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Alt 27.01.2017, 19:52   #1
Kokochanel
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Standard Sirenensang

Sirenensang

Sein Name hatte einen guten Ruf,
sein Name hatte einen guten Klang.
Doch als die fremde Gruppe ihn besang,
war’s fast, als ob ihn dieses neu erschuf.

Es stellte plötzlich etwas in den Raum.
Er war doch sicherlich von denen keiner.
Gefallen hatte ihm dort niemals einer
- und ja, er kannte diese Gruppe kaum.

So manches Lob mag einem Menschen schmeicheln,
so drang auch dieses schleichend an sein Ohr.
So manches Lob mag wunde Seelen streicheln,

und doch kam er sich seltsam schuldig vor.
Er schloss das Fenster jenem falschen Klang
und lauschte Stille, die ihm Leere sang.

Geändert von Kokochanel (28.01.2017 um 15:08 Uhr)
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Alt 27.01.2017, 20:38   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi Koko!

Gut und klar geschrieben - und ein interessantes Thema obendrein!

In der vorletzten Zeile fehlt dem "Fenster" eine Kleinigkeit!

"Er lauschte Stille" kann man glaube ich nicht so sagen, es müsste heißen: "Er lauschte einer/der Stille."

Altern.: "und wurde Stille, die ihm Leere sang."


Zum Inhalt:
In unserer Zeit der Oberflächlichkeiten und Schablonen war es noch nie so leicht, derlei künstliche Bilder zu kolportieren, ob sie nun den wahren Hintergrund, den Menschen dahinter spiegeln oder treffen - oder nicht!

Es spielt letztlich keine Rolle mehr, wo der Eindruck, das Klischee, das nackte Bild der Öffentlichkeit jederzeit wichtiger - und gewichtiger - sind als die tatsächliche Person!

So wird man zum Star, zur Ikone, zum Vorbild - mitunter ohne es zu wollen oder überhaupt zu wissen! Die meisten suchen nach dieser Art von Ruhm, obwohl sie hohl und trügerisch ist, meist so kurzlebig wie die jeweils nächste Senation und so nichtssagend wie aufgeblasen!

Bedauerlich ist, dass man sich heute gar nicht mehr - oder kaum - gegen so eine Art von Öffentlichkeit wehren kann: Das Internet ist immer schneller und eben grenzenlos! Wo so eine Zerrbilderschaffung nur der Bewunderung dient, mag es ein lässlicheres Vergehen sein, aber oft genug wird man heutzutage nur erhoben, damit die Sensationslüsternen einen umso tiefer stürzen können!
Mittels Shitstorm und üblester Nachrede auf "postfaktischer Basis" wird dann eines Menschen Ansehen nachhaltig vernichtet - ob es nun verdient geschieht oder nicht, ist den Schandmäulern egal - denen geht es nur darum, sich des eigenen Frustes auf Kosten anderer zu entschlagen: Ihr Geätze nährt nur die eigene Heimtücke und Häme, die sie hinter der Maske des zurecht entrüsteten Gutmenschen und Biedermannes gut zu verbergen wissen, sogar vor sich selber!

Ohne Namen zu nennen oder Begebenheiten zu spezifizieren bringst du diese Problematik gekonnt auf den Punkt - das potentiell dicke Ende verschweigst du dezent: Dein Protagonist tut das einzig Richtige! Das falsche Spiel einfach nicht mitspielen und sich abwenden von den Niederungen der menschlichen Natur!

Sehr gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.01.2017, 15:22   #3
Kokochanel
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danke, lieber Erich, für deine nachhaltigen Gedanken, die den Kern des Gedichtes treffen. Ich stimme dir zu und ich denke sogar, dass zu viel und falsches Lob einen Suchtfaktor haben können. Es wird regelrecht auf das Lob hingearbeitet und auf das gesellschaftskonforme Bild, was Menschen von sich in der Öffentlichkeit darstellen wollen. Es kommt nicht darauf an, wer und wie sie sind, sondern wie sie wirken. So ist es häufig und meist, bis es zum kompletten Verlust der Identität führt.
Bei Hypes , wie du es anschneidest, wird dieses besonders deutlich.
Warum heulen so viele um Menschen, die sie nicht kennen und die in einem Flugzeug abstürzen? Warum aber heult niemand um den unbekannten Familienvater, der sich bei Glatteis in der Leitplanke schredderte?
Das ist genau das, was du sagst. Sie heulen, weil es schick ist zu heulen. Und weil es gut ankommt.

Auch wenn ich ihnen ein gewisses "Erschrockensein" über einen Flugzeugabsturz abnehme, nicht aber die "tiefe Anteilnahme"... Aber als Gutmensch kommt man eben gut...
Ich z.B.kann ehrlich heulen um den Hund der Nachbarin, den ich 12 Jahre lang streichele und gern habe, um meinen alten nachbarn, der mich seit 30 Jahren wie ein Vater anlächelt, um das Kind einer Freudin, das Krebs hat... aber nicht um fremde Menschen, die ich nicht kenne.

Formal:
mit der Stille, das wäre eine Art Neuschöpfung eines ZUsammenhangs. Vielleicht könnte ich auch nach lauscht einen Doppelpunkt machen. Dann sollte es passen.
Da n habe ich eingefügt. Danke für dein gutes Auge. habe ich echt nicht gesehen.
LG von Koko
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Alt 28.01.2017, 17:23   #4
juli
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Hallo Koko,

Wir leben in einer ständigen sich schnell verändernden Welt. Das heißt, die Menschen meinen näher zusammenrücken zu müssen. Kommunikation übers Handys, wo Facebook, WhattsApp und Konsorten sind, suggerieren das wir nicht alleine sind. Die Anteilnahme und das Hineinkriechen in andere Schicksale kann ins Uferlose führen und zur Selbstauflösung beitragen.Der Mensch verliert sich und weiß nicht was und wer wichtig ist. Es sind meines Erachtens nur die Freunde wichtig, die auf eine Hand passen. Lob und Glück von anderen fischen, die selbst nicht wissen wer sie sind, ist ein faules Geschäft, weil es nicht echt ist. Echte Freunde und Nahestehende sagen einem in guten Zeiten und in schlechten Zeiten die Meinung und zeigen einem echte Emotionen, auch wenn sie manchmal nicht gefallen.

Das ist ein interessantes Thema!

Liebe Grüße sy

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Alt 29.01.2017, 19:41   #5
Kokochanel
Gast
 
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da hast du recht, liebe Syri. Auch ich sehe die Familie und die nächsten Freunde als wichtigste Personen an. Der Rest ist "Umfeld".
Schunzeln von Koko
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