Gedichte-Eiland

Erich Kykal · 23.06.2018, 11:33

Der Garten ruht im Mittagslicht des Tages
und gürtet grün ein unbewachtes Haus.
Dort gehen selten Menschen ein und aus
am Rande eines immergrünen Hages.

Durch dieses Haus geht eine schwere Stille,
die nie nach draußen mündet in die Welt,
als hätte man es nur dort hingestellt,
weil irgendwann ein Plan war und ein Wille.

Dort lebt der alte Dichter ohne Worte,
als leide er am ausgesperrten Sein
und fände alle Dinge um sich klein
wie sein Verhalten an der schlichten Pforte.

Er hat sich lange aus dem Drang genommen,
sich auszutauschen. Seine Einsamkeit
ist wie ein Schweigen, das zum Himmel schreit,
doch unbeachtet bleibt und unvernommen.

Es ist ihm recht, er hadert nicht mit Dingen,
die einst zu suchen ihn ein Trieb beschwor,
der lange seine Gültigkeit verlor
wie jeder Wunsch in dauerndem Misslingen.

Das Haus behütet seine alten Tage,
als wüchse es um seinen Rest von Zeit
und rücke ihn in die Entlegenheit
von Fabelwesen aus dem Reich der Sage.

Thomas · 23.06.2018, 13:10

Lieber Erich,

in der zweiten Strophe wäre vielleicht "fließen" besser als "gehen", wegen des münden. Und in der letzten Strophe vielleicht "Rest an Zeit" statt "von".

Liebe Grüße
Thomas

Erich Kykal · 23.06.2018, 14:42

Hi Thomas!

Deine Versionen sind gut, aber meine Wahl steht mir ein wenig näher. Liegt vielleicht nur am Klangbild ...

LG, eKy

Laie · 23.06.2018, 18:11

Hi eKy,

ich bin ja eigentlich nicht der größte Fan von längeren Gedichten. Aber das hier
ist einfach nur wunderbar geschrieben. Jeder Vers ist ein Genuss und geht
ebenso genussvoll in den nächsten über. Du hast in deinen Kommentar zu
"Müde Häuser" geschrieben, dass du gern derlei fertigbrächtest. Wer solche Gedichte
wie dieses schreibt, braucht sich Derartiges wirklich nicht zu wünschen

Ich bin wirklich sehr angetan von diesem Gedicht.

Beste Grüße,
Laie

Erich Kykal · 23.06.2018, 20:22

Hi Laie!

Welch schöne Worte! Vielen Dank!

Ganz so "stimmig" wie du kriege ich weder Sprachmelodie noch Inhalt hin. Mein Dichten ist intellektueller, kopflastiger - so mein Gefühl, wenn ich unsere Arbeiten vergleiche.
Du vermittelst Gefühle, ich Gedanken. Du malst Bilder, die sich genügen - ich reihe sie zwanghaft zu einer Aussage.

Oh, ich habe durchaus Gründe, dich zu beneiden, werter Freund (wenn ich dich als geschätzten Dichterkollegen so nennen darf)!

LG, eKy

Deimos · 24.06.2018, 09:59

Hallo eKy,

das ist so klasse geschrieben, da traut man sich als kleiner Schreiber gar nicht rein

Bleibt einem wohl nichts anderes übrig, als ein Riesenlob dazulassen.

Gruß Deimos

Erich Kykal · 24.06.2018, 10:33

Hi Deimos!

Sei auch du bedankt für jedes Wort des Lobes! Sei gewiss - jedes davon wird gierig aufgesogen!

LG, eKy

Laie · 24.06.2018, 11:07

Hi eKy,

ich frage mich, wo genau in diesem Werk die Sprachmelodie nicht stimmig ist.
Ich wär mehr als zufrieden mit mir, hätte ich dieses Gedicht geschrieben

Bei den Gefühlen hast du recht. Ich schreibe fast ausschließlich darüber, weil ich
mich für philosphische, tiefgründige Gedanken nicht weise genug fühle (<- da haben wir das Gefühl wieder

)
Außerdem lässt sich doch feststellen, dass Gefühle und Gedanken sich gegen-
seitig beeinflussen und es beide ganz für sich nur selten gibt.

