26.04.2016, 00:34 | #1 |
/ Bil-ly /
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Hyänengleichnis
Held, von ausgezehrter Gestalt, vom Mut lang verlassen,
räudig grau, fast zahnlos, die Pfoten von Dornen zerstochen, huschst du geduckt durch dürre Savannen, Verwesendes suchend. Feige tückischen Blicks beäugst du die widrige Welt aus blutunterlaufenen Augen. Dein Leben ist ständiges Hungern, Geifern und Flucht im ungleichen Ringen mit wehrhaften Geiern, Kampf um stinkende Reste von weichen Gedärmen, verschmäht vom Löwen mit glänzendem Fell, der, thronend am schattigen Felsen, stolz und gähnend, gesättigt vom saftigen Fleisch seiner Beute, die Arena nun dir überlässt - und hunderten Geiern. Geändert von charis (29.04.2016 um 17:47 Uhr) |
26.04.2016, 12:07 | #2 |
Gast
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Hallo charis,
Das ist ein nachdenkliches Werk oder Düsteres. Auf jeden Fall für DIVERSE zu schade.
Ich schaue mir ja gerne Tiere im Fernsehen an, und da erlebe ich die Hyäne als Aasfresser, selten jagt sie auch, aber meist frisst sie die Reste, die von den Anderen zu Tode gejagt wurden. Du schreibst im Titel auch "Gleichnis", also müßte ich das hier auf Menschen übertragen, und dann sehe ich jemanden, der sich auf jene Menschen stürzt, die schon von Anderen fertiggemacht wurden! Ein Mitschläger sozusagen. Ist das zu drastisch? Mir fallen Holligans ein. .... aber das sind keine Helden? Du schreibst ja als erstes Wort, "Held". Dein Gedicht besteht aus nur zwei Sätzen. Es hat durch seinen abwechslungsreichen Takt, einen ganz besonderen Charme, es wirkt düster. Das Thema ist aber interessant. Ich weiß nicht ob ich den Sinn hier richtig erfaßt habe, aber ich habe dein Gedicht sehr gerne gelesen und mir meine Gedanken gemacht. Liebe Grüße sy |
27.04.2016, 11:45 | #3 |
ADäquat
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Liebe charis,
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27.04.2016, 17:53 | #4 | |
/ Bil-ly /
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Liebe Syranie, liebe Chavali,
Also das ist in Hexametern geschrieben, das Distichon besteht aus einer Zeile Hexa und eine Zeile Penta (=sechshebig, aber mit einem Hebungsprall in der Mitte und männlicher Kadenz) Zitat:
Aber bei mir ist es ein "Antiheld" geworden. Aber ich dachte, man könne mit meinem Held Mitleid haben oder ihn sogar bewundern, jedenfalls mehr als diesen glänzenden Helden Hektor, mit seinen vorzüglichen Anlagen und seiner jugendlichen Kraft. Der Hyäne haben wir Menschen einen schlechten Ruf angedichtet (so kann man Menschen manipulieren ), aber in Wahrheit ist sie einfach ein Tier unter anderen Tieren, das sich seinem Lebensraum anpasst und wohl ein ebenso mutiger Jäger wie der Löwe, auf die menschlich Begriffe, wie Gut und Böse, feige, verschlagen, Räuber in Wahrheit nicht zutreffen. Für mich ist diese Hyäne jedenfalls ein wahrer HeldIn, denn er (oder auch sie) muss unter denkbar schlechtesten Voraussetzungen ums Überleben kämpfen. Ein Gleichnis über alle Verlierer unsereres Gesellschaftsystems vielleicht? Vielen Dank für eure Kommentare und das Teilen eurer Gedanken dazu. Lieben Gruß charis p.s. Chavali, ja wenn ihr meint: Kannst du es bitte in "Finstere Nacht" (oder passt doch eher die Denkerklause, entscheide du) verschieben? |
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27.04.2016, 18:11 | #5 | |
ADäquat
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Liebe charis,
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27.04.2016, 23:29 | #6 |
Gast
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Naja, nur ist das Subjekt falsch.
