03.10.2009, 17:43 | #1 |
Galapapa
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Gedankenreise
Ich schließ die Augen, müßig, still und schweigend
und lasse den Gedanken ihren Lauf. Leicht schweben sie, das Firmament ersteigend, bis in das leere, schwarze All hinauf, mir die Unendlichkeit der Schöpfung zeigend. So nichtig klein erscheint mir dann mein Dasein, so wenig wichtig und bedeutungslos. Ich wünsch mir dann, ich könnt den Sternen nah sein, doch die Entfernung ist so riesengroß, die Welt, sie muss wohl ohne jedes Maß sein. So kehren die Gedanken heim, bescheiden und mit der Selbsteinschätzung eines Nichts. Dennoch, ich habe Keinen zu beneiden und keinerlei Empfindung des Verzichts, vertraue blind, hab keine Angst zu leiden. Geändert von Galapapa (04.10.2009 um 12:34 Uhr) |
03.10.2009, 18:05 | #2 |
gesperrte Senorissima
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Lieber Galapapa,
zuerst meinen Respekt für das interessante und ungewöhnliche Reimschema! Der Inhalt spricht mich sehr an, wie nicht anders zu erwarten. Trotzdem hab ich ein paar Anmerkungen: 2 x in den ersten 3 Zeilen "still" finde ich - hm - nicht zu 100 % gelungen. Ist das All wirklich leer? Sind nichtig und klein nicht fast Synonyme? S3Z3: Schade, daß der Akkusativ (niemanden) nicht in die Metrik paßt. Dennoch: LOB von cyparis! (Erbsen zählend) |
03.10.2009, 23:02 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo Galapapa
Wie ich lese ist dein Gedicht gut geformt in Metrik sowie den Reimen und rhythmisch gehts ohne Holperer, das gefällt mir gut. Kritisch sehe ich wie Cyparis die Doppelung, das könnte aber leicht geändert werden. Auch inhaltlich verstehe ich fast alle deine Gedanken zur Gedankenreise, denke, dass ich deine Intention nachvollziehen kann. Ja, das ist im allgemeinen die Ansicht zur Gedankenfreiheit. Sie können vordergründig überallhin, alles sich erdenken und vor allem erträumen. Man sagt, sie reisen in sämtliche Dimensionen und Weiten. Bis zu den Sternen und darüber hinaus. Das muss ein Philosphlein wie ich zum Kommentieren nötigen. Warum wünscht sich Mensch nahe bei den Sternen zu sein? (Strophe2, Zeile3) Er ist doch inmitten aller! In der ersten Strophe wird den Gedanken freien Lauf gelassen, um in der letzten "heimzukehren". Dabei waren sie nie wirklich woanders. Rational gesehen haben sie sich eigentlich die Vorstellung von den Sternen und dem schwarzen All zu sich ins Hirn geholt, ein Abbild erzeugt, oder? Ebenso von sämtlichem anderem Erträumten, Gedachten. Insofern ist die Freiheit der Gedanken sich Eigenes zu erdenken. Ist das also mit Gedankenfreiheit gemeint? Was hätte das denn mit der Schöpfung (die Umwelt) zu tun. Die ist doch wesentlich weiträumiger, größer und vielfältiger, als unsere Möglichkeiten des Gedankenapparates. Auf welche Sache hegt LI kein Empfinden des Verzichts? Auf die eigene Gedankenwelt oder auf die Welt? Ich finde keine Verbindung deiner letzten Zeile zu den übrigen Aussagen, vielleicht verstehe ich da deine Absicht nicht. Blaugold |
04.10.2009, 09:44 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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hallo galapapa,
ich konnnte deine empfindungen beim lesen des gedichtes sehr gut nachvollziehen. ich bin mir nicht so sicher, ob unsere gedanken, wenn sie sich auf etwas bestimmtes konzentrieren, nicht auch ein wenig tatsächlich dorthin reisen! (zumindest gibt es seriöse wissenschaftler, die sich auch damit beschäftigen und diesen schluss nicht ganz verweigern, z.b. rupert sheldrake: "der siebte sinn des menschen"). die doppelung in der ersten strophe ließe sich durch ein "ruhig" zu beginn der dritten zeile abändern, "niemand" könnte man durch "keinen" ersetzen, dann wäre auch der von cyparis erbetene akkusativ drin. sich angesichts der größe des universums klein zu fühlen ist begreiflich, sich dennoch nicht gering erachten zu müssen, eine gnade! für mich passt das durchaus zusammen, denn auch mir geht gern der sinn nach "oben"- und ist er erst emporgeschwoben, gewandert auf der himmelsleiter, dann fühl ich mich befreit und heiter, bin klein, hab trotzdem meine größe (damit das sein nicht furcht einflöße). nun sind wir zwei, die das verstehn . will noch wer mit uns reisen gehn? liebe grüße, "geschwobenerweise" larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich! |
