, dass der Unsinn und die Brutalität gesehen werden.
Dichtung, anerkannt und verkannt, ist ein Ventil für Schönes und Grausames.

Verstehe es durch und durch als höchste Anerkennung - für Dichtung und Antwortkommentar.


Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.02.2014, 23:41   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi, Dana!

vielen Dank für deine wohltuenden Zeilen.

Natürlich steht diese barbarische Szene aus einem bestimmten Konflikt versinnbildlichend für alle Kriege der Menschheit und die dabei begangenen Grausamkeiten, von steinzeitlichen Clanfehden bis zum modernen Terrorkrieg. Noch im Vietnamkrieg haben die soooo zivilisierten Amis - verbrieft - mindestens ein ganzes Dorf ausgelöscht, Männer, Frauen, Kinder. Einfach aus Frust darüber, dass sie des Vietkongs einfach nicht habhaft werden konnten und zuletzt aus Angst und Unsicherheit in jedem Zivilisten einen potentiellen Kommunisten sahen.
Was so verstörend dabei ist, ist der Umstand, dass es eben Amerikaner waren, die sich im Nimbus moralischer Überlegenheit aufmachten, mit Waffen für eine "bessere" Welt zu sorgen. Von aufgeputschten Balkanhorden erwartet man nichts anderes als Massenerschießungen und Rundumschläge auf Unschuldige, aber hier zeigte sich, dass es egal ist, wo und mit welchen Werten der Mensch aufwuchs - im Krieg erweist er sich so oder so als...allzu menschlich.

LG, eKy

PS: Die Zeile mit dem unreinen Reim im ersten Sonett (müssen/Füßen) hab ich umgeschrieben.
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Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
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Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (20.02.2014 um 15:41 Uhr)
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