22.01.2017, 16:03 | #1 |
TENEBRAE
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Tri-logisch
Schön wär's …
Tiefer geborgen in Räumen, die Balsam und Linderung wagen, höher gehalten in Träumen von Wohlsein und Labe, lösen dich Hände von Engeln, die Seelen wie Hostien tragen, leichthin wie Federn vom Reigen aus Pflichten und Habe. Liebend verwandelt in Hoffnung beginnst du wie Sterne zu leuchten, sanfter entgleitet die Welt deinen wachsenden Sinnen, freundlich entlassen vom Glauben an Dinge, dich wichtig dir deuchten, steigst du ins Jenseits, um größer dich dort zu beginnen. Jedoch … Wie gerne träumte sich der Mensch von je ein Bleiben in einer Seligkeit, sie nie mehr zu verlassen, erfand sich Götter, musste ihre Bücher schreiben sich selber zum Beweise wider sein Verblassen. Wie Kinder, die sich ängstlich um die Zauber scharen, die ihren kleinen Leben Halt und Trost verleihen, ersehnt der Mensch sich Anteil an dem einzig Wahren, das er sich fand in seinem Drang nach Ewigkeiten. Darum … Begreife dich endlich als Teil dieser Erde, sei glücklich zu sein, deine Summe der Tage erfüllend mit Leben, so wachse und werde und stelle nicht alles so sinnlos in Frage. Verdirb keine Stunde mit Hadern und Brüten ob möglicher Götter und Welten danach! Entstelle dein Sein nicht in haltlosem Wüten für ewigen Segen, den man dir versprach. Beginne von vorn dich nach jedem Zerbrechen, verfalle nicht willig behaupteter Stärke, die kleiner dich macht mit dem großen Versprechen vom Lohn nach dem Tode für göttliche Werke!
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (27.01.2017 um 17:21 Uhr) |
23.01.2017, 12:39 | #2 |
Gast
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das ist so ganz nach meinem Geschmack, lieber Erich. Keine leichte Kost, habe es schon ein paar Mal gelesen. Ja, nicht die "behauptete Stärke" macht uns stark fürs Leben und für den Tod, es ist der innere Frieden.
Das, was man vielleicht dann "weise" nennt. LG von Koko |
23.01.2017, 17:46 | #3 |
Slawische Seele
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Beiträge: 5.637
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Lieber eKy,
sehr weise und logisch aufgebaut mit "Schön wär's..., Jedoch..., Darum..." Eine sehr schöne lyrische Sprache, wunderbar erklärt und gefolgert - der perfekte Bibelersatz, der leicht überzeugen dürfte - jedoch ... Das ganz Besondere darin ist, es gibt keine zahllosen Auslegungsmöglichkeiten. Sehr gern gelesen und zugestimmt. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
23.01.2017, 18:56 | #4 |
TENEBRAE
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Hi Koko, Dana!
Vielen Dank für euer Lob und eure Gedanken! Was ich hier einsetzte, war eine stete Beschleunigung des Duktus - vom getragenen, fast salbadernden ersten Teil mit der romantischen Beschreibung vergeistigten Glaubens (XxxXxxXxxXxxXxxXx) mit betontem Auftakt - über den schon rascheren Mittelteil (xXxXxXxXxXxXx) mit ebenfalls 6 Hebern, aber mit nur jeweils einer Senkung dazwischen - bis hin zum eher griffigen, aber umso belebter wirkenden Vier-Heber-Vers (xXxxXxxXxxXx) des abschließenden Aufrufs. Die Fachtermini für diese Versformen sind mir nicht geläufig. LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (23.01.2017 um 19:59 Uhr) |
27.01.2017, 11:21 | #5 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo eKy,
Das ist ein Sahnestück! Zum einen, weil es ein Lehrstück in Sachen Takt, Hebungen ist und zum Anderen, weil es zum Nachdenken auffordert. Das Metrum läßt einen innehalten. Besonders bei „ Schön wär`s“ und „ Jedoch“. Das „ Darum“ liegt meinem Sprachtakt am nächsten, daher fiel es mir leichter dabei zu denken. Gedanken zu: „Schön wär`s“ Es geht um das Leben, und wie wie leben. Die Sprache wirkt verschnörkelt, aber ich finde sie sehr sehr schön. Sie erinnert daran, das wir innerlich leuchten könnten. Ich benutze die Möglichkeitsform, weil der Titel mich dazu veranlasst. Hier wird gehofft, das das Leben nach dem Tod, wertvoller ist. Die Sprache ist dabei so getragen, so das es sein könnte... Gedanken zu: „ Jedoch“ Hier gehst du mit dem Thema: Sein“ des Menschen auf dieser Erde anders ein. Hier wird deutlicher, das die Menschen sich mit Hilfen von Göttern, Glauben, Büchern die suggerieren, was auf Papier steht, muß wahr sein. Es ist das Suchen nach etwas Halt, nach etwas Sinn und dafür erfindet der Mensch, um es leichter für sein Leben zu haben, die Ewigkeit nach dem Tod. Gedanken zu: „ Darum“ Kurz gesagt: Lebe und sei mit dem zufrieden, was du hast. Die Menschen sollen sich nicht einem Gott, wer immer das auch sein mag, und wie immer der auch heißen mag zuwenden, sondern: Begreife dich endlich als Teil dieser Erde, sei glücklich zu sein, deine Summe der Tage erfüllend mit Leben, so wachse und werde und stelle nicht alles so sinnlos in Frage. Das sagt alles. Es ist die Essenz des Lebens. Sei so wie du geboren wurdest, und finde für dich die Lebensinhalte, die dich glücklich machen. ( aus sich selbst) In allen Gedichten steht die Sprache und der Klang im Vordergrund, damit will ich den nachdenklich Inhalt nicht schmälern. Letztendlich sind wir Menschen klein in unserem Denken. Jeder muß für sich den Weg zum Glück finden. Deine Aufforderung am Ende kann wach machen, um neu zu Überlegen ob die Ziele die man hat, die Ansichten der Glaube den man pflegt das Richtige ist. Ich für meinen Teil glaube, dass ich wenn ich nicht mehr lebe, verloschen bin, und dass ich wenn überhaupt durch die Natur, durch die physikalischen Ergebnisse unserer Erde wieder zu Etwas werde. Vielleicht, Stein, Blatt, Feder, Mensch aber das weiß ich auch nicht wirklich. Ich lebe jetzt und versuche jeden Tag zu genießen Liebe Grüße sy |
27.01.2017, 17:33 | #6 |
TENEBRAE
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Hi Sy!
