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Ein neuer Morgen Fröhliches und Hoffnungen

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Alt 02.02.2013, 22:12   #1
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Standard Balanceakt



Balanceakt
L. S. gewidmet


Komm spring, mein Schatz, komm spring schon von der Brücke,
doch halte nach dem Sprung das Gleichgewicht
und dreh dich nicht im Kreis herum, sonst bricht
dein hübsches Köpfchen - platsch! - in tausend Stücke.

Nur Mut! Was immer auch ins Herz dir sticht,
such dir am Brückenrand die schönste Lücke
zur Freiheit aller Sorgen und entrücke
sanft wie ein ausgelöschtes Kerzenlicht.

Nach kurzem Flug, mach dir nur keine Sorgen,
erzeugt dein Aufprall nur ein schwaches Bullern
und niemand sieht, wie in der Nacht verborgen

die Äuglein dir aus deinem Schädel kullern.
Und höchstwahrscheinlich wird am nächsten Morgen
ein Hündchen an dir schnüffelnd fröhlich pullern.


Falderwald
. .. .


__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)




Geändert von Falderwald (27.03.2013 um 17:02 Uhr) Grund: Anregungen von Erich umgesetzt
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Alt 03.02.2013, 20:44   #2
Thomas
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Hallo Falderwald,

recht makaber, aber nach einge Kommentarstellen zu "Von der Brücke springen" (von Lord Skarak = L.S.) scheint es sich ja um "Gebrauchslyrik" zu handeln. Ich betrachte es einfach durch die Augen des Hündchens und gewinne dem Ganzen etwas komisches ab.

Liebe Grüße
Thomas
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© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
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Alt 04.02.2013, 18:37   #3
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Moin Thomas,

makaber?

Na ja, das kann man sehen, wie man will. Auf jeden Fall ist es ehrlich, von den letzten beiden Zeilen mal abgesehen, die sind natürlich rein spekulativ, doch die sollen ja auch eine ganz andere Aussage tätigen.

Als Gebrauchslyrik kann man es auch ansehen, denn wer es liest, kann sich entweder ent- oder ermutigt fühlen, das kommt ganz auf die Sensibilät des Konsumenten an.

Wie du ganz richtig vermutest, habe ich dort die kleine Geschichte aus einem meiner Kommentare im "Brücke springen - Faden" von Lord Skarak als Vorlage genommen, denn ich fand sie ganz hübsch...
Natürlich ist das frei erfunden, aber gerade deshalb dachte ich, die Idee sei zu schade, um sie in einem Kommentar dann zu vergessen.

Neben dem komischen Element aus Sicht des Hündchens transportiert der Text aber noch eine andere Ebene.

Mehr möchte ich aber momentan nicht verraten, weil sich vielleicht noch jemand anderes dazu äußern möchte.


Vielen Dank für deine Rückmeldung...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Alt 05.02.2013, 09:51   #4
Sanssouci
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Hallo Falderwald!

Ich hoffe nicht, dass sich hier jemand aufgefordert fühlt, deiner Anweisung Folge zu leisten. So nach dem Motto:
"Spring einfach, es ist so leicht und geht so einfach, es wird für dich ein schöner Tod!"
So jedenfalls kann man/frau diesen Text auch verstehen.
Aber eine andere Sichtweise gibt es durchaus auch noch: Ein(e) Brückenspringer(in) für Schaulustige/Touristen, der/die es hoffentlich immer wieder schaffen wird, die Balance zu halten und richtig (Körperhaltung und richtige tiefe Stelle) einzutauchen und auch wieder (gesund und munter) aufzutauchen.

So, genug meiner Ausführungen zum Thema!

Ansonsten gut verdichtet und sonettiert.

Sorgenfreie Grüße von Sanssouci
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Alt 05.02.2013, 20:15   #5
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hallo Sanssouci,

na ja, als Aufforderung war das eher nicht gedacht, viel mehr als kleine Abschreckung, nach dem Motto, mach doch, aber höre vorher, was so alles passieren kann.

Ich finde das auf jeden Fall offen und ehrlich...

Natürlich darf jeder gerne als Bungee- oder Brückenspringer sich in dieser Sportart üben.
Und da wollen wir dann wirklich hoffen, daß alle Berechnungen stimmen und dieses "Erlebnis" dann gut ausgeht...


Vielen Dank für deinen Kommentar...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Alt 06.02.2013, 08:24   #6
marzipania
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Extrem schwarzhumorig! Aber keine Sorge: Da steh` ich druff.
Du scheinst überhaupt eine Ader zu haben, die - in etwa vergleichbar - auch meinen "herrlichen" Korpus durchzieht. - Für mich sind solche Gedichte die andere Seite einer natürlichen Trauer / Skepsis menschlichen Verhaltensweisen gegenüber, wie sie wohl einigen Lyrikern eigen ist.
In Satire verpackt, kann man Worte in Bilder geben, die sonst vielleicht zu schrecklich wären. Beispielsweise den Tod.
Hier gefällt mir die spielerische Art ganz besonders, mit der du das Thema angehst: Eigentlich ist es egal, wie sich einer zu profilieren sucht. Am Ende aller Dinge kräht kein Hahn danach.
Sprache und Inhalt passen perfekt zusammen. Bungee-Springen (und anderes Mut- und Kickgeprobe) fällt ja eigentlich unter Freizeitvergnügen.
Der Kandidat erhält die volle Punktzahl.
LG, M.
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Alt 07.02.2013, 20:15   #7
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hallo marzipania,

wenn du mit der Ader eine gesunde Portion Ironie, manchmal durchaus gepaart mit bitterem Zynismus, meinst, dann könntest du durchaus Recht haben.