Ach gottlobe! Ich wollte schon zum Ixen anfangen, weil ich keinen Hebungsprall erkennen konnte, und auf ein einfaches metrisches Konstrukt zu stossen dachte, wie zB Daktylus oder Hexameter. Hm, ja, auf Voß zu stossen in den eifrigen Recherchen übers Distichon! Voß müsste eigentlich berühmt sein mE, unter den Dichtern, der hat sogar Goethe korrigiert... . Was Voß da anscheinend getrieben hat, Altgriechisch zu übersetzen, oder was weiss ich nicht noch Alles, ist schon eine extreme metrische Elite! Also, Goethe, Schiller, Voß, Mörike, Hölderlin, sollte man sich schon mal zu Gemüte führen bei metrischen Vorstössen! Und nein, ich habe das NICHT getan, ich ahne das nur. Ich will nicht irgendwas lesen wie dieses Homer-Geplapper! 24 Bücher, zigtausend Verse, und das ist "nur" der Kern all der Schriebe! Wie kriegt man sowas voll? Indem man herzerfrischend endlos plappert, wie eine Oper, dauert zwar zehn Stunden, aber bekannt auf der Welt, sind exakt die zehn Sekunden, die nicht aus seichten musikalischen Plattitüden bestehen... ich habe mich dafür entschieden, die Seichtheit eines Geplappers von Plattitüden einfach wegzulassen, und mich aufs Wesentliche zu beschränken. "huscht du geduckt" oder "huschst du geduckt" ? Ich kaufe dem Konstrukt das Subjekt, die Hyäne, nicht ab. Hyänen mögen bei Menschen verschrien sein, aber die haben mE das stärkste Gebiss aller Viecher, können Knochen zerbrechen wie Nichts, haben ein krass hierarchisches, intelligentes Rudelverhalten, können sowohl selbst jagen als auch Aas fressen, und es gibt mE einen YouTube Clip, in dem man per Nachtsicht sieht, wie nächtlich, ein Rudel Hyänen, einen Löwen plattmacht. Oder zB Hyänen, die einen Leoparden plattmachen, und dessen Geschwisterchen flüchtet auf einen scheiss Baum in der Savanne! Erstens, wenn es heisst, Hyäne oder Löwe, würde ich auf die Hyäne setzen. Fünf weibliche Löwinnen, umringt von dreissig hungrigen Hyänen, das ist so das Kräfte-Ungleichgewicht, wenns heiss hergeht um ein Stück Aas. Und zweitens, machts eine scheiss alte, zahnlose, halb kaputte Hyäne garantiert nicht so pathoslastig wie siehe droben! Die ist ganz einfach zu schnell tot für Pathos! Ich persönlich attestiere charis sehr viel Mutigkeit, sehr viel dichterische Freude, sehr viel Feuereifer, zu experimentieren, und sich sprachlich und metrisch zu erheben! Aber das Subjekt muss schon stimmig sein, dann die Worte, dann das Konstrukt. Womöglich ist User/in charis selbst auf die Vorurteile was Hyänen anbelangt, hereingefallen. Weil so, wies da droben beschrieben steht, es wohl nicht ist. Selbst, wenn ich das Subjekt des Gedichts irgendwie "vermenschliche", oder "vergleichnisse", woa geiles Wort, ist das ne Wortneuschöpfung?, kauf ichs dem Gedicht nicht ab. Sry! Aber naja. Der Dichter auf der Suche nach dem perfekten Gedicht! |
29.04.2016, 16:55 | #7 | |
/ Bil-ly /
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Zitat:
Hallo ana, Danke für deinen Eintrag und das Würdigen meines Bemühens. Ja, dass du mir das Subjekt nicht abkaufst - da kann ich nix dagegen machen, aber Pathos sehe ich hier eigentlich keines, ich finde, dass ist eher eine nüchterne Beschreibung von Tatsachen. Ja, und wer sagt denn, dass die zahnlose Hyäne diesen Kampf in der Arena mit den Geiern überleben wird - man weiß nur, dass sie bis jetzt irgendwie überlebt hat? Der Löwe braucht sich jedenfalls keine Mühe mehr machen, die ohnehin schon dem Tode geweihte Hyäne umzubringen, wozu auch - sie macht ihm seine Beute bestimmt nie mehr streitig. Außerdem übe ich hier weniger das Philosophische sondern mehr die "Sinnlichkeit" und "Bildhaftigkeit", die der Hexa oder auch das Distichon brauchen - siehe eben das "Pferdegleichnis". Das "Endlosgeschwurbel" von Homer & Co hatte einen Sinn: Sie waren Erzähler - und man muss sich auch bewusst machen, dass es damals noch keine Reizüberflutung durch digitalen Bilder gab. Heute - (oder wir Erwachsene, bei Kindern ist das noch anders) - leben wir in einer Welt von "Begriffen" (Symolismus?) und die moderne Lyrik würde am Ende überhaupt am liebsten das eine Wort (er)finden, das das ganze Universum zusammenfasst und das möglichst verfremdet - also, sich vor dem Erzählen in eine Art Zustand vor dem Urknall flüchten - dazu fällt mir gerade etwas ein, ich hab das Wort: "Licht Mause Fall-(e)" - wobei das natürlich sehr ok ist. Aber man muss sich das einmal bewusst machen, denke ich, (und da muss ich mich eben auch selbst an der Nase nehmen! - meine "Unschuld" ist überfrachtet mit Symbolismus) - überhaupt als Schreiber und vor allem, wenn man mit diesen alten Formen spielen will - und wohl auch damit üben. Das "Pferdegleichnis" ist jedenfalls eine Art Arie! Spätere Dichter haben sich immer wieder an diesem Pferdegleichnis versucht. Lieben Gruß charis Geändert von charis (29.04.2016 um 18:19 Uhr) |
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29.04.2016, 19:02 | #8 |
Gast
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Ruhmreich!
