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Auf der Suche nach Spiritualität Religion und Mythen

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Alt 18.05.2014, 09:28   #1
Narvik
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Hallo Erich Kykal,

Äpfel und Birnen sind gar nicht so unterschiedlich. Beide wachsen auf Bäumen, besitzen einen Stiel, eine Blüte und ein Kerngehäuse.
Man kann es nämlich auch anders herum sehen. Und zwar, wenn man sich der Grenzen der Vergleichbarkeit bewusst ist, kann man trotzdem vergleichen, aber eben vorsichtiger und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedingungen.
Wir neigen dazu, viele Dinge zu akzeptieren, die in unser persönliches Weltbild passen. So nehmen wir es eher hin, dass in einem modernen Staat die Todesstrafe an einem Mörder vollstreckt wird, denn dieser hat ein offensichtliches Verbrechen begangen.
Die Frau, von der du sprichst, hat in unseren Augen kein Verbrechen verübt, soll aber trotzdem hingerichtet werden, also ist die Empörung dementsprechend groß. In beiden Fällen wird ein Leben ausgelöscht, die Gründe dafür sind irrelevant, aber es liegt ein Verstoß gegen geltendes Recht in diesen Staaten vor, die diese Strafe verlangt.
Ich will das keineswegs gut heißen und verurteile das genauso, doch unsere Gesellschaft ist nicht einen Deut besser. Wie viele Kriege und Morde hat es aus "rein wirtschaftlichen" Gesichtspunkten gegeben?
Das Dogma ist nur ein anderes und ich finde, bevor wir verachtend mit dem Finger auf andere zeigen, sollten wir erst einmal unseren eigenen Dreck vor der Haustüre aufsammeln und entsorgen. Der Prediger predigt, der Demagoge hetzt und wir waschen unsere Hände im unschuldigen Luxus des Wohlstands.

Die Borniertheit, die du den Gläubigen unterstellst, ist manchmal auch nur eine letzte Zuflucht für eine Hoffnung, die sie hier, trotz allen logischen und klaren Denkens nicht mehr finden können, weil es langsam aber sicher keine moralische Instanz mehr gibt, an die sie sich halten können.

Herzliche Inselgrüße

Narvik
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Nur der fröhliche Mensch allein ist fähig, Wohlgefallen am Guten zu finden. (Kant)

Geändert von Narvik (18.05.2014 um 09:50 Uhr)
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Alt 18.05.2014, 10:55   #2
Erich Kykal
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Hi, Narvik!

Dein Argument ist gut, nur:

Ich vergleiche solche Dummheit nicht mit dem Gesellschaftssystem, in dem ich selbst lebe - dafür identifiziere ich mich viel zu wenig damit. Nein, ich vergleiche solche Dummheit immer nur mit der eigenen Vernunft und Einsichtsfähigkeit - und da schneiden diese Verbelendeten eben zumeist ziemlich schlecht ab. Das soll nicht heißen, das ich nun der um so viel bessere Mensch wäre - bloß weltoffener, toleranter und verständnisvoller in Hinsicht auf Menschenwürde und Menschenrecht.
Und übrigens: Einen Menschen zum Tode zu verurteilen, anstatt ihn beispielsweise des Landes zu verweisen, nur weil er etwas anderes glauben möchte als die gängige Doktrin, ist immer eine menschenverachtende Dummheit - oder eine menschenverachtende Drohgebärde ans eigene Volk.
Die immanente Menschenverachtung stößt mich so oder so ab - aber die darin liegende Kurzsichtigkeit, Grausamkeit und Dummheit noch mehr!

Deinem letzten Satz kann ich nicht beipfichten! Wenn es sein soll, dass so viele Menschen die Zuflucht des Glaubens brauchen - was hält sie davon ab, das für sich selbst zu leben und andere eben sein zu lassen, was sie wollen? Warum diese wütende Intoleranz gegenüber Andersdenkenden bei diesen Leuten? Natürlich - das Sichabgrenzenwollen, das Erhalten der eigenen Kultur - nur, warum ist es dazu nötig, so brutal zu sein? Wenn für die "Hoffnung" einer Mehrheit alle sterben müssen, die diese Hoffnung untergraben könnten - wie schwach und unsicher muss solch ein Glaube sein - oder wie schwach und unsicher die Mächtigen, die diesen Glauben benutzen, um sich an der Macht zu halten???

