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Liebesträume Liebe und Romantik

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Alt 17.11.2015, 21:56   #1
charis
/ Bil-ly /
 
Registriert seit: 02.10.2015
Beiträge: 435
Standard Schauen

Mit einem Male ist das Laute still.
Die Chöre der Zikaden schweigen.
Nichts tönt mehr drängend schrill,
und alles will sich vor dem Mond verneigen,

der mürrisch blass am Himmel blüht,
die Wasser zieht wie schwarze Laken,
die - träge nun - sich wiegen, müd
den kahlen Fels zu schlagen.

Das blasse Licht ist seltsam heimatlos
und fremd das Glitzern auf den Wogen.
Wie Engelscharen in den dunklen Schoß
gezogen, gefallen wohl, vom Mond belogen.

Die Wellen gurgeln, klatschen leis,
auf Zehenspitzen scheinen sie zu schleichen
um diese rauhen Küsten als Beweis,
dass Weiches nie wird Hartem weichen...

Und dieses Schauen mag den Schmerz
geduldig heilen, doch dein Kuss schmeckt bitter
nach Lavendel, und in meinem bangen Herz
trifft Licht auf Diamantensplitter.

Geändert von charis (20.11.2015 um 09:10 Uhr)
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Alt 18.11.2015, 11:22   #2
Lailany
Kiwifrüchtchen
 
Benutzerbild von Lailany
 
Registriert seit: 23.05.2009
Ort: nördlich von Auckland/Neuseeland
Beiträge: 945
Standard

Kia ora charis,
phantastische Bilder wortest du hier und ich bin schon ein paarmal drum rumgeschlichen, aber zu keiner klaren Interpretation gekommen. Egal, ich versuchs, wär nicht das erste Mal, dass ich ins Fettnäpfchen trete.

Es steht in "Liebe", die Wehmütigkeit, die ich verspüre, deutet wohl auf einen Abschied hin.
In der letzten Strophe lese ich zwar winzige Hoffnungsfünkchen, die es aber nicht wagen, aufzublitzen, zu groß ist Unsicherheit und die Ahnung, dass es zu einer Trennung kommt.

Sehr schöne, originelle Bilder hast du hier gezeichnet, meine Favoriten sind
"der Mond, der die Wasser wie schwarze Laken zieht".
Genau so sieht die Wasseroberfläche bei Nacht wirklich oft aus, du hast es so gelungen beschrieben, dass ich das Bild direkt vor Augen hab.

"Das blasse Licht ist seltsam heimatlos..." wunderschöne Poesie, anrührend, hilflos, traurig. Dafür gibts sofort zwei PoetenBlüm

In S2 Z3: müsste es nicht wiegend heissen?
Wenn "wiegen" das ist, was du willst und hast, dann müsste das Komma nach "nun" weg.

Fein gelungene Enjambements.

Für meine Interpretation würde "betrogen" besser passen anstatt belogen. Aber ich weiß ja noch nicht mal, ob ich richtig liege.

Sehr gern gelesen, sehr gern mit beschäftigt und besenft.

HG von Lai
__________________
.................................................. ...........................................
"Manchmal ist es so demütigend, ein Mensch sein zu müssen..." Erich Kykal
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Alt 18.11.2015, 13:54   #3
juli
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Liebe charis :)

Dein Gedicht ist unter " Liebesgedichte" gepostet. Es liest sich wie ein surreales Gemälde. Deine Bilder aus der Natur verzaubern und veranlassen weiterzulesen.

Auf jeden Fall handelt es sich nicht um eine glückliche Liebe, die Bilder sind melancholisch und klagen an. Es könnte sich um verratene Liebe handeln, von einem Bruch.

Deine letzte S., in der das Wort " Schauen " vorkommt, interpretiere ich so, als hinterherschauen, oder in eine Vergangenheit schauen. Es sollte heilen, aber Diamantensplitter, sind zwar schön, sie sind aber auch hart und grell, eher etwas für das Ego, nichts fürs Herz, das was in der Vergangenheit passiert ist, kann wohl nicht geheilt werden....

Ich weiß nicht, ob ich richtig liege, doch deinen Stil mit den farbigen Bildern mag ich ausgesprochen gerne.

Meist sage ich etwas Positves, aber ich suche mir auch immer Gedichte aus, mit denen ich etwas anfangen kann. Deines ist es!

Liebe Grüße sy
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Alt 18.11.2015, 16:54   #4
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Charis!

Mit einem Male ist das Laute still.
Die Chöre der Zikaden schweigen.
Nichts tönt mehr drängend schrill,
und alles will sich vor dem Mond verneigen,

Hebungsschema S1: 5435

der mürrisch blass am Himmel blüht,
die Wasser zieht wie schwarze Laken,
die träge nun, sich wiegen, müd
den kahlen Fels zu schlagen.

Hebungsschema S2: 4443

Das blasse Licht ist seltsam heimatlos
und fremd das Glitzern auf den Wogen.
Wie Engelscharen in den dunklen Schoß
gezogen, gefallen wohl, vom Mond belogen.

