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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 17.08.2016, 16:08   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Koko!

Natürlich sind nicht alle Teil oder Opfer dieser Stürme, aber Teil irgendeines Systems ist so gut wie jeder. Bei dieser Sicht geht es auch nicht um Einzelschicksale, sondern um eine Art Weitwinkelperspektive auf die gesamte Menschheitsgeschichte bis zum heutigen Tag.

Ein Denkanstoß: Warum spricht der Historiker nie von großen Erfindungen und langen Friedenszeiten, sondern immer von großen Feldherren und potenten Herrschern? Wir messen unsere Geschichte in Eroberungen und Kataklysmen, zumindest bis in die Neuzeit. Woran wird man sich in tausend Jahren noch unterhalten, wenn vom 20. Jhdt. die Rede ist? Hitler, Stalin, die Weltkriege, die Atombombe, der kalte Krieg möchte ich wetten! Erst danach kommen, wie als Entschuldigung, noch andere menschliche Errungenschaften wie die Mondlandung, das Antibiotikum, E=mc2...

Solang es um zeitnahe Geschichte geht, kennt man auch viele positive Namen aus sozialen Bereichen, Erfinder, Forscher usw. (Einstein, Gandhi, Mutter Teresa, Hubble, Hawking, ...), aber je länger eine Epoche zurückliegt, desto mehr bleiben nur martialische Erinnerungen lebendig: Eroberer oder jene, die sich solchen erfolgreich in den Weg stellten.
Es ist fast so, als könnte man dann langfristig im Menschheitsgedächtnis verankert bleiben, wenn man möglichst brutal und gnadenlos möglichst viele Eroberungen gemacht hat: Dschingis Khan, Napoleon, Caesar, Alexander, Hannibal ... - Wer kennt heute noch die Herrscher davor oder danach, die verhältnismäßig sozial und gerecht regierten und keinem weh taten? Sagt dir der Name Solon etwas?

Nebenbei: Den kürzesten Ruhm haben - gemessen an ihrer Beliebtheit und Bekanntheit zu Lebzeiten - Kulturschaffende: Musiker, Maler, Bildhauer - am wenigsten interessanterweise die Schauspieler, die heutzutage meist die bekanntesten Namen sind - aber auch als erste vergessen werden. Gemessen an der Menge der überlieferten Feldherren und Könige sind hier die wenigsten Namen im Langzeitgedächtnis verblieben: Ab Da Vinci, Michelangelo und Konsorten sind einige überliefert, aber davor wird es spärlich. Vielleicht noch Phidias, aber weiter davor gibt es kaum noch Namen. Wird ein Van Gogh in tausenden Jahren noch Bedeutung haben? Ein Bild vielleicht, wenn es so lang überdauert - aber gibt es dann noch einen Namen dazu? Alles was der Mensch erschafft, geht unter, wird vernichtet, zumeist von anderen Menschen, denen anderes wichtig ist, zuletzt aber von der Zeit.

Zuletzt: Mein Gedicht unterscheidet nicht "gut" oder "Böse", es zeichnet nur ein Bild davon, wie ich die Menschenwelt sehe, und die Menschen als Punkte in kollidierenden Galaxien sich nur ein gleichnishaftes Bild dafür, wie Menschen in großen Zusammenhängen interagieren.
Diese großen Strömungen sind praktisch geistlos und kaum kurzzeitig beeinflussbar! Schon eine Gruppe von 50 Leuten (ohne anerkannten Anführer) hat, wenn sie gemeinschaftlich handeln soll, die Intelligenz eines Laubfroschs! Wenn Millionen sich bewegen, sind die Systeme entsprechend träger - sie können also auch kaum einander ausweichen.
Im Augenblick kollidiert das System "Islam" langsam, aber unaufhaltsam mit dem System "Westen" - die ersten Reibungen an den Rändern sorgen bereits für Turbulenzen. Können die wenigen jeweiligen Schlüsselelemente (Politiker, Denker, Vorbilder) ihre Systeme rechtzeitig anhalten oder umlenken? die Zeit wird es weisen ...

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (18.08.2016 um 23:16 Uhr)
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Alt 18.08.2016, 16:47   #2
Wodziwob
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Zitat:
Zitat von Erich Kykal Beitrag anzeigen
Schon eine Gruppe von 50 Leuten (ohne anerkannten Anführer) hat, wenn sie gemeinschaftlich handeln soll, die Intelligenz eines Laubfroschs!
Ähm... wie viele aktive Mitglieder hat denn das Eiland? Nur so ne Frage.
Außerdem sind Laubfrösche ausgesprochen clever.

Aber Spaß beiseite. Ein kleiner Auszug aus meinem Buch, der meines Erachtens ganz gut zu Deinem Gedicht passt.

Der alte Chinese meint dazu, ich solle mir nicht unnötig den Kopf zermartern deswegen, die Erde sei ein verlorener Planet und dem Untergang geweiht, seit der erste Mensch sich aus dem Buschgras erhoben habe, auf seine Hinterbeine gestellt und aufgerichtet, das sei eine Art kosmisches Naturgesetz und ließe sich nicht vermeiden.