Es grüßt ein Freund!

Erich Kykal · 24.06.2018, 15:10

Hi Laie!

Vielleicht liegt es an der Vertrautheit mit den eigenen Zeilen, dass sie einem nie ganz so großartig erscheinen wie etwas, das jemand anderer geschrieben hat. Ich zumindest habe diesen Eindruck, wenn ich unser Dichten vergleiche, und dir mag es von der anderen Seite her ebenso ergehen.

Philosophisches kommt mit der Lebenserfahrung des Alters ganz von alleine - in meinen jungen Jahren habe ich auch "direkter" geschrieben, ganz auf das Vermitteln von Eindrücken und Bildern fokussiert. Viel mehr Natur- und Dinggedichte als Zwischenmenschliches und Allzumenschliches.

Auch Freund, so weit dieses beschränkte Medium das zulässt.

LG, eKy

***Chavali*** · 25.06.2018, 10:54

Lieber Erich,

viel besser als du kann man eigentlich gar nicht schreiben.
Jeder, der auf diese Art von Lyrik und Poesie steht, muss ein Werk wie dieses
einfach nur schön finden und bewundern - so wie ich

Habe deine wunderbaren Zeilen gern gelesen!
Am besten gefallen mir Strophe 1 und 6

LG Chavali

23.06.2018, 11:33	#1
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Refugium Der Garten ruht im Mittagslicht des Tages und gürtet grün ein unbewachtes Haus. Dort gehen selten Menschen ein und aus am Rande eines immergrünen Hages. Durch dieses Haus geht eine schwere Stille, die nie nach draußen mündet in die Welt, als hätte man es nur dort hingestellt, weil irgendwann ein Plan war und ein Wille. Dort lebt der alte Dichter ohne Worte, als leide er am ausgesperrten Sein und fände alle Dinge um sich klein wie sein Verhalten an der schlichten Pforte. Er hat sich lange aus dem Drang genommen, sich auszutauschen. Seine Einsamkeit ist wie ein Schweigen, das zum Himmel schreit, doch unbeachtet bleibt und unvernommen. Es ist ihm recht, er hadert nicht mit Dingen, die einst zu suchen ihn ein Trieb beschwor, der lange seine Gültigkeit verlor wie jeder Wunsch in dauerndem Misslingen. Das Haus behütet seine alten Tage, als wüchse es um seinen Rest von Zeit und rücke ihn in die Entlegenheit von Fabelwesen aus dem Reich der Sage. __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (23.06.2018 um 11:41 Uhr)

23.06.2018, 13:10	#2
Thomas Erfahrener Eiland-Dichter Registriert seit: 24.04.2011 Beiträge: 3.375	Lieber Erich, in der zweiten Strophe wäre vielleicht "fließen" besser als "gehen", wegen des münden. Und in der letzten Strophe vielleicht "Rest an Zeit" statt "von". Liebe Grüße Thomas __________________ © Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller

23.06.2018, 14:42	#3
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Hi Thomas! Deine Versionen sind gut, aber meine Wahl steht mir ein wenig näher. Liegt vielleicht nur am Klangbild ... LG, eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

23.06.2018, 18:11	#4
Laie Erfahrener Eiland-Dichter Registriert seit: 17.11.2015 Ort: Oberpfalz Beiträge: 539	Hi eKy, ich bin ja eigentlich nicht der größte Fan von längeren Gedichten. Aber das hier ist einfach nur wunderbar geschrieben. Jeder Vers ist ein Genuss und geht ebenso genussvoll in den nächsten über. Du hast in deinen Kommentar zu "Müde Häuser" geschrieben, dass du gern derlei fertigbrächtest. Wer solche Gedichte wie dieses schreibt, braucht sich Derartiges wirklich nicht zu wünschen Ich bin wirklich sehr angetan von diesem Gedicht. Beste Grüße, Laie __________________ Schreiben, wie Monet malte.

