![]() |
![]() |
#7 |
Gast
Beiträge: n/a
|
![]()
hallo falderwald
danke für deine ausführliche antwort. sie legt eigentlich viel schöner dar, was dir in versen auf der zunge stockenblieb, obwohl dir das herz des' voll ist. als meinerseits adschliessende anmerkung zwei dinge: - dein trick mit der "drehung" der ersten zur letzten strophe funktiioniert in meinen augen nicht, a) weil er infolge "kunstvoller" verssyntax für mich nicht erkennbar war (das erste "mag" habe ich nicht als konditio aufgefasst), b) weil er durch die mittleren strophen so stark banalisiert wird, dass er eigentlich nur bestehen kann, wenn man die erste und die letzte strophe ohne den "geschwätzigen" rest liest (und dann kann ich ihm viel abgewinnen), c) die möglichkeit, das erste "mag" konditional zu verstehen, verbaut wird durch das "rot und ewig", was nicht nur in seiner schwülstigkeit, sondern auch semantisch fragwürdig ist. (würde ja an sich gut zur vagantenstrophe passen, aber dieser stil setzt sich nicht fort.) - mit sprachlichen "mythen" wie "der gutmensch", "die kriegstreiber", "die kopftuchträgerinnen", "der ewige Jude" usw. usf. zu operieren, mag bei forendichtern beliebt sein, aber bei unser aller vorbildern findet man so was mMn nicht. vielleicht kannst du mich da anderweitig belehren. schönen mittwoch! wolo -------------------------------------------------------------------------------------- auch der grosse goethe hat vagantenstrophen geschrieben. aber er hat das grosse thema wunderschön der kleinen form angepasst (durchaus mit passenden stilistischen konzessionen): 1. Sah ein Knab' ein Röslein steh'n, Röslein auf der Heiden, War so jung und war so schön Lief er schnell es nah zu seh'n Sah's mit vielen Freuden Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden. X x X x X x X X x X x X x X x X x X x X X x X x X x X X x X x X x X x X x X x X X x X x X x 2. Knabe sprach: "Ich breche dich, Röslein auf der Heiden." Röslein sprach: "Ich steche dich, Daß du ewig denkst an mich, Und ich will's nicht leiden." Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden. 3. Und der wilde Knabe brach 's Röslein auf der Heiden; Röslein wehrte sich und stach, Half ihm doch kein Weh und Ach, Mußt es eben leiden. Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden. und auch mein als prosaiker höchst verehrter gottfried keller hat ein berühmtes beispiel: Wende dich, du kleiner Stern, Erde! Wo ich lebe, Dass mein Aug, der Sonnen fern, Sternenwärts sich hebe. doch auch er enthält sich der akrobatik, wenn er auch nicht ganz aufs pathos verzichten mag (wohl zum ausgleich zu seinen pros-werken...) und nochmals goethe: Als ich still und ruhig spann, Ohne nur zu stocken, Trat ein schöner junger Mann Nahe mir zum Rocken. Lobte, was zu loben war, Sollte das was schaden? Mein dem Flachse gleiches Haar Und den gleichen Faden. Ruhig war er nicht dabei, Ließ es nicht beim alten; Und der Faden riß entzwei, Den ich lang' erhalten. Und des Flachses Steingewicht Gab noch viele Zahlen; Aber ach, ich konnte nicht Mehr mit ihnen prahlen. Als ich sie zum Weber trug, Fühlt ich was sich regen, Und mein armes Herze schlug Mit geschwindern Schlagen. Nun, beim heißen Sonnenstich, Bring ich's auf die Bleiche, Und mit Mühe bück ich mich Nach dem nächsten Teiche. Was ich in dem Kämmerlein Still und fein gesponnen, Kommt – wie kann es anders sein endlich an die Sonnen. Geändert von Falderwald (27.02.2015 um 20:28 Uhr) Grund: Beiträge zusammengeführt |
![]() |
Lesezeichen |
Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1) | |
|
|