04.10.2009, 13:43 | #5 |
Galapapa
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Hallo Cyparis,
danke für Dein Lob und für die Anregungen! Die Doppelung war mir schlicht entgangen; schon geändert. Mit dem Akkusativ habe ich zunächst gerungen, dann auf "Keinen" geändert, wobei mich dann das "keinerlei" der nächsten Zeile gestört hat. Also dachte ich, vielleicht geht's als "dichterische Freiheit" durch. Aber Du hast Recht! Wir haben Regeln, und an die müssen wir uns halten, sonst geht unsere Sprachkultur irgendwann den Bach runter. Das "leere All" ist die Betrachtungsweise aus unserer Sicht. Es gibt kein anderes Sonnensystem in unserer Galaxie, erst recht nicht in einer anderen, das wir irgendwie erreichen können. Also ist, von uns aus gesehen, das All leer bis ins Unerreichbare. Nichtig und klein sehe ich in ihrer Bedeutung schon unterschiedlich. "Nichtig" bezieht sich auf die Bedeutung einer Sache, "klein" mehr auf die Ausmaße, kann aber auch synonym eingesetzt werden. Natürlich war das eine auch ein Silbenfüller, aber kein "weißer Schimmel". Ich danke Dir für Deine sehr nützlichen Hinweise! Zu Deiner Klammer: Mit jeder gezählten Erbse kommt man der Perfektion ein Stück näher! Mit einem herzlichen Gruß! Galapapa Hallo Blaugold, vielen Dank für Dein Lob und die interessanten Überlegungen zum Text! Erst mal zu "mitten unter den Sternen": Die Sehnsucht , den Sternen näher zu sein, spiegelt natürlich unsere Sicht der Dinge. Die Sterne sind für uns unerreichbar und sind deshalb zu weit weg. Dies kommt auch in der darauf folgenden Zeile zum Ausdruck: "...doch die Entfernung ist so riesengroß...". Der Text ist also bewußt näher an dem, was wir empfinden, weniger an dem, was wir wissen. Unsere grenzenlose Neugier ist der Antrieb für unser Bestreben, die Schöpfung zu verstehen. Was wir nicht begreifen und verstehen, beunruhigt uns. Dahinter steckt im Grunde der Selbsterhaltungstrieb, eine genetische Grundausstattung. Wenn wir unsere Umwelt nicht mehr verstehen, verzichten wir somit auf diese Sicherheit. Daher der Gedanke des Verzichts. Wir gehen mit unseren Gedanken auf dieser Reise ja an die Grenze unseres Verstandes. Die Begriffe "Unendlichkeit" oder "ewig" kann unser Hirn nicht wirklich verstehen. Je weiter wir die Reise fortsetzen, desto mehr solche Unbegreiflichkeiten begegnen uns, bis hin zur Frage nach dem Sinn... Wenn ich es nun schaffe, mich mit der Erkenntnis meines Unvermögens zufrieden zu geben, dann erleide ich auch kein Verzichterlebnis. Dazu gehört jedoch ein großes Maß an Vertrauen, dass alles gut ist. Ein Vertrauen, das die Religionen mit einem Gott "hinterfüttern", mit dem sie sich dann wieder im sicheren Bereich des Verstehens bewegen. Das Gedicht ist also im Wesentlichen gemeint als eine Anregung, diese Freiheit der Gedanken, die Du ansprichst, viel argloser zu benutzen und zu versuchen, einen Weg zu finden, mit den Grenzen unseres Verstandes ohne Angst und Beklemmung umzugehen. Vielleicht konnten Dir diese Erläuterungen meiner Gedanken den Text in ein nur etwas anderes Licht rücken. Ich danke Dir nochmals und sende Dir einen herzlichen Gruß! Galapapa Hallo larin, Deine Überlegungen zu unseren Gedanken finde ich hochinteressant! Gleichwohl aber auch gefährlich, wenn man erst einmal bis an die Grenzen unseres Verstandes hinaufgeschwoben ist. Die Gedanken haben ihre Grenzen da, wo noch nie Gesehenes, Erlebtes, Erfahrenes, also all das, was wir nicht kennen und begreifen können, anfängt. Und sie überschreiten diese Grenzen mit Hilfe des Wissens. Genau dabei habe ich ein unangenehmes Gefühl. Da geistert mir immer ein großes Fragezeichen namens Selbsttäuschung durch den Kopf... Deinen gereimten Restkommentar finde ich schlicht spitze! Bringt er doch das zu Ausdruck, was ich mit meinem Text vermtteln wollte: Unverklemmten, heiteren Umgang mit dem, was wir nicht verstehen. Denn nur so ist unser Selbstwertgefühl ohne sich aufzugeben gesund, und wir gehen immer wieder gern auf diese Reise... Nochmals danke! Mit einem herzlichen Gruß! Galapapa |