Der Akt der Bewusstwerdung sei gleichzusetzen mit einem Todesurteil für die in diesem speziellen Falle Spezies Sapiens und zugleich für alle von ihr gewaltsam unterworfenen und ihrem Gutdünken ausgelieferten Mitlebewesen, diese unaufhaltsame Entwicklung sei eine zwangsläufige Begleiterscheinung des Selbstfindungsprozesses sogenannter Intelligenz und in den unendlichen Weiten und Räumen des Weltalls weder außergewöhnlich noch eine Seltenheit. Die Erkenntnis des Ich und Selbst welcher Entwicklungsstufe und Art auch immer ziehe unweigerlich die Vernichtung derselben nach sich, weil sie ihre bewusst erfahrene und gedanklich nicht fassbare Existenz aufgrund der unabwendbaren und als ungeheuerlich empfundenen Sterblichkeit weder ertragen noch handhaben könne und unbewusst aber sehr zielstrebig und erfolgreich ihre Selbstzerstörung anstrebe, um in dieser gegengerichteten Überreaktion dem Unausweichlichen auszuweichen, dem sicheren Tod zu entrinnen und Unsterblichkeit zu erlangen. Das höre sich für menschliche Ohren und ihre beschränkten Empfänger unlogisch und widersinnig an, sei es aber mitnichten, sondern zwingend folgerichtig und vom Universalschöpfer des Universums durchaus so gedacht und gewollt, wenngleich auch andere Lösungswege in Betracht gezogen werden könnten, die jedoch für den Energiekörper des Erdballs und seine spezifische Beschaffenheit weder geeignet noch notwendig seien, da seine Zusammensetzung ohnehin dem Prinzip der Endlichkeit unterworfen und dieses auf diese Weise lediglich einer zweckmäßigen Beschleunigung unterzogen werde, die nichts ändere am Ergebnis und somit keinerlei Einfluss habe auf dasselbe.

Die kosmologische Theosophie meines chinesischen Freundes ist mir bisweilen schlicht zu hoch.

Wie bitte soll ich es anstellen, mir über etwas, das ich aus Erfahrung und durch Beobachtung so halbwegs sortieren kann, nicht unnötig den Kopf zu zerbrechen mit Hilfe von etwas, das ich hinten und vorne nicht verstehe trotz unzähliger nervtötender Erklärungsversuche, die von mal zu mal unverständlicher werden, und endlos verschachtelter Vorträge meines gelbhäutigen Philosophen oder als was immer er selbst sich bezeichnen würde? Rein gefühlsmäßig aus dem Bauch heraus verstehe ich ihn so, dass es völlig bedeutungslos ist, was mit einem und um einen herum geschieht, weil man ohnehin nichts dafür oder dagegen machen kann und alles ist, wie es eben nun mal ist und wohl auch sein soll. Das Dumme daran ist nur, dass ich ihm nicht das Gegenteil beweisen kann oder vielmehr will, weil es womöglich kein solches gibt.



Liebe Grüße
Wozi


Geändert von Wodziwob (27.08.2016 um 09:54 Uhr) Grund: Auszug
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Alt 14.10.2016, 15:38   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Wozi!

Dabei ist die Lösung so einfach: Es hängt alles von der Größe des gedanklichen Bezugsrahmens ab:

Für den Einzelnen spielen in seinem täglich stattfindenden entropischen Leben viele Dinge und Ereignisse eine Rolle, die ihn physisch wie psychisch direkt betreffen und verändern können. Einen dementsprechenden Grad der Wichtigkeit wird er ihnen beimessen.

Für das Volk oder den Kulturkreis, in dem er lebt, gehen die Uhren anders, langsamer. Veränderungen sickern nur zögernd ins Volksbewusstsein, darum wird es lieber gesteuert, als selbstbestimmt zu agieren. Ist schneller und einfacher. Das Individuum spielt eine untergeordnete Rolle.

Auf die ganze Menschheit bezogen spielt das Enzelschicksal - bis auf wenige Ausnahmen - keine Rolle mehr, hier gint es aber schon längst keinen Plan, keine Vision mehr - zu vielfältig und unterschiedlich die kulturellen/ideellen Interessen.

Bezogen auf das ganze Universum ist die unsere Existenz völlig irrelevant. Es spielt keine rolle, ob es uns gibt, und in einer Milliarde Jahre wird es keine Rolle spielen, dass oder ob es uns je gegeben hat.

So betrachtet ist natürlich alles, was wir auch immer tun, völlig sinnlos, denn es macht immer weniger Unterschied, je größer der Bezugsrahmen wird.
Das Urteil über Sinn und Unsinn unseres Handelns und unserer Existenz hängt also primär davon ab, in welchem Bezugsrahmen der jeweilig Urteilende denkt.

Fazit: Schon aus diesem Grunde ist also jedwede Antwort auf Sinnfragen rein subjektiv, bestenfalls missverständlich und somit ebenso sinnlos wie das, was sie beantworten soll. Aber das raffen die meisten Erdenbürger nun mal leider nicht ... - Darum gibt es immer noch Religionen, Welterklärungsmodelle aller Art, esoterisches Wischiwaschi, Gurus und Motivationstrainer!

LG, eKy
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Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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