10.06.2017, 04:13 | #1 |
Eiland-Dichter
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Die Gegenwart
Die Gegenwart ist so wichtig, ja, aber weißt du was: Die Vergangenheit und die Zukunft interessieren mich mehr, so viel mehr, als die unwichtige Gegenwart.
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Es ist besser, schweigend für einen Dummkopf gehalten zu werden, als den Mund aufzumachen und es zu beweisen. Laura Karesek (04.05.2017) |
11.06.2017, 11:09 | #2 |
TENEBRAE
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Hi Schneefrau!
Hiermit stimme ich weder inhaltlich noch formal überein. Formal dahingehend, dass dies keine Lyrik ist, sondern bestenfalls ein Kalendersinnspruch oder eine Aussage zur Diskussionsanregung. Inhaltlich, weil die hier getroffene Aussage eigentlich auf die oberflächliche Dummheit und/oder Gedankenlosigkeit des Sprechenden hinweist, der die gesamte Gegenwart, in der er existiert, zugleich als wichtig bezwichnet wie als unwichtig verwirft. So ein "Nie-ganz-bei-sich-selbst-Sein" weist auf schwere Persönlichkeitsprobleme hin: Man ergreift die Flucht vor sich selbst, lebt in romantisierter Vergangenheit oder überschwänglich begeistert ausgemalter Zukunft - nur um nie wirklich bei dem ankommen zu müssen, was man selber tatsächlich ist oder darzustellen glaubt. Das hat Joda bereits am jungen Luke Skywalker kritsiert ("Das Imperium schlägt zurück"), dass er immer anderwo wäre im Kopf, nie bei sich oder dem, was ihn umgäbe - darum versage er auch im Erlernen der Macht. Das mag Scy-Fi sein, aber es verdeutlicht das Problem, das solche Gegenwartsverdränger grundsätzlich haben: Sie scheuen die wahrhaftige Auseinandersetzung mit einen vielleicht ungeliebten, aus welchen Gründen auch immer allzu mickrig oder negativ empfundenen Selbst, das in ihrer Gegenwart lauert. Diesbezüglich konterkariert der Sprechende sich ja auch selbst, indem er zu Beginn sagt, die Gegenwart "sei so wichtig". Es klingt aber wie eine einstudierte Phrase, vor allem, da er mit dem Ende ja exakt das Gegenteil behauptet, indem er die Gegenwart unwichtig nennt. Das Denken dieses Menschen hat also mit logischer Stringenz oder Selbstanalyse reichlich wenig zu tun. Die Frage ist nun für den Leser, ob du als Autor hier selbst sprichst oder aber ein in sich selbst indifferentes Ego entwirfst, ein LyrIch, das seine Probleme auf so augenfällig verbal ungeschickte Weise offenbart. Ein grundsätzliches Problem bei "Ich"-Sätzen: Der Leser weiß nie genau zu sagen, ob Autor oder erdachtes LyrIch sprechen. Von daher verkneife ich mir ein abschließendes Urteil bezüglich des Inhalts. Bezüglich der Form aber bleibt es eindeutig: Diese Form ist keine Lyrik! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
16.06.2017, 20:35 | #3 |
Eiland-Dichter
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Hallo Erich Kykal,
mal davon abgesehen, dass ich mich noch über dein Star Wars (?!?) Zitat verwundere, naja, eher amüsiere, muss ich jetzt leider zu "härteren Maßnahmen greifen" , da ich natürlich die Aussage, dieser Text sei keine Lyrik sowohl "inhaltlich als auch formal " ablehnen muss! Vielleicht einmal ein Zitat von Christian Wagenknecht, ehemaliger Professor für deutsche Philologie an der Uni Göttingen:
"Prosaische Lyrik: Inbegriff von Texten nur noch graphischer Gedichtförmigkeit. In Einzelfällen dient die Zeilengliederung zur Pointierung." ... ich hätte diese kurze Lyrik auch gern als Kurzprosa veröffentlicht, doch leider gibt es hier keine so bezeichnete Kategorie, somit eben unter "Diverse" ... ! Und falls Du etwas mehr über mein Verständnis, was Lyrik für mich ist oder eben nicht ... wissen möchtest - lies doch einfach mal mein Gedicht: "ein hoch auf die freiheit", dass ich am 17.03. hier auf der Insel veröffentlichte. Einen Gruß aus der Tiefkühltruhe , Schneefrau
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Es ist besser, schweigend für einen Dummkopf gehalten zu werden, als den Mund aufzumachen und es zu beweisen. Laura Karesek (04.05.2017) |
16.06.2017, 21:23 | #4 |
TENEBRAE
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Hi SF!
Schneefrau--->Tiefkühltruhe! - Amüsant! Okay, ich präzisiere meine Aussage: Dies ist FÜR MICH PERSÖNLICH keine Lyrik. Das ist meine ganz und gar eigene und subjektive und sehr wahrscheinlich nicht mehrheitstaugliche Ansicht zum Thema "moderne Lyrik". In diesem Zusammenhang verweise ich auf den derzeit aktuellen Faden "Trash-Dichtung" von Kokochanel im Satirebereich, wo ich diese höchst einseitige und ungerechte Ansicht näher ausführe - wenn auch emotional aufgeladener als hier. Ich habe auch schon diverse Gedichte darüber geschrieben. Hier ein Exempel: http://gedichte-eiland.de/showthread.php?t=13242 Ein Definitionsproblem. Keine Sorge - ich werde weitere "Prosalyrik" (fällt keinem die Perversion des Begriffes auf?) von dir nicht mehr belästigen. LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
17.06.2017, 18:25 | #5 |
Eiland-Dichter
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Hallo Erich Kykal,
... "Keine Sorge - ich werde weitere "Prosalyrik" (fällt keinem die Perversion des Begriffes auf?) von dir nicht mehr belästigen."