Nein, "letzte Zuflucht" IST nichts anderes als Borniertheit - das letzte Beharrenwollen eines im Hinterkopf längst einsichtigen Geistes, der sich aus Tradition, Gewohnheit oder Machtanspruch vordergründig immer noch seinem gesunden Menschenverstand verweigert und umso grausamer gegen äußere wie innere Zweifel zu Felde zieht, wie um sich selbst zu vergewissern, dass er im alleinigen Rechte handelt. So nach dem Motto: Lade so viel Schuld auf dich wie nur möglich, dann KANNST du dir nicht mehr erlauben, etwas anderes zu glauben, denn die letztendliche Einsicht in solch einen Irrtum würde dich vernichten!!!

Wenn Gesellschaften erst oder nur noch so funktionieren, wenn politisch vorgeschobene oder hirnlos übernommene gläubige Inbrunst nur dazu dienen, überkommene Systeme zu erhalten, ob in Gedanken oder Kulturen, dann nehme ich mir jederzeit das Recht heraus, solche Strukturen zu verdammen, ob in einzelnen Gehirnen oder ganzen Gesetzgebungen!

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 19.05.2014, 09:06   #3
Narvik
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Hallo Erich,

prinzipiell unterscheiden sich unsere Argumentationen nicht sonderlich voneinander.
Man muss sich nicht mir dem Gesellschaftssystem identifizieren, aber es ist nun mal vorhanden und man kann es nicht wegreden.
Ich halte es zudem für ein Problem, nur die eigenen Standards anlegen zu wollen, denn das ist genau dasselbe, was die Prediger auch machen.
Dieselbe Dummheit und Borniertheit könnten jene auch deinen Argumentationen entgegenhalten, denn ein tief verwurzelter Glaube wird in solchen Menschen zur einzigen Wahrheit. Dafür benötigen sie keine Ratio und keine Logik wird ihnen das Gegenteil beweisen können.
Die meisten Menschen leben ihren Glauben für sich selbst, weil dies etwas Persönliches und Intimes ist.
Dies in allen Fällen pauschal als Dummheit zu bezeichnen, halte ich für überzogen. Nur weil Leute wie wir keinen Halt und keinen Trost über das Leben hinaus benötigen, dürfen wir nicht in denselben Fehler verfallen, diese unsere Einstellung partout und unnachgiebig den anderen gegenüber vertreten zu wollen.
Manchmal ist dies eben ihre Art und Weise, die Welt verbessern zu wollen, auch wenn wir wissen, dass sie dabei auf dem Holzweg sind.
Sie werden im Leben keine Beweise für ihren Glauben erbringen können und du wirst keine dagegen liefern können.
Aber selbstverständlich darf jeder seinen Unmut darüber kundtun. Das tun jene ebenfalls und das Recht hat natürlich auch jeder andere.
Man sollte vielleicht nur etwas vorsichtiger mit der Wortwahl sein.
Hassprediger, Gewalttaten aus religiöser Überzeugung und solche Geschehnisse wie im Sudan lehne ich auch aus tiefster Überzeugung ab. Den Glauben an sich akzeptiere ich allerdings, denn soviel Toleranz muss sein, sonst schlagen wir uns dereinst wieder wegen solcher Dinge die Köpfe ein.
Das sollte in unserer modernen Welt doch möglichst bald ein Ende haben.
Da helfen allerdings keine verachtenden Hassparolen auf der anderen Seite.
Ein Glaube, eine Religion kann nur mit Frieden unterwandert werden, davon bin ich fest überzeugt. Nur wer solchen Menschen mit Frieden begegnet, wird beweisen können, dass seine Vorstellung von dieser Welt nicht schlechter ist, als die ihre.

Herzliche Inselgrüße

Narvik
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Alt 19.05.2014, 18:58   #4
Erich Kykal
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Hi, Narvik!

Das wollen wir mal so stehen lassen, damit kann ich mich einverstanden erklären. Ich habe ja nicht vor, wider die Dummheit in den Krieg zu ziehen - da wär ich schön dumm!
Ein Freund von mir hat es mal sehr treffend formuliert: Man darf den Leuten das knatternde Banner der Wahrhaftigkeit nicht wie einen nassen Fetzen um die Ohren hauen!

LG, eKy
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