Hast du gut gesagt. Stimmt auch zum Teil. Obwohl ich glaube, dass es schon damals unter den 95 % altgriechischen Analphabeten Viele gab, die, anstatt Homer vorgetragen zu bekommen, lieber Krieg führen und/oder Vögeln wollten... . Ich bin halt nur extrem schreib- und lesefaul, denke ich. Obwohl ich grade, mir zwei "neue" Bücher gekauft habe, gebraucht für sechs Euro, von Eberhard Zangger, was über Atlantis/Troja, und was über Gross-Ahhijawa/Westküste, anscheinend, beide Theorien, beider Bücher, ich noch VOR dem ersten Aufschlagen, ablehne, aber das wird sicherlich interessant, auch wenn beide Bücher von 1994/1996 sind, und mein laienhafter "Wissensstand", danke Wikipedia, anno 2016, über den Untergang der Hethiter und den berühmt-berüchtigten Seevölkersturm, wohl Zanggers Spekulationen deutlich überragen wird. Dabei stiess ich natürlich auch auf Homers Ilias, und auf Platons Atlantis-Gleichnis. Und las mich gerade schlau über den Peloponnesischen Krieg, Sokrates hat da anscheinend mitgekämpft, aber das wusste ich schon, dass der aktiver Hoplit in echten Kriegen war! Dass die Ilias womöglich, alt-griechisch, eher alt-albanisch ist, und dass das keine Heldensagen von Alt-Griechen sind, sondern von Pelasgern, Alt-Albanern. etcpp. Hochinteressant. ~~~ "eine nüchterne Beschreibung", als hochgestochenes Hexameter-Konstrukt??? Hahaha, welch Einschätzung. Man könnte ein Kuchenrezept in einem aufwändigen Hexameter verfassen, und es wäre daran nichts Nüchternes mehr... . Link: Quijote träumt Dass wir uns nicht missverstehen! Deine Bemühungen bezüglich des Hexameters, Pentameters, Distichons, tragen offensichtlich beste Früchte! Es ehrt und ziert dich ungemein, und ich bin froh, dass es solch edle Dynamik und Beweggrund in einem Lyrik-Forum gibt! Wozu eine Bemühung tadeln, die sicherlich super Sachen schreiben kann. Das ist ja schliesslich auch der Grund, weswegen ich da selbst hinwill: Weil diese teil-barocken, aufwändigeren Formen, einfach viel mehr Platz für blumige, rhetorische Rede lassen, weil sie eine lyrisch reifere, höhere Rhetorik fordern, und zugleich zulassen, dass man gute Worte hinein begeben kann, das ist ein sehr gediegener Guss, der grosse Freude bereiten kann! Genau deshalb erfand ich ja meinen Amphibrachys-Schweif, den man ja belächeln mag wie man will, oder meine "Naivität" diesbezüglich. Deshalb besah ich mir das Distichon, und erfand meinen Rebellon-Schweif, wiederum, mag mans belächeln wie man will, aber das sind nützliche, fruchtbringende Bemühungen und Ausschweifungen, auf Pfaden, so breit wie die Prachtstrassen Alexandrias, und ruhmreich beschritten, von altvorderen Helden! Ich lobe deine reichlichen, reichen Bemühungen! Das ist doch nichts Schlechtes, daran sich zu üben, und da sich zu üben, wo vor uns, schon gute Geister übten! Ganz im Gegenteil. Da ist man ganz plötzlich in bester Gesellschaft! Das freut mich für dich!!!!!!!! Ach ja, dieses eine Wort gibt es schon: Näklysie. |
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