S3: 5455 (letzte Zeile Senkungsprall "gezogen, gefallen")

Die Wellen gurgeln, klatschen leis,
auf Zehenspitzen scheinen sie zu schleichen
um diese rauhen Küsten als Beweis,
dass Weiches nie wird Hartem weichen...

S4: 4554 (letzte Zeile Inversion)

Und dieses Schauen mag den Schmerz
geduldig heilen, doch dein Kuss schmeckt bitter
nach Lavendel, und in meinem bangen Herz
trifft Licht auf Diamantensplitter.

S5: 4564 (betonter Auftakt in Z3)

Keine 2 Strophen halten dasselbe Schema - von Ebenmaß ganz zu schweigen! Für musikalische Menschen mit "Taktgefühl" ist dies hart zu lesen, so schön auch die Sprache ist!
Das Kadenzenschema ist interessanterweise sauber und ebenmäßig: Alle Strophen haben mwmw.

Ich versuche mal eine Version mit gleichmäßig 4 Hebern pro Zeile:

Ganz plötzlich ist das Laute still,
die Chöre der Zikaden schweigen.
Es tönt nicht mehr so drängend schrill,
und will sich vor dem Mond verneigen,

der mürrisch blass am Himmel blüht
und Wasser zieht wie schwarze Laken,
die träge nun sich wiegen, müd
an jeden kahlen Fels zu schlagen.

Das Licht ist seltsam heimatlos
und fremd das Glitzern auf den Wogen,
wie Engel, in den dunklen Schoß
gezogen und vom Mond belogen.

Die Wellen gurgeln, klatschen leis,
behutsam scheinen sie zu schleichen
um diese Küsten, zum Beweis,
dass Zarte nie dem Harten weichen.

Und dieses Schauen mag den Schmerz
geduldig heilen, doch zu bitter
schmeckt dieser Kuss. Im bangen Herz
trifft Licht auf Diamantensplitter.

Auch Hebungsprall und falscher Auftakt sind korrigiert. Nimm, was dir brauchbar erscheint.

Sehr gern gelesen. (Die Conclusio kommt mir bekannt vor - habe ich das schon mal anderswo kommentiert?)

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
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Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (18.11.2015 um 16:59 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.11.2015, 19:52   #5
charis
/ Bil-ly /
 
Registriert seit: 02.10.2015
Beiträge: 435
Standard

Liebe Lai , liebe Sy, lieber Eky

Herzlichen Dank für eure intensive Beschäftigung mit meinem Gedicht.
Ich freuen mich sehr darüber!

@lai
Das Komma in S2V3 ist einfach falsch. Ich habe es schon korrigiert. Ich wollte eine Sprechpause erschummeln, um der Inversion sozusagen Nachdruck zu verleihen. Es müsste ja richtig heißen: "die sich nur noch träge bewegen und sich einfach nur noch (in den Schlaf) wiegen wollen, "es müde sind" = keine Lust mehr haben, den Fels zu schlagen=ihn zu besiegen=dagegen anzubranden.

"belogen" möchte ich lassen - der Mond hat ihnen einfach etwas Falsches erzählt - vielliecht den Himmel auf Erden versprochen?

@Sy und Lai: Danke für eure Interpretationen, die dem sehr nahe kommen, was mich bewegte. Es geht hier um Menschen, die schon einige Lebens- und Liebeserfahrung hinter sich haben und das Li, stellt sich die Frage, ob die so "gezeichneten" Menschen noch eine Chance auf "Heilung" ihrer (Liebes)wunden haben, je nachdem, wie der Leser den bitteren (Lavendel)kuss und die Diamantensplitter auslegen mag - eure Auslegungen waren daher sehr interessant für mich.

@Eky: Vielen Dank für deine Mühe! Ich bin immer wieder erstaunt wie du das machst.

Ja, du hast es schon einmal bearbeitet. Das Gedicht habe ich im Sommer geschrieben, damals hast du es 5-hebig bearbeitet. Wobei ich sagen muss, dass mir die nun vierhebige Version viel besser gefällt, weil sie straffer ist.

Ich habe damals geschrieben, dass ich mit etwas Abstand noch einmal über dieses Gedicht nachdenken werde. Nun habe ich das gemacht: Ich mag es nicht glätten.

Ich kann mich von diesen Unregelmäßigkeiten nicht trennen, sie gehören zum Leben der Protagonisten, sie spiegeln für mich auch den Rhythmus des Meeres, der mich inspiriert hat - damals im Sommer, als ich "schaute".

Die Kadenzen sollen es in gewisser Weise zusammenhalten, wie Ebbe und Flut und die Mondphasen, aber dazwischen gibt es viele Nuancen, die kleinen und großen Wellen, die an die Küsten branden oder nur leise plätschern, alles ziemlich "unberechenbar und taktlos".

Wir sehnen uns im Leben nach verlässlichen Strukturen (=Sicherheit); nur leider gibt es diese nicht. Alles ist Veränderung und unberechenbar. Vielleicht klammern wir uns gerade deshalb so sehr an Strukturen und Regeln in der Lyrik (?). Aber keine Sorge, ich bin kein lyrischer Anarchist, ich verstehe dich sehr gut und möchte deine Bearbeitungen und Anregungen nicht missen, ich lerne immer wieder sehr viel daraus.

Lieben Gruß
charis
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