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Alt 31.12.2014, 11:56   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard Lebens-Lust

Oh, sie war schon eine Perle,
und sie kannte ihre Kerle!
Alle Formen, alle Größen,
ihre Wunden, ihre Blößen,
das Verdrängte, das Fatale,
das verborgene Brutale.

Wenn sie sich in Blicken sonnte,
nahm sie, was sie kriegen konnte!
Alle Typen, Charaktere,
ihren Drang und ihre Schwere,
stille Wünsche, Ungesagtes,
Unerfülltes, lang Vertagtes.

Keinem war sie mehr gewogen
als auf seine Lust bezogen,
keiner reichte an ihr Wesen
und vermochte es zu lesen.
Ihres Lebens tiefsten Sinn
gab sie niemals offen hin.

Wurde alt mit ihren Jahren,
die zu rasch verflogen waren.
Keiner drückt heut mehr die Klinke
zu der Frau mit zuviel Schminke,
welche wild und lebensfroh
immerfort die Liebe floh.

Und so kreisen ihre Tage
um sich selbst und um die Frage,
was nun weiter werden soll.
Des Erlebens übervoll
sah sie nie die große Leere
hinter ihrer Sinnenschwere.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.12.2014, 12:24   #2
Lailany
Kiwifrüchtchen
 
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Registriert seit: 23.05.2009
Ort: nördlich von Auckland/Neuseeland
Beiträge: 945
Standard

Kia ora Eky,
ein wie immer sehr gelungenes, melancholisches Werk.
Ich glaube, jeder kennt so eine Frau... "des Erlebens übervoll" beschreibt sie wunderbar. Ob sie wirklich einsam ist? Vllt nicht, denn wenn man viel erlebt hat, ist man froh, wenn sich der Trubel irgendwann legt.
In Erinnerungen zu schwelgen, ist ja auch schön und das Beste daran ist, dass man sich die schönsten herauspicken kann.

Es gibt bei Deinen Texten sehr selten was zum Bekritteln, bei diesem ist mir der Schluss nicht Abschluss genug. Ich finde, dass die vorletzte wegen der 'großen Leere' die Endzeile sein sollte. Was meinst Du?

Sehr gern gelesen und besenft.

HG von Lai
__________________
.................................................. ...........................................
"Manchmal ist es so demütigend, ein Mensch sein zu müssen..." Erich Kykal
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Alt 31.12.2014, 12:55   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, lai!

Der Verdrängungsfaktor ist hier meines Erachtens wichtiger als das Verdrängte. Dass ein so sinnenfrohes, oberflächlich lustorientiertes Leben letztlich eine Leere hinterlässt, weiß fast jeder irgendwann, die Existenz dieser Leere bietet also kein Aha-Erlebnis. Dass sie ebenjener Sinneslust geschuldet ist, kann zumindest als "Moral von der Geschichte" gelten, daher ist sie das Letztgestellte.

Und ja - ich kannte solche Frauen: Immer auf der Suche nach der nächsten Betäubung, zum Teil romantisch aus Berechnung, aber zu gehemmt, ihr wahres Selbst zu offenbaren, sogar vor sich selber. Ich erkannte mich leider allzu oft selbst in ihnen wieder: Ich suche zwar weniger Ablenkung, da ich im Grunde weiß, was mir fehlt, aber der Rest stimmt überein - von daher ist das Gedicht sicher zum Teil auch autobiografisch.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
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Alt 31.12.2014, 19:08   #4
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Lieber eKy,

bei deinen Werken kann man "nur" den Inhalt besprechen. Die Lyrik steht immer da wie ein Prachtbaum, den man bewundert.

Das lyr. Ich deines Werkes (ob er, ob sie) dürfte jedem Leser vertraut sein - durch Beobachten, Beachten, Studieren und Selbstanschauung. Damit will ich auch den Inhalt hervorheben, denn nur Sprachklang und Inhalt zusammen ergeben ein Gedicht.

Hier ergibt sich für mich das eigentliche "Drama" oder besser - Philosophie:

Zitat:
Zitat von Erich Kykal
Wurde alt mit ihren Jahren,
die zu rasch verflogen waren.
Keiner drückt heut mehr die Klinke
zu der Frau mit zuviel Schminke,
welche wild und lebensfroh
immerfort die Liebe floh.

Und so kreisen ihre Tage
um sich selbst und um die Frage,
was nun weiter werden soll.
Des Erlebens übervoll
sah sie nie die große Leere
hinter ihrer Sinnenschwere.
Sie war wild und lebensfroh. Diese Eigenschaften ergaben, dass Sehnen und Suchen, wenn sie die Antwort nicht fanden, in Flucht gewandelt wurden.
Sehr schön der Vers: "immerfort die Liebe floh."
Ebenso: "Der Erlebens übervoll, sah sie nie die große Leere ...."

Sinnenschwere ist ein schönes und aussagekräftiges Wort, das zuletzt die "Gewichtungen" erklärt. Lebens-Lust hat so gesehen auch nur ihre Zeit.
Wäre sie von Anbeginn weise und durchdacht, erhielte sie vielleicht einen anderen Wert oder Namen und könnte dann nie so verdichtet werden.

Gefällt mir sehr - aber das sage ich dir immer.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.12.2014, 21:50   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Dana!

Vielen Dank für das üppige Lob!

Guten Rutsch ins neue Jahr!

LG, eKy
__________________
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