19.05.2018, 14:31 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Am Gleisbett
Sie stehen da und wirken unnatürlich.
Wie klar sie sich dem grauen Hintergrund entheben und leicht wippen, gelb und zierlich, als täten sie allein den Frühling kund in ihrer kleinen Welt aus Stein und Eisen. Jedoch ist dieses zage Fröhlichsein verloren zwischen kargen Schienenschneisen, die sich als Käfig um die maitagleisen Bewegungen der Löwenzähne reihn.
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Schreiben, wie Monet malte. Geändert von Laie (21.05.2018 um 11:50 Uhr) |
19.05.2018, 20:15 | #2 |
ADäquat
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Hey Laie,
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19.05.2018, 21:15 | #3 |
TENEBRAE
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Hi Laie!
Schönes Bild mit Romantik wie Tragik. Ich wäre ja nie auf die Idee gekommen, Löwenzahn zu bedichten. Für mich ist diese Pflanze eine Seuche! Seit die Bauern überall ihre Wiesen mit Gülle überdüngen, bloß um noch ein paar Kühe mehr in den Stall stellen zu können, gibt es praktisch keine bunten Magerwiesen mehr, wie ich sie noch in meiner Kindheit kannte und so vermisse! Mit ihnen verschwanden viele Insektenarten, und heute sind diese "Wiesen" die reinsten Löwenzahnmonokulturen: ein ärmlich aufdringliches gelbes Meer über fetten bodennahen Blättern ... Das ist aber mein Problemchen. Das Gedicht ist gelungen und wurde sehr gern gelesen! LG, eKy PS: Liebe Chavi, ich habe kein Problem gehabt mit den von dir monierten Zeilen, da man die Auftaktworte hier auch unbetont anlesen kann. So was nenne ich einen undifferenzierten Auftakt - es geht so oder so. Meist folgt der Leser automatisch dem vorgegebenen Takt, auch wenn so ein Zeileneinstieg dann bisweilen etwas unnatürlich klingen mag. Ich selbst versuche in meinen Werken - aus Erfahrung mit mancherlei Einwänden klug geworden - solche mehrfach auslegbaren Auftakte zu vermeiden. Nicht immer einfach ...
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (19.05.2018 um 21:21 Uhr) |
19.05.2018, 21:48 | #4 |
Gast
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Hallo Laie
Der Löwenzahn ist stark, besonderes seine Wurzeln. Er kann mühelos Asphalt sprengen. Hier beschreibst du ein Bild, wie die Natur und die Zivilisation zusammenwirken oder streiten..... Der Eisen / Schienenschneisen / maitagleisen ( mein Favorit) Reim ist besonders. Sehr gerne gelesen juni |
20.05.2018, 00:20 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Ein schönes Gedicht!
An Chavalie und Erich... solche Stellen können den Erstleser verwirren und aus dem Takt bringen. Nur sind sie saloonfähig und mit öffterem Lesen zu vermeiden. Und tuen solche Ungleichgewichte einem Gedicht manchmal wirklich gut, wenn ein Auftakt etwas undefinierter eintritt. Das befreit vom jambischem "Leiern". Auch in solchen Zweistrophern! So ganz auf sie zu verzichten ist auch nicht die Lösung, vor allem nicht, wenn der Wortfluss einmal gegeben ist. Pinni.
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20.05.2018, 09:26 | #6 | |
ADäquat
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Zitat:
Lieber Erich,
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20.05.2018, 11:39 | #7 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hi Chavali,
vielen Dank für Lob und Beschäftigung mit den Löwenzähnen. Ich habe hier wirklich Stellen - wie du sie auch angeführt hast - die betont oder unbetont sein könnten. Aber ich glaube, dass ich das sogar wirklich oft so mache Also mein Schreib- und Lesegefühl hat mir bei diesem Gedicht zumindest keine Steinchen an den Kopf geworfen, um mich darauf aufmerksam zu machen. Vielleicht hat mein Gefühl aber hier auch versagt Hi eKy, die Idee kam nicht von mir, sondern vielmehr vom Moment. Der Zug hatte Verspätung und ich schaut so herum und dann fiel mir der Löwenzahn auf, der so fein und farbig gar nicht in die graue Umgebung passen wollte. Ich muss dazu sagen, dass ich hier nicht den Gewöhnlichen Löwenzahn (oder Müschek, wie wir in Bayern sagen) bedichte, sondern den Leontodon, der höher wächst und insgesamt schlanker ist. In Hinsicht auf die Wiesen gebe ich dir Recht! Wobei der Löwenzahn nur als Bild dafür steht, was der Mensch ruiniert, und er eigentlich nichts dafür kann. Vielen Dank auch für deine Ausführungen zu den Auftakten! Hi juli, es war wirklich mehr ein Widerspruch im Anblick. Der Löwenzahn wirkte wie dahingeworfen und gar nicht ins Bild gehörig. Auf das Wort "maitagleise" bin ich beinahe etwas stolz Ich danke dir für deinen Kommentar! Hi Pinni, ich denke auch, dass man es hier nicht so eng sehen sollte. Ab und an macht der Versuch alles zu vermeiden, was irgendwie nicht vollkommen sauber ist, doch viel mehr kaputt, als er gut macht. Vielen Dank für deinen Beitrag Beste Grüße an euch alle, Laie
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Schreiben, wie Monet malte. |
20.05.2018, 11:57 | #8 |
TENEBRAE
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Hi Pinni!
Das "Leiern", wie du sagst, kann man durch richtige Wortwahl und Satzkonstruktion, durch Auswahl von Betonungen und Klangfarben vermeiden - was der gute Dichter ohnehin automatisch so macht, sagt er sich doch seine Zeilen beim Schreiben schon innerlich vor. Man muss also keine indifferenten Auftaktkonstrukte setzen, oder diese solcherart rechtfertigen. Allerdings gebe ich gerne zu, dass sie sich eben nicht immer vermeiden lassen, will man mit seinem Text etwas Bestimmtes aussagen oder erreichen, weil zuweilen die Sprache eben nicht mehr hergibt. Übrigens: "Saloonfähig" ist in den USA so ziemlich alles, außer auf den Tisch zu kacken ... - Was du wohl meintest, ist "salonfähig". LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
20.05.2018, 12:03 | #9 | |
Erfahrener Eiland-Dichter
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20.05.2018, 15:03 | #10 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Ich finde ein gebrochener Auftakt, der in einem jambischen gedicht steht, mit ziemlich potenter Betonung kann dem Werk an der geeigneten Stelle einen Ruck geben, um das Gesagte mit dem Ausdruck zu unterstreichen.
Wenn beispielsweise erst eine liebliche Landschaft beschrieben wird, in der sich dann ein Donner oder etwas anderes plötzliches los reißt. Das sehe ich als geschicktes Stilmittel. Man muss nur wissen wo und wie anzuwenden. Immer rein metrisch gearbeitet macht nicht den großen Dichter. Und wer sowas freiweg immer moniert, offenbart freizügig seine Ahnungslosigkeit. Rilke und viele andere auch hängen sich nich immer an die gemeißelten Schemen. Da wird auch gerne mal frei durchgezogen, wie es Text und Inhalt eben gerade fordern oder benötigen. Schwierig ist nur zu wissen, wann passt es und wann eine andere Lösung idealr ist.
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