... oh, da war ich wohl etwas "zu bestimmt" ?! Wenn ein Schreibender nicht sein eigenes "Werk" verteidigt, wer soll es sonst tun ?! Was ich an "Schreib-Foren" im Netz durchaus schätze, ist die UNTERSCHIEDLICHKEIT ! Wenn eben nicht alle User "in die gleiche Kerbe hauen", bzw. sich die SchreiberInnen in Form und/oder Stil von einander absetzen oder wenigstens unterscheiden . Es wäre doch wirklich mehr als öde, wenn nur in "festen Formen" gedichtet würde ... für mich wäre das jedenfalls ein Grund, nicht mehr auf Foren zu lesen, geschweige denn selbst zu schreiben! Aus diesem Grund kann ich auch die Disskusion um "Trash Dichtung" von Kokochanel nicht so ganz nachvollziehen ... ! MIR geht es ja gerade um die Abwechslung (!). Je unterschiedlicher auf einem Forum gedichtet wird umso lieber ist es MIR ! Aus diesem Grunde bin ich dafür, dass "Jeder sein Ding macht" - das steigert für mich jedenfalls den "Lustgewinn" + , eines Forums! Ich empfinde "solche Streitereien" als sehr müßig! Doch höchstwahrscheinlich sehen andere User DAS völlig anders ... So, genug "gequasselt" ... gleich kommt Fußball ! Grüße aus dem Gefrierfach meines Kühlschranks, ich bin umgezogen ! Die Schneefrau
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Es ist besser, schweigend für einen Dummkopf gehalten zu werden, als den Mund aufzumachen und es zu beweisen. Laura Karesek (04.05.2017) |
17.06.2017, 21:18 | #6 |
TENEBRAE
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Hi Schneefrau!
Nur um einem Missverständnis vorzubeugen: Ich habe diesen von dir zitierten Satz nicht so geschrieben, weil ich wegen deines Kommis "eingeschnappt" wäre oder so, sondern aus Respekt vor dir als Person und Autor, die von dem, was sie tut, überzeugt und erfüllt ist. Meine Kommis zu moderner Lyrik wären weder hilfreich noch höflich, wie ich befürchte - darum sprach ich ja auch von "belästigen". Ich finde nun mal keinen Zugang zu dieser Art "Kunst", ganz im Gegenteil: Fast jedesmal befällt mich geradezu fanatische Wut, wenn ich dumm genug bin, es erneut zu versuchen! Ich schaffe es einfach nicht, da objektiv zu bleiben. Mein Fehler, ganz eindeutig. Gefriergetrocknete Grüße , eKy
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18.06.2017, 16:07 | #7 |
Eiland-Dichter
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Hallo Erich Kykal,
schon in Ordnung, missverstanden habe ich dich wohl nicht. Ich verstehe durchaus, dass man meinen kann "moderne Lyrik" (wieso eigentlich modern?! Klopstock "brach" doch schon mit den festen Formen von Goethe & Co. & er lebte immerhin vor über 200 Jahren!) sei keine Lyrik. Wenn man sich manches "Geschreibsel" im Netz zumutet, kann man schon zu dem Schluss kommen, dass "moderne Lyrik" eher in den Papierkorb gehört, als auf Foren veröffentlicht. Eines gebe ich aber nochmal zu Bedenken: Auch die Dichterei sollte man lernen - und woraus lernt ein Mensch?! ... aus der Erfahrung ! Somit habe ich eigentlich nie ein Problem, wenn Jemand "die ersten Schritte macht" ... ! Es gibt auch andere, wie mich z.B. die die festen Formen zwar durchaus schätzen, aber "Formarme, oder gar Formfreie Gedichte" ebenso ! Ich finde es einfach wunderbar, wenn Menschen, statt ihren Ärger, ihre Trauer, ihr Leid in sich "hinein zu fressen" - dieses eben verdichten - "um so quasi Erleichterung durch ein Aussprechen ihrer Probleme zu erlangen" - Dichtung als Therapie (grins!)! DAS ist doch mal ein Weg, der recht leicht gangbar ist ! Metrische Genauigkeit ist dafür jedenfalls nicht nötig! Allerdings ist es natürlich die Frage, ob es nicht "reicht", einfach nur ein Gedicht zu schreiben, ohne es unbedingt im Netz veröffentlichen zu müssen ... aber wiegesagt, dass wäre zumindest eine Erklärung für "dahingeschriebene" Gedichte. Ich selbst bin einfach durch "moderne Lyrik" wie Du sie nennst, geprägt worden - und DIE ist allerdings etwas ANDERES, als das "Therapie-Geschreibsel" im Netz ! Um es ganz einfach zu sagen: "Alles kann - Nichts muss" ... ist für's Gedichte schreiben (meiner Meinung nach,) der richtige Grundsatz !
Grüße von einer Schneefrau, die auch schon mit Sommer-Temperaturen klarkommen musste !
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Es ist besser, schweigend für einen Dummkopf gehalten zu werden, als den Mund aufzumachen und es zu beweisen. Laura Karesek (04.05.2017) Geändert von Schneefrau (18.06.2017 um 16:17 Uhr) |
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