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Alt 27.11.2016, 13:55   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard Heimatlande

Ihr Lande, deren sanftem Schwung ich angehöre,
als wüsste meine Seele sich darein zu schmiegen,
um über Tal und Kuppe wie ein Kuss zu liegen -
ihr grünen Hügellande, die ich mir beschwöre,

wenn fern der Heimat sich die Abende verschweigen,
wo Nebel steigen aus entwurzelten Gedanken,
da Herz und Sinne mir wie Laub im Winde wanken
und wunde Augen mir nur kalte Dinge zeigen.

Ihr Lande, die mir Trost und eine Heimat wissen,
wenn müde von der Welt mein Unruhgeist sich bettet
und all sein Gutes in die stille Andacht rettet,
darin er sanfter ruht mit schweigendem Gewissen -

ihr seid mein Trost in manchen ausgezehrten Stunden,
die nackt und ungestalt um mein Erkennen flehen,
da ich im Schlimmsten weiß: ich darf euch wiedersehen,
und was euch einzig macht und meinem Herz verbunden.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 27.11.2016, 19:42   #2
Dana
Slawische Seele
 
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Lieber eKy,

eine wunderschöne Ode an das Heimatland - und "Heimatlande, ihr Lande" unterstreichen eine langjährige Treue.
Ich erinnere noch sehr gut an eine fast schmerzhafte Sehnsucht nach dem Heimatlande, weil es damals nicht sicher war, ob es ein Wiedersehen gibt.
Es gab dann doch mehrere und alles wurde wieder gut.
Trotzdem erwische ich mich immer noch dabei, dass ich dem Heimatlande nach wie vor sehr verbunden bin, indem ich behaupte, dass "bei uns zu Hause" die Wiesen bunter, die Wälder rauschender, die Seen klarer und die Sommer heller gewesen sind.

Sehr, sehr gern gelesen.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 27.11.2016, 20:15   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Dana!

Schön darüber nachgesonnen!

Ist es nur die bloße Vertrautheit mit Anblick und Gerüchen, die uns so fühlen macht? Das Sich-geborgen-Fühlen in Erinnerungen an unbeschwerte Kindheit, die sich dort entfaltete?

Wie schmerzen uns Veränderungen von Orten, die wir lange nicht besuchten, denn in uns waren sie so geblieben, wie sie waren, als wir fortzogen. Die Zeit steht aber natürlich nicht still!

Ist unser Gefühl für Heimat also doch nur eine Illusion, die wir uns selbst schaffen und hegen - oder verbindet uns noch mehr mit den Orten der Vertrautheit und Erinnerung?

Wer weiß ...

LG, eKy
__________________
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Alt 27.11.2016, 20:45   #4
Felix
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Hallo Erich Kykal,
eine Hymne an die Heimat - kaum wagt man heute noch über Heimat und Heimatliebe zu reden. Du hast es getan und wäre nicht die anfängliche Distanziertheit (so habe ich es empfunden) "Ihr Lande", könnte ich bedingungslos einstimmen. Statt
"Ihr Lande, deren sanftem Schwung ich angehöre" wäre es in meinen Ohren inniger und stimmiger,stünde da beispielsweise:
"Mein Land, dessen sanftem Schwung ich angehöre" oder dem Metrum zuliebe:
"Du Heimat, deren ..."
würde mE die Verbundenheit noch stärker betonen.

Gruß,
Felix
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Alt 28.11.2016, 16:55   #5
juli
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Hallo Erich,

Das ist eine Ode an die Heimat. Hier schwingen Verbundenheit, Kindheitserinnrungen und Zuneigung zusammen. Es gibt Orte, wo man Liebe empfindet. Durch die Landschaft, das Wetter nur hier fühlt man sich Zuhause. Heimweh, kann eines der schlimmsten Schmerzen sein, was Menschen empfinden können. Manchmal ist die Heimatliebe größer, als zu irgendwelchen Menschen. Wenn man vor die Wahl gestellt wird, mit der großen Liebe seines Lebens zu gehen oder alleine in der Heimat zu bleiben. Es wäre ein lebensentscheidende Wahl. Weit weg von zu Hause fühlt man sich entwurzelt.

Deine Worte sind sehr lyrisch und bezeugen die Heimatliebe eines Dichters, der mit ihr fest verbunden ist.

Eine durch und durch Schleswig – Holsteinerin schickt liebe Grüße sy

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Alt 28.11.2016, 21:58   #6
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Felix!

Die "anfängliche Distanziertheit", wie du es nennst, ist durchaus bewusst gewählt, und gerade wichtig als Einstieg, um zu zeigen, dass man kein heimattümelnder Klischeedrescher ist wie manche Schlager- oder Volksmusiksänger!

Der Begriff ist einfach - gerade auch nach dem übermäßigen Missbrauch durch die Nazis und die heutigen Rechten - zu negativ konnotiert, als dass man ungstraft damit umherwerfen könnte, wenn man von Gehirnbenutzern ernst genommen werden will.