Schön gedeutet, bloß das erste Stück soll die Vertiefung im Glauben darstellen, wie sie jene zu empfinden vermögen, die mit dem Beigebrachten zufrieden sind und es nie hinterfragen. Für sie ist allem am rechten Platz und damit gut, denn so steht es im heiligen Buch und muss damit wahr sein! Solche Menschen stellen sich dann ihr Dahinscheiden in etwa so vor - und das wäre ja für alle erstrebenswert und wunderschön, wäre da nicht dieses blöde Hirn, das denken will - und es bei manchen auch KANN und DARF! Für die ist dann Sense mit Paradies und Verzückung - das ist der Preis des Intellekts, der Wahrscheinlichkeiten objektiver zu gewichten versteht, weil er mehr weiß! Was sich der Mehr-Wissende dann so denkt, beschreibt der 2. Teil, und der 3. Teil zieht den daraus resultierenden lebensphilosophischen Schluss! Alle Götter sind letztlich nur Weihnachtsmänner für Erwachsene, Krücken für die Schwachen, Werkzeuge für die Mächtigen! Je wissender dein Überblick über die erwiesenen Gegebenheiten des Universums ist, desto marginaler erscheint dir die Wahrscheinlichkeit der Existenz von Göttern, wie wir sie verstehen. Höhere Wesen gibt es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - aber alles im Rahmen der Evolution! Das "Universum erschaffen" hat von denen keins! Was tatsächlich die Werdung des Kosmos bewirkte, ist für die nächsten Jahrtausende noch so weit jenseits unseres Begreifens, dass wir darüber gar nicht erst nachdenken sollten: Unser Hirn hat dafür einfach noch nicht die Kapazität! Da kämen bloß wieder neue "Religionen" bei raus! Vielen Dank für deine ausführlichen Gedanken! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
29.01.2017, 21:43 | #7 |
Lyrische Emotion
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Servus Erich,
zunächst einmal kann ich dich bezüglich der Versmaße aufklären: Im ersten Teil verwendest du abwechselnd einen sechshebigen und einen fünfhebigen Daktylus - feierlich. Der zweite Teil beinhaltet einen durchgängig sechshebigen Jambus -irdisch. Der dritte Teil kommt in einem flotten vierhebigen Amphibrachys daher -eindringlich. Über die Inhalte brauche ich ja nicht mehr viel zu sagen, weil hierzu ja eigentlich schon alles gesagt wurde. Ich finde diesen dreiteiligen Text eine gute Idee, auch die verwendeten Versmaße gliedern sich nahtlos ins Geschehen ein. Ich befürchte nur, dass diejenigen, die dieser Text eigentlich erreichen soll, sich damit nicht werden abfinden wollen, denn das andere ist viel bequemer und stellt noch eine gute Option dar. Die Hoffnung stirbt zuletzt... Meiner Meinung nach sollte es uns nicht kümmern, was danach ist oder nicht ist. Erstens kommt es so, wie es kommen soll und zweitens gilt das auch dafür, wenn nichts mehr kommt. Like Candles in the wind... In diesem Sinne gern gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
29.01.2017, 22:39 | #8 |
TENEBRAE
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Hi Faldi!
Vielen Dank für die Aufklärung! Ich schrieb einfach so, wie ich meine Gedanken/Gefühle vermitteln wollte - ich suchte in dem Sinne also nichts vorher aus, sondern dichtete einfach vor mich hin. Deine Zuweisungen "feierlich/irdisch/eindringlich" treffen aber sehr gut meine lyrische wie inhaltliche Intention bei den jeweiligen Abschnitten! Was letztlich beweist, dass man die Dichtkunst nicht studiert haben muss, um sich ihrer wirkungsvoll bedienen zu können! Intuition, Instinkt und ein gutes Gehör/Sprachgefühl machen das Kraut durchaus auch schon fett! Wozu also sollte ich die ganzen Fachtermini doch noch lernen!? Natürlich sollten wir uns keine Gedanken machen! Wenn es nie eine Möglichkeit geben mag, diesbezügleiche Annahmen zu verifizieren - welchen Sinn haben dann alle Mutmaßungen dazu? Ich sage dazu nur soviel: Dass es in der gesamten Menschheitsgeschichte nie einen haltbaren Beweis für ein Leben nach dem Tode gab, der kritischer Betrachtung standgehalten hätte; keine allgemein gültige Klarheit darüber im Kulturgedächtnis der Menschheit vorhanden ist, worin ansonsten über so gut wie alle Befindlichkeiten des Menschseins vorkommen - DAS lässt bezüglich der potentiellen Wahrscheinlichkeit betreffs der Existenz behaupteter Nachwelten tief blicken, wie ich finde! Vielen Dank für deine Gedanken! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
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