13.06.2011, 13:56 | #1 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
|
Schicksalsfrage
Am Wollen ausgekühlt verliere ich im Schatten
ein Weilchen Zeit und suche nach Gedanken, die nur bedeuteten, solang sie Leben hatten aus meinem welken Sein, das sie umranken. Ein sanftgemutes Ahnen ungetrübter Tage klingt durch die nackten Stunden mir herauf, und wie ein Sang aus Märchenwelt und Sage zwingt es die Eisentüren meiner Seele auf. Was bin ich, dass ich nichts mehr gelten lasse, das nicht wie ich so seltsam willenlos und kalt und leer beschreibt, was ich am Leben hasse? Was bin ich, blindes Schicksal, wenn nicht alt!?
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
15.06.2011, 17:34 | #2 | |||
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
|
Hallo, Erich,
dieses Gedicht überträgt für mich eine "spürbare" Düsternis, in diesem Fall würde ich es nicht als "traurig" bezeichnen. Beinahe ein wenig, wie soll ich sagen, "trostlos".(?) Zitat:
Zitat:
Ein verschwommenes Ahnen, märchengleich, im Nachhinein fast nicht mehr real erscheinend. Denoch öffnet es die Seele, selbst wenn sie durch Eisentore verschlossen sind. Zitat:
Die letzte Strophe beschreibt für mich den Tiefpunkt einer Depression. Viele meinen, depressive Menschen wären ständig traurig und/oder am Weinen - dem ist nicht so. Es gibt nur eine (wirklich kalte) Leere, selbst die Fähigkeit zur Trauer würde, so sonderbar das klingen mag, beinahe "glücklich" machen, denn eine Depression bedeutet, den "Zugang" zu dein eigenen Gefühlen zu verlieren. Jedes Gefühl wäre willkommen, egal welches. Wobei es dem Betroffenen bewusst ist, dass er eigentlich etwas fühlten müsste - nur kann er das nicht. Die Tür zu den Gefühlen ist aus Eisen, und "versperrt" den Weg. Deshalb kann ich nur meine Hochachtung für die Eindringlichkeit dieser Darstellung aussprechen. Etwas, das ich zum besseren Verständnis verdeutlichen möchte: xXxXxXxXxXxXx - 13w - 6 Hebungen xXxXxXxXxXx - 11w - 5 Hebungen xXxXxXxXxXxXx - 13w - 6 Hebungen xXxXxXxXxXx - 11w - 5 Hebungen xXxXxXxXxXxXx - 13w - 6 Hebungen xXxXxXxXxX - 10m - 5 Hebungen xXxXxXxXxXx - 11w - 5 Hebungen xXxXxXxXxXxX - 12m - 6 Hebungen xXxXxXxXxXx - 11w - 5 Hebungen xXxXxXxXxXxX - 12m - 6 Hebungen xXxXxXxXxXx - 11w - 5 Hebungen xXxXxXxXxX - 10m - 5 Hebungen Ich stelle fest, dass mich die unterschiedliche Silbenzahl in diesem Werk überhaupt nicht stört, da die "Melodie" trotzdem vorhanden ist, was daran liegt, dass es dennoch beständig 5 oder 6 Hebungen sind. Dadurch und durch die gleichbleibend unbetonten Versanfänge ist ein "Rhythmus" gegeben. Es "klingt" gut! (Das ist zur Verdeutlichung, nicht weil ich das Gedicht ixen wollte, sondern, wie ich gerade gelernt habe: Die Hebungen sind wesentlich wichtiger als die Silbenzahl. Dieses Gedicht ist dafür das beste Beispiel, deshalb wollte ich das darstellen.) "sanftgemutes" ist sicher eine bewusste "Neuschöpfung", da du meines Erachtens nach das "sanft" haben wolltest, denn eigentlich gibt es dieses Wort nicht. "wohlgemutes" und "sanftmütiges" waren die "Ursprünge", die du miteinander "verwoben" hast, um einen ganz bestimmten Ausdruck zu "erschaffen". Gefällt mir! Sehr gerne gelesen. Ich finde es sehr gelungen, sowohl von der Aussage her als auch vom "Klang". Liebe Grüße Stimme
__________________
.
|
|||
16.06.2011, 13:02 | #3 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
|
Hi, Stimme!
Wow, da hast du dir aber richtig ausführlich was angetan! Vielen Dank für solch eine exakte Analye - und Dank für den Lorbeer! Ich hab da eigentlich nix mehr anzufügen: Du hast das Gedicht inhaltlich erschöpfend behandelt (Ich hoffe doch, du warst nicht ZU erschöpft hinterher...). Und du hast erkannt, was mir beim Dichten wichtig ist: Der Klang! Wenn es sich ans Ohr schmiegt und im Sprachrhythmus bleibt, spielen die Silben eigentlich keine Rolle. Ein Gedicht soll WIRKEN, und nicht irgendeiner beschlossenen Art von Perfektion genügen. Die ist oft genug ohnehin langweilig. LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (16.06.2011 um 13:05 Uhr) |
Lesezeichen |
Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1) | |
|
|