23.06.2018, 20:22	#5
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Hi Laie! Welch schöne Worte! Vielen Dank! Ganz so "stimmig" wie du kriege ich weder Sprachmelodie noch Inhalt hin. Mein Dichten ist intellektueller, kopflastiger - so mein Gefühl, wenn ich unsere Arbeiten vergleiche. Du vermittelst Gefühle, ich Gedanken. Du malst Bilder, die sich genügen - ich reihe sie zwanghaft zu einer Aussage. Oh, ich habe durchaus Gründe, dich zu beneiden, werter Freund (wenn ich dich als geschätzten Dichterkollegen so nennen darf)! LG, eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

24.06.2018, 09:59	#6
Deimos Marsmond Registriert seit: 20.05.2009 Ort: im Weltall Beiträge: 499	Hallo eKy, das ist so klasse geschrieben, da traut man sich als kleiner Schreiber gar nicht rein Bleibt einem wohl nichts anderes übrig, als ein Riesenlob dazulassen. Gruß Deimos __________________ „Seine Zeit als welthistorisches Volk liegt hinter ihm.“ Zitat aus Finish Germania von Rolf Peter Sieferle über die Deutschen

24.06.2018, 10:33	#7
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Hi Deimos! Sei auch du bedankt für jedes Wort des Lobes! Sei gewiss - jedes davon wird gierig aufgesogen! LG, eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

24.06.2018, 11:07	#8
Laie Erfahrener Eiland-Dichter Registriert seit: 17.11.2015 Ort: Oberpfalz Beiträge: 539	Hi eKy, ich frage mich, wo genau in diesem Werk die Sprachmelodie nicht stimmig ist. Ich wär mehr als zufrieden mit mir, hätte ich dieses Gedicht geschrieben Bei den Gefühlen hast du recht. Ich schreibe fast ausschließlich darüber, weil ich mich für philosphische, tiefgründige Gedanken nicht weise genug fühle (<- da haben wir das Gefühl wieder ) Außerdem lässt sich doch feststellen, dass Gefühle und Gedanken sich gegen- seitig beeinflussen und es beide ganz für sich nur selten gibt. Es grüßt ein Freund! __________________ Schreiben, wie Monet malte.

24.06.2018, 15:10	#9
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Hi Laie! Vielleicht liegt es an der Vertrautheit mit den eigenen Zeilen, dass sie einem nie ganz so großartig erscheinen wie etwas, das jemand anderer geschrieben hat. Ich zumindest habe diesen Eindruck, wenn ich unser Dichten vergleiche, und dir mag es von der anderen Seite her ebenso ergehen. Philosophisches kommt mit der Lebenserfahrung des Alters ganz von alleine - in meinen jungen Jahren habe ich auch "direkter" geschrieben, ganz auf das Vermitteln von Eindrücken und Bildern fokussiert. Viel mehr Natur- und Dinggedichte als Zwischenmenschliches und Allzumenschliches. Auch Freund, so weit dieses beschränkte Medium das zulässt. LG, eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (27.11.2018 um 22:52 Uhr)

25.06.2018, 10:54	#10
*Chavali* ADäquat Registriert seit: 07.02.2009 Ort: Mitteldeutschland Beiträge: 13.004	Lieber Erich, viel besser als du kann man eigentlich gar nicht schreiben. Jeder, der auf diese Art von Lyrik und Poesie steht, muss ein Werk wie dieses einfach nur schön finden und bewundern - so wie ich Habe deine wunderbaren Zeilen gern gelesen! Am besten gefallen mir Strophe 1 und 6 LG Chavali __________________ . Meine Gedichte *--- Meine Blumen-Mini-Sammlung ---* Trauergedichte © auf alle meine Texte *Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz* *

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