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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 29.06.2015, 15:08   #1
Galapapa
Galapapa
 
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Standard Schritte in der Nacht

Bleiern liegt die Stille in den Gassen -
späte Stadt trägt sternenlose Nacht.
Finsternis ist mit der Hand zu fassen
und die Zeit hat scheinbar Halt gemacht.

Dann ein Knirschen auf den Pflastersteinen,
Kummerschritte, melancholisch schwer,
hingeschlurft von lebensmüden Beinen -
Einsamkeit schleicht hinter ihnen her.

Nichts ist in der Schwärze zu erkennen,
das Geräusch entfernt sich Stück um Stück,
scheint sich von der Wirklichkeit zu trennen
und das unsichtbare Schweigen kehrt zurück.

Bis vom Kirchturm gnadenlos metallen
laut die große Glocke viermal tönt,
wie versteinert und im Widerhallen
Grauen in das stumme Dunkel stöhnt.

Kühle Luft zieht durch den frühen Morgen,
streift ganz sacht den Trauerweidenbaum.
Neuer Tag steigt blass-türkis verborgen
östlich aus dem Horizontensaum.

Geändert von Galapapa (30.06.2015 um 08:43 Uhr)
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Alt 29.06.2015, 17:25   #2
Dana
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Lieber Galapapa,

das sind "Grauen" und "Schweren", die ich mag.

Mögen da kleine Kritiken ob der "Inversionen" kommen - für mich sind die entstehenden Bilder stimmig und fühlen sich lyrisch fließend an.

Die Schwere und Unheimlichkeit einer schwarzen Nacht bleibt erhalten, trotz des aufsteigenden Tages.

Allerdings:

Zitat:
Zitat von Galapapa
Schuhe knirschen auf den Pflastersteinen,
Kummerschritte, melancholisch schwer,
hingeschlurft von lebensmüden Beinen -
Einsamkeit schleicht hinter ihnen her.
Ich weiß, dass du "Schuhe" genommen hast, wegen der Schritte im zweiten Vers.
Knirschende Schritte fühlen sich aber lyrischer und unheimlicher an.
Darum ein "waghalsiger" Vorschlag:

Schritte knirschen auf den Pflastersteinen
und ihr Kummer, melancholisch schwer,
hingeschlurft von lebensmüden Beinen -
Einsamkeit schleicht hinter ihnen her.

und:

Zitat:
Zitat von Galapapa
Bis vom Kirchturm gnadenlos metallen
laut die große Glocke viermal tönt,
wie versteinert hart im Widerhallen
Grauen in das stumme Dunkel stöhnt.
Bis vom Kirchturm gnadenlos metallen
laut die große Glocke viermal tönt,
sich versteinert und im Widerhallen
Grauen in das stumme Dunkel stöhnt.

(weil "versteinert" schon hart ist.)

Ich mag dein Gedicht sehr - schau mal, ob du darauf eingehen magst.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 29.06.2015, 18:32   #3
Chavali
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Lieber Galapapa,

ein schönes, schwer melancholisches Gedicht, auch ein wenig unheimlich.
So etwas mag ich sehr gern lesen.
Da geht es mir wie Dana, deren Vorschläge zur Optimierung der bezeichneten
Stellen ich sehr begrüße
und denen ich zustimme.

Lieben Gruß,
Chavali

__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 30.06.2015, 08:41   #4
Galapapa
Galapapa
 
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Liebe Dana,
herzlichen Dank für Deinen lobenden Kommentar und Deine Vorschläge, die ich allerdings etwas modifizieren möchte:
Streng genommen knirschen ja nicht die Schritte, sondern die Schuhe, das stört mich am ersten Vorschlag ein wenig. Wie wäre es mit:

"Dann ein Knischen auf den Pflanstersteinen,
Kummerschritte, melancholisch schwer..."

Zu Deinem zweiten Vorschlag, dessen Begründung ich sehr wohl nachvollziehen kann, würde ich ebenfalls eine kleine Änderung vornehmen:

"...wie versteinert und im Widerhallen
Grauen in das stumme Dunkel stöhnt."

Hier störte mich etwas das "sich versteinert", das ja auch fälchlicherweise auf das Grauen bezogen werden könnte.
Also, nochmals danke für Deine Vorschläge und Hinweise, die den Text sichtbar verbessert haben!
Zu den Inversionen: Als solche wähnte ich bisher Sätze, in denen z.B. des Rhytmus wegen die Worte in grammatikalisch unrichtige Reihenfolge gestellt werden. Vielleicht liege ich da falsch mit meiner Definition für "Inversion", denn ich kann Derartiges im Text nicht finden.
Ich verändere jedoch manchmal die Stellung von Worten im Satz, um sie besonders zu betonen oder hervorzuheben. Sätze wie "bleiern liegt die Stille in den Gassen..." halte ich für grammatikalisch jedoch nicht als falsch, wie etwa: "...Wir sind oft zu der Stelle gegangen, welche damals für unseren Kuss wir gewählt..." Aber da könnte ich auch falsch liegen.
Könntest Du mir da noch genauer sagen, was Du gemeint hast.
Danke und liebe Grüße!
Galapapa

Liebe Chavali,
auch Dir möchte ich herzlichen Dank sagen für Deinen Kommentar und Dein Lob!
Ich habe Danas Vorschläge aufgenommen und etwas modifiziert. Bitte lies dazu auch meine Antwort an Dana.
Ich hoffe, dass Du mit meiner Version einverstanden bist.
Danke und liebe Grüße!
Galapapa
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Alt 30.06.2015, 21:36   #5
Erich Kykal
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Hi, Charly!

Gut geschrieben - die Stimmung hast du hervorragend eingefangen!

