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Auf der Suche nach Spiritualität Religion und Mythen

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Alt 22.08.2016, 11:50   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard Les Morts Dansant

Es läutet Mitternacht aus der Kapelle,
im Garten des Gedenkens blüht die Krume
der Gräber auf, gespenstisch steigt die Welle
erwachter Geister wie zum Eigentume

des vollen Mondes aus gewohnter Stille.
Ein stummes Lied, dem nur die Toten lauschen,
erklingt dem Wallen wie ein neuer Wille,
der Zweige beben lässt und Blätter rauschen,

die ohne Brise sich im Takte neigen,
der die Erinnerungen sich bewegen
und lächeln macht – und schau, sie steigen
zum Sternenglanze auf, der wie ein Segen

auf allem liegt, als würde ein Versprechen,
gegeben von zutiefst gefühlter Treue,
nun eingelöst, und alle Ketten brechen
auf einem lang ersehnten Weg ins Neue.

Woher das Licht, darin die Toten schweben,
wohin der Pfad, der durch das Leuchten steigt?
Gerufen endlich in ein neues Leben
entschweben alle, und der Reigen schweigt.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (10.04.2017 um 10:54 Uhr)
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Alt 22.08.2016, 21:45   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus Erich,

ja, im vorliegenden Fall wird der Totentanz einmal aus einer anderen, nämlich der gedanklichen Perspektive betrachtet.

Die Idee finde ich gut, denn das ist zwar mystisch, aber dennoch relativ unverschnörkelt und geradlinig.

Religiös würde ich das nicht bezeichnen, eher spirituell und ein von innerem Pathos erzeugtes Stimmungsbild zu einer solchen Szene.

Bleibt nicht viel zu sagen, außer das mir das gut gefallen hat, sind doch diese Wunder auch nachvollziehbare Wunder, die sich in der Fantasie abspielen können.

Anmerkung:

Ich gehe mal davon aus, dass vom durchgängig 5-hebigen Jambus mit weiblichen Kadenzen in der letzten Strophe abgewichen wird.
Nicht, weil dort zwei männliche Kadenzen zu finden sind, sondern auch die dadurch fehlenden zwei Silben durch den 6-Heber in der dritten Zeile ausgeglichen werden sollen.
Ich wollte es nur anmerken, denn es stört mich überhaupt nicht und bringt Abwechslung in das metrische Schema.


In diesem Sinne gern gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 22.08.2016, 22:20   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Faldi!

Das mit den 6 Hebern in der 3. Zeile der letzten Str. habe ich ganz intuitiv so gemacht, denn ich dichte nach Melodie und zähle hinterher eher pro forma nur die Heber. In diesem Fall habe ich das wohl vernachlässigt, da für mich da nichts unwuchtig klang.
Die männlichen Kadenzen sind aber bewusst gewählt, um einen klaren klanglichen Abschluss zu bekommen.

Wie kam es zu diesem Thema?

Ist mir heute so eingefallen, als ich das gleichnamige Lied von Magnum hörte - also keine nächtlichen Besuche auf dem Gottesacker, keine Sorge (außer zu Allerseelen, die vielen flackernden Lichter verzaubern den Ort, darum gehe ich immer erst im Dunkeln hin!)!

Wenn du "Tanz der Toten" googelst, findest du einige Trickfilme zu diversen Tonstücken, die mich inspirierten.

Der Song von Magnum ist zwar ein Antikriegslied, aber der Refrain hat mich an den klassischen Totentanz erinnert:

What a night though it's one of seven
What night for the dancing dead
What a night to be called to heaven
What a picture to fill your head

Ein schönes Lied ...

Die Welle der erweckten Geister wallt über die Gräberreihen, wirbelt im unirdischen, halb schon jenseitigen Tanze ... - ich habe es aber bewusst so geschrieben, dass es auch Nebelschwaden sein könnten, sodass alles auch die Einbildung eines Betrachters sein könnte.

Vielen Dank für deine profunden Gedanken! Du hast es wunderbar beschrieben:
"Religiös würde ich das nicht bezeichnen, eher spirituell und ein von innerem Pathos erzeugtes Stimmungsbild zu einer solchen Szene." - Punktlandung!

LG, eKy
__________________
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Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (22.04.2017 um 11:23 Uhr)
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Alt 23.08.2016, 10:30   #4
Wodziwob
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Hi eKy,

die Trickfilmchen zum Dance Makabre hab ich mir auch schon mal reingezogen. Sind recht originell. Und Dein Gedicht kongenial gelungen. Hat mir sofort gefallen. Im späten Mittelalter gab's eine regelrechte Totentanzbewegung, naja, die Pest.

Geisterhafte Grüße
Wozi
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Alt 23.08.2016, 18:57   #5
Dana
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Lieber eKy,

auch ich sah gleich den "Trickfilm" zum Totentanz, der mir sehr gefallen hat.
Dann googlete ich das Lied (ich kannte es nicht) und sah die anderen Bilder.

Dein Gedicht fand den "Mittelweg" ins Spirituelle und gefällt mir sehr. Nur vier Sätze in lyrischster Sprache. Besonders gefällt mir der Einstiegssatz: Es läutet Mitternacht aus der Kapelle, im Garten des Gedenkens blüht die Krume der Gräber auf, ....

Diesen "nächtlichen Glanz auf dem Gottesacker" habe ich ebenso noch in "zauberhafter Erinnerung" aus Kindertagen. Unser katholischer Friedhof im Dorf bot eine ganz andere Stätte im Gegensatz zum grauen Dorf mit zum Teil unbegehbaren Wegen. (Unbefahrbar kann ich nicht schreiben, denn Autos bekam man nur in der nächsten Stadt zu sehen. Ins Dorf kam nur ab und an ein Lastwagen.)

Dein Gedicht vermittelt jene spirituelle Ehrfurcht, die mir sehr vertraut ist.
Sehr, sehr schön.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 23.08.2016, 20:27   #6
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Wozi!

Ja, die Pest, und auch das nach christlichem Kalender errechnete Ende der Welt - als man dachte, das Universum wäre eine relativ überschaubarer Ort extra für uns und unsere charakterliche Fassgärung im Namen des Heiligen Geistes!

Im Mittelalter dachte man wirklich, dass es demnächst "aus" sei damit!

Ich habe mir auch all die alten Grafiken und Schnitte angesehen, Dürers Arbeit oder den Baseler Totentanz plus so einige mehr, immer interessiert am Grad der anatomischen Genauigkeit der Skelettdarstellungen: Damals galt der Körper ja als das heilige Ebenbild Gottes und war dementsprechend unantastbar für Sezierung oder Schulung von Ärzten (eine weitere Idiotie von Religion, die unzählige Leben gekostet hat!). Dementsprechend witzig waren zuweilen die Vorstellungen vom Skelett!


Hi Dana!

Du kennst ja mittlerweile den opulenten lyrischen Stil, den ich präferiere!

Ich selbst gehe immer bei Nacht zu Allerheiligen/Allerseelen auf den Friedhof, wenn die vielen weißen und roten Lichter ihn in ein Märchenreich verwandeln! Das hat einen ganz besonderen Zauber, den ich mit respektvollem Totengedenken verbinden kann, ohne mich all zu sehr ins religiöse Eck gedrängt zu fühlen.

Vielen Dank für deine lobenden Worte - immer wieder allergernst gelesen und aufgeschnupft!


LG, eKy
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Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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