Das Irre ist ja, die Leute wollen solche Bilder haben, scheuen aber davor zurück, wenn sie sie vorgesetzt bekommen. In Satire verpackt kann es dann aber durchaus bekömmlich werden.

Und ich freue mich auch, daß du die Kernaussage darin erwähnt hast:

Zitat:
Zitat von marzipania
Eigentlich ist es egal, wie sich einer zu profilieren sucht. Am Ende aller Dinge kräht kein Hahn danach.
Genau so ist es (oder ein Hündchen pullert eben ganz gelassen neben der Leiche).

Man darf eben nur nie die Balance verlieren...


Vielen Dank für deine Gedanken und die volle Punktzahl...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Alt 09.02.2013, 21:57   #8
Dana
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Lieber Faldi,

dass das Gedicht sonettig so richtig "nett" und perfekt ist, ist klar.

Ganz in meinem Sinne hat es Marcy erfasst:

Zitat:
Zitat von mazipania
Hier gefällt mir die spielerische Art ganz besonders, mit der du das Thema angehst: Eigentlich ist es egal, wie sich einer zu profilieren sucht. Am Ende aller Dinge kräht kein Hahn danach.
Ich erlaube mir kein Urteil über jene, die es aus sich heraus tun, weil sie verzweifelt sind. Darüber würde man in einer anderen Rubrik schreiben.

Aber jene, die einen "Hofstaat" vorab errichten: "Schaut her, schaut nur zu mir und tut etwas für mich, sonst springe ich!!!!!!!!!!"

Es ist ganz bestimmt ein Hilfeschrei, aber ein erpresserischer. Vielleicht ein unbeholfener Hilfeschrei, aber derjenige soll bitte zugleich unterstellen, dass er es mit hilflosen "Helfern" zu tun bekommt, die nicht ahnen, dass sie nicht wirklich einem "Selbstmörder" gegenüber stehen.

Fachleute haben oft bestätigt, dass man am ehesten mit eben dieser Aufforderung ein Leben retten kann. Damit, womit sie gar nicht rechnen und das Vorhaben in Wut und Vorwurf umschlägt. Ein Moment, wo man im Streit nach der Hand greifen kann.

Ein "Balanceakt", der durchaus berechtigt in dieser Rubrik steht - gelungen und gut.

Liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 10.03.2013, 23:39   #9
Lord Skarak
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Oh, ich hab das gar nicht gesehen...

Hallo Falderwald!

Der ist natürlich lustig. Vielen Dank für den Text. Wenn's nicht gar so müßig wär würd ich dir darauf 'ne Tenzone anbieten. Aber ich bin müde. Habe nur erst gerade deine PM mit dem Hinweis auf den Text gelesen. Da gerät man dann ja doch in Zugzwang. Lasse demnächst vielleicht mal wieder von mir hören. Jedenfalls gern gelesen!

Hey Dana!

Zitat:
Zitat von Dana
Es ist ganz bestimmt ein Hilfeschrei, aber ein erpresserischer. Vielleicht ein unbeholfener Hilfeschrei, aber derjenige soll bitte zugleich unterstellen, dass er es mit hilflosen "Helfern" zu tun bekommt, die nicht ahnen, dass sie nicht wirklich einem "Selbstmörder" gegenüber stehen.
Studien scheinen zu belegen dass ein hoher Anteil der Selbstmörder ihren Suizid in irgendeiner Weise angekündigt haben - mal mehr, mal weniger verschlüsselt. Klar macht's die Leute wütend wenn man versucht sie zu kontrollieren - und Selbstmorddrohungen sind da schon irgendwie wirksam. Sog. "Attentionwhores" schrecken halt auch vor sowas nicht zurück. Und außerdem ist es natürlich unanständig sich vor jemand anders umzubringen weil die Sache einfach "unsauber" ist und irgendwie unästhetisch. Insofern ist es auch nachvollziehbar dass sich der Sadismus der Leute sehr stark gegen den Selbstmörder und seine pingeligen Problemchen richtet. Selbstmörder nerven halt einfach. Genau wie Vergewaltigungsopfer.

Viele Grüße euch,
Skarak
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Alt 11.03.2013, 18:43   #10
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Beiträge: 8.570
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Hi, Faldi!

O du heilige Hinterlist! Wie köstlich die zynische Satire - wer immer sich in Selbstmitleid suhlt und an Suizid denkt - nach diesem Gedicht denkt er sich: Ich bin doch nicht blöd! Wenn mein Tod der Welt ohnehin egal ist, dann kann ich auch genausogut am Leben bleiben und vielleicht noch was erreichen!

Mag die Motivation für diese Zeilen auch möglicherweise eine profanere gewesen sein - das Ergebnis braucht eigentlich keine Widmung - es kann allgemeingültig stehenbleiben.

Oberflächlich betrachtet ein bösartiges Werk, gehässig und gefühllos. Wer das denkt, hat noch nie von Umkehrpsychologie gehört.

Stilistisches:

S1Z3 - Das "verdreh" klingt zusammen mit "im Kreis herum" etwas komisch. Besser: "und dreh..."

S2Z4 - Schöner fände ich: "dich sanft wie ein gelöschtes Kerzenlicht." - Das "dich" definiert klar das "entrücke" in der Zeile davor, und "gelöscht" klingt lyrischer - das Präfix "aus" finde ich überflüssig und unnötig kräftig.

S3Z1 - Statt des seltsam wirkenden "doch" (weil betont zu lesen) besser "bloß". Da passt die Betonung!


Sehr gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
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