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Liebesträume Liebe und Romantik

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Alt 01.09.2014, 11:51   #1
Walther
Gelegenheitsdichter
 
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lb Fridolin,


wenn das so einfach wäre! da gibt es zum einen die traditionalisten. diese sagen: von Platen, der/das ist es. da gibt es die fortschrittlichen, die sagen, alles bullshit, nur die sog. inneren werte zählen. ich stehe wie du hilflos in der mitte, meine aber, mich zwar an die form der altvorderen annähern zu sollen, sie aber nicht für sakrosankt halten zu wollen. an anderer stelle habe ich mich mal wie folgt in meiner sonettpoetologie geäußert:

die endreime sind m.e. ebenso wie die metrik kein konstituierendes sonettmerkmal. die wesentlichen merkmale des sonetts finden sich in seiner inneren struktur. sie sind:

* die dialogische natur der ersten beiden strophen; dabei muß es sich nicht um these und antithese handeln, es ist auch ein innen/außen gegensatz möglich
* die synthetische oder überleitungsstruktur der dritten strophe
* die moral von der geschicht oder auch "message" der letzten strophe

immer aber ist das sonett ein leer- und lerngedicht, in dessen thema sehr häufig die liebe, die schöpfung und der glaube eine wesentliche rolle spielen.

damit habe ich die moderne interpretation des sonetts zusammengefaßt, wie sie heute nicht nur von mir vertreten wird.

in der tat gibt es in meinen augen zur äußeren form folgende traditionelle schemata:

(1) das italienisch-romanische sonett, das man auch unter "nach Petrarca-Art" subsummiert.
(2) das englische sonett, das man auch "nach Shakespeare"-Art nennen kann.
(3) das deutsche barocke sonett, das sechshebig, aber nicht immer in Alexandrinern geschrieben wurde; ich nenne es einmal der einfachheit halber das "Gryphius"-Sonett,
(4) das deutsche sonett, das sich im 18. und 19. jahrhundert entwickelte; formal besonders prägend waren Friedrich Rückert (das ist der ältere der beiden) und August von Platen (der jüngere, der diesen furchtbaren streit mit Heine hatte, der am ende mit dem freitod des homosexuellen von Platen endete). meister Goethe lag zwischen beiden, hat aber hier einmal nicht prägend gewirkt, auch wenn das gewisse traditionalistInnen bis zum erbrechen wiederholen.

heute kennen wir alle reimschemata, alle metren und auch kombinierte konstruktionen. alles ist erlaubt, solange das wesen des sonetts nicht aufgegeben wird, auch das gänzliche fehlen von endreimen und metrik ist dann akzeptabel, wenn das ergebnis in sich ein sonett ist, wie ich es oben beschrieb. ich habe bereits mehrere dieser gedichte hier veröffentlicht, das aktuellste steht hier: http://www.gedichte-eiland.de/showthread.php?t=12395

ich persönlich schreibe lieber in der form, weil sie die gedanken zusätzlich "diszipliniert". aber das ist meine entscheidung. wenn man allerdings in der form schreibt, dann muß die sprache in der form wunderbar fließen. wenn man sie verbiegen muß, dann ist der text nicht gut, nicht gelungen. das sei allen traditionalisten ins stammbuch geschrieben; und genau das war auch die schwäche des werks von August von Platen, daß die form inhalt und sprache vergewaltigte. Heine hat das in seinem berühmten sonettstreit mit von Platen wunderbar aufgespießt. einfach einmal nachlesen und sich dann fragen, was von dem, was man selbst unter andere texte geschrieben hat, noch bestand hat und welche der eigenen texte überhaupt in die nähe guter dichtung kommen. ich selbst würde diese einschätzung nicht für alle meiner publizierten sonette erheben. da man selbst sich schlecht "einordnen" kann, würde ich nicht einmal behaupten, daß das für die mehrzahl meiner sonettversuche gilt.

ich hoffe, das hilft weiter. die letzte und (end-)gültige sonettdefinition ist das nicht. du wirst dich sehr schwertun, eine, die die mehrheit hinter sich versammelt, zu finden.

lg w.
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Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
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Geändert von Walther (01.09.2014 um 11:58 Uhr)
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