S2Z3 - Leerstelle zuviel vor "Beinen".

S3Z4 - Ein Heber zuviel. Altern.: "Und das dunkle (dumpfe, grause, stumpfe, schwere, ...) Schweigen kehrt zurück."

Das Wort "Horizontensaum" klingt für mich etwas bemührt hingebastelt, um in den Takt zu passen. Wie wäre: "Athmosphärensaum"?


Sehr gern gelesen und beklugscheißert!

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
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Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
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Alt 01.07.2015, 07:57   #6
Galapapa
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Hallo Erich,
danke für Deinen Kommentar und Dein Lob!
Dank auch für Deine Fehlerhinweise und fürs "Zählen"!
Bei "Horizontensaum" möchte ich unbedingt bei "Horizot" bleiben. Horizontensaum ist nicht gebastelt, sondern erforderlich, da Horizontsaum grauenhaft klingt.
Ich würde auch in Alltagssprache den Begriff so aussprechen, mir erscheint da nichts ungewöhnlich.
Liebe Grüße!
Charly
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Alt 01.07.2015, 11:35   #7
Erich Kykal
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HI, Charly!

Also für mich Klingt eines so schlimm wie das andere. "Horizontsaum" spricht sich hart und klingt nicht - zuviele Zischlaute!

Aber "Horizontensaum" klingt m.E. einfach falsch. Man sagt ja auch: "Ich sehe den Horizont." und nicht: "Ich sehe den Horizonten."!

Du magst einwenden, es sei ja auch gleich, ob man nun "Kirchuhr" oder "Kirchenuhr" sagt, aber das stimmt, dneke ich, nicht ganz:

"Kirchuhr" meint die Uhr an einer bestimmten Kirche (Uhr der Kirche) - hier geht der Sprecher von der Kirche als dem wichtigeren Objekt aus, während eine "Kirchenuhr" schlicht das Objekt an sich bezeichnet, das auch in einem Museum stehen könnte oder auf einem verstaubten Dachboden.

Aber egal, ob das nun sprachlich ganz korrekt ist oder nicht - in meinem Ohr klingt es irgendwie - falsch, bemüht. Vielleicht liegt es auch daran, dass der "-en"-Trick nicht bei allen Wörtern funktioniert - oder gleich gut funktioniert.

Und inwiefern ist ausgerechnet der "Horizont" so wichtig für dich? Das hast du nicht erklärt, und ich versteh's nicht. Nun, vielleicht hat man ein einmal gefasstes Bild im Kopf zu lieb gewonnen, als dass man sich davon trennen wollte, und dem Bild zuliebe verzichtet man auf sprachliche Eleganz und guten Klang. Kann ich im allgemeinen nachvollziehen, aber ausgerechnet zu "Horizontensaum"??? - Weißt du, manchmal verrennt man sich auch ...

Aber klar - es ist dein Gedicht, also nix für ungut.

LG, eKy
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Alt 01.07.2015, 16:36   #8
Galapapa
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Hi Erich,
nun, Atmosphäre ist für mich etwas völlig anderes als Horizont , und müsste es nicht heißen "Atmosphäresaum"? Man sagt ja auch nicht, "der Planet hat eine Atmosphären". Außerdem ist der Begriff im vorliegenden Zusammenhang fehl am Platz.
Ich opfere nicht den Inhalt der Aussage meines Textes der spachlichen Eleganz und auch nicht dem Klang und ich meine, wenn im allgemeinen Sprachgebrauch Ausdrücke wie Tiefenmessung, Trachtenkleid oder Buchenstamm üblich sind, weil Tiefemessung, Trachtkleid oder Buchestamm nicht klingt, dann muss es in einem lyrischen Text auch möglich sein, "Horizontensaum" zu schreiben. Ein Buch mit Gedichten lese ich mit anderen Erwartungen als ein Grammatikbuch.
Trotzdem danke für Deine kritischen Anmerkungen, aber das ist eben meine Meinung, also nix für ungut.
LG, Charly
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Alt 01.07.2015, 18:02   #9
Erich Kykal
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Hi, Charly!

Das "e" am Ende von "Athmospäre" bedingt das "n" in zusammengesetzten Worten. Dies mit dem obigen Fall zu vergleichen haut so gar nicht hin! >

Und wie gesagt - du musst dich nicht rechtfertigen: Es ist dein Text, und ich habe bloß meine Meinung dazu kundgetan. Nicht dass ich gedacht hätte, es würde was bringen! Dazu weiß ich schon zu gut, wie resistent du gegenüber manchen - aus meiner Sicht - guten Ratschlägen bist. Aber ich mache dir das nicht zum Vorwurf, denn es mag sein, dass es dir und anderen mit mir ebenso ergeht!

Und zu deinem letzten Argument: Ich halte nur sprachlich korrekte Lyrik für gute Lyrik. Natürlich lese ich ein Gedichtbuch mit anderen Erwartungen als ein Grammatikbuch (Wer liest übrigens sowas???), aber auch von Gedichten, gerade den gereimten, erwarte ich - abgesehen von gewissen Kniffen und Wortspielereien - das Einhalten gemeingültiger Sprachregeln.

Im vorliegenden Fall bin ich auch gar nicht sicher, ob deine Formulierung wirklich grammatikalisch falsch ist, ich schrieb entsprechend ja, dass es mir so scheinen will. Für mich entscheidend ist hier die - aus meiner Sicht - Hässlichkeit des Wortes in deinem ansonsten hochlyrischen Text. Aber das ist eben Geschmacksache.

LG, eKy
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Geändert von Erich Kykal (01.07.2015 um 18:14 Uhr)
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