"Mein Land" will ich auch nicht schreiben, weil diese Wendung ein Besitzverhältnis impliziert, mit dem ich so gar nicht übereinstimme.

Wenn man also eine Verbundenheit mit dem Land seiner Geburt lyrisch transportieren will, die nicht kitschig oder pathetisch oder gar patridiotisch daherkommen soll, so ist eine gewisse intellektuelle Distanziertheit - zuminest zu Beginn, wo die Weichen gestellt werden - geradezu ein Muss!


Hi Sy!

Auf deinen lieben Kommi fallen mir ad hoc die gleichen Worte ein, die ich weiter oben an Dana richtete. WAS ist "Heimat"? Naturliebe kann ich auch anderswo haben - und wie weit fasse ich "Heimat"? Ist es nur die Landschaft um das Haus, wo ich groß wurde, oder fasse ich den Bogen weiter und fühle mich im ganzen Mühlviertel beheimatet, oder gehe ich nach Staatsgrenzen und fühle mich auch in Tirol oder im Burgenland "daheim"? Da hat wohl jeder eine andere Antwort ...

Der "Weltbürger" nennt die ganze Welt Heimat - aber wie persönlich kann das noch sein?


Vielen Dank für eure vielseitigen Gedanken!

Heimatliche Grüße, eKy
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Alt 29.11.2016, 01:15   #7
Felix
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Hallo, Erich Kykal,
o.k., mit der beabsichtigten Distanziertheit kann ich gut leben. Nur mit dem Intellekt in diesem Zusammenhang habe ich noch Probleme und nur, weil die Nazis den Begriff vereinnahmt haben, scheue ich mich überhaupt nicht, das Wort Heimat in den Mund zu nehmen. Ich gebe Dir Recht bei vielen Begriffen ("völkisch" fällt darunter, "Jedem das Seine" und andere auch. Aber ich lass mir von den Dumpfbacken meine Heimat nicht (verbal) wegnehmen. Das haben die Kommunisten der DDR auch versucht, die einen Bundesbürger zum Ausländer erklärten.
Heimat regional eingrenzen fällt mir sehr schwer. Heimat, das sind Gerüche, das ist der Geschmack des Quellwassers, das sind Geräusche (die Blätter der Bäume in meiner Heimat rauschen anders), das ist die Sprache und vieles andere. Ich denke, Du verstehst mich.
Liebe Grüße,
Felix
Felix ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.11.2016, 10:58   #8
Kokochanel
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Guten Morgen, Erich,

Heimat ist ein großes Wort und du bist ihm pathetisch und bildstark entgegen gekommen.
Im Kommentar aber stellst du die Frage, die ich auch stellen würde: Illusion?
Ich denke, dass Heimat mit Menschen zu tun hat, mit den Menschen, die einem das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit vermitteln, so wie es eigentlich in der Kindheit sein sollte.
Damit verklärt sich alles andere und wird mit in ein Bild gewoben, das wir uns als Erinnerung erhalten.
Selbst wenn alles im Ort gleich bleibt, was ja selten ist, bleibt es uns doch nicht gleich, wenn die Menschen nicht mehr da sind.
Ich selbst wollte vor 14 Jahren ein Haus in meinem Heimatdorf kaufen, das ich früher "angehimmelt " hatte und von dem ich durch Zufall erfuhr, dass es zum Verkauf stand. In einer Blitzaktion fuhren wir hin. Und nein- es war nicht mehr dasselbe.
Die Tannen waren mir plötzlich düster, der Wald engte mir den Blick ein, ich lebe seit 26 Jahren im Flachland. Die Straße schien mir sehr steil und das ganze Dorf irgendwie fremd.
Diese Nachdenklicheit mahnt dein Gedicht an, denke ich.
LG von Koko
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Alt 29.11.2016, 14:25   #9
Erich Kykal
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Hi Felix!

Ja, ich denke, ich verstehe es - siehe meine Zeilen an Sy im gleichen Kommi zuletzt.


Hi Koko!

Reinhard Mey singt es ja ganz richtig in einem seiner Lieder:

Letzte Strophe:

Ich denk, es ist nicht gut, zurückzukehren
zu all den Orten, wo wir fröhlich warn.
Die Bilder, die wir dort vorfänden, wären
doch nicht die, die wir uns davon bewahrn.

Erinnerungen sind vor allen Dingen
in uns - und nicht an irgendeinem Ort,
und so schön, wie sie für uns waren, klingen
sie eben nur noch in unsren Erinnerungen fort.

Refrain:

So töricht wie die Zeiger der Uhren
anzuhalten und zurückzudrehn,
so töricht ist es auch, auf den Spuren
lang vergangner Tage zu gehn.


Ich denke, das bringt es auf den Punkt!

LG, eKy
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