04.10.2009, 16:04 | #6 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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lieber galapapa,
ich kann im augenblick nicht nachvollziehen, aus welcher meiner zeilen du "gefährliches" herausgelesen hast, nehme aber an, dass es der passus über rupert sheldrake war. dieser versucht, bereiche menschlicher erfahrung fassbarer zu machen (vorahnungen, das gefühl, beobachtet zu werden, tiere- die "wissen" , wann ihr halter heimkommt, usw... ). sheldrake spricht in dem zusammenhang von sogenannten "morphogenetischen kraftfeldern", die eine verbindung auch zwischen weit entfernten personen herstellen, soferne sie einander in irgendeiner weise nahestehen. tartsächlich konnte er zum beispiel eine statistisch signifikante häufigkeit von richtigen antworten feststellen, mit der versuchspersonen "erraten", wer gerade anruft, wenn der anrufer eine ihnen bekannte person war. ( als eines von vielen beispielen, die man in seinem buch nachlesen kann) seltsam ist es doch , dem internet als einem medium aus kabeln, strom und "toter materie" trauen wir zu, dass es imstande ist, uns kommunikativ zu verbinden - und unserem geist selbst, der dieses internet geschaffen hat, trauen wirs nicht zu , dass ers könnte? (vor hundert jahren hätte übrigens auch niemand an die möglichkeiten eines internets geglaubt.) ich behaupte: gedanken können mehr, als wir bislang meinten. gedanken sind energie. alles was zur tat reift, war vorher mal ein gedanke.... bevor wir mit einer rakete zum mond gereist sind, waren wir in gedanken schon hunderte male dort.... liebe güße, larin
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04.10.2009, 19:10 | #7 |
Galapapa
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Hallo larin,
da muß ich nochmal antworten. Du hast mich wegen des Gefährlichen mißverstanden. Was ich meinte, war, dass an der Grenze des Verstandes die Gefahr besteht, dass wir diese mit Hilfe der Phantasie, die mit gespeichertem Wissen arbeitet, überschreiten, ohne zu berücksichtigen, dass das, was wir ab dort "sehen" in unseren Köpfen entstanden ist und mit der Realität nichts mehr zu tun hat, es sei denn durch einen wahnwitzigen Zufall. Das hat natürlich nichts zu tun mit den "mophogenetischen Kraftfeldern", von denen Du geschrieben hast. Gerade diese Sache aber finde ich hoch interessant. Erleben wir doch oft in unserem Leben Dinge, für die wir keine Erklärung haben (,was allerdings keineswegs heißt, dass es keine gibt!). Es ist heute ja möglich, mit sehr geringen Energiemengen Daten ohne Kabel über große Entfernungen zu übertragen. Also sollte auch denkbar sein, dass Gedanken, die ja tatsächlich aus Energie bestehen, die im Hirn verschalten wird, auf diesem Wege übertragbar sind. Die Frage wäre, haben wir einen Sender bzw einen Empfänger für solche Energie? Ein interessantes Wissensfeld, das wohl noch nicht einmal richtig angekratzt ist... Einen herzlichen Gruß an Dich! galapapa |
04.10.2009, 20:55 | #8 |
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lieber galapapa,
definitiv muss es so etwas geben wie diese "kraftfelder"- auch wenn wir uns ihrer selten bewusst werden. hab heuer im frühsommer selber so etwas eigenartiges erlebt: an einem samstag nachmittag hielt ich ein schläfchen und träumte dabei einen seltsamen, intensiven traum. im diesem traum läutete mein handy - ich konnte den anrufer zuerst kaum verstehen, ein mir nur wenig bekannter mann meldete sich und meinte : frau soundso, haben sie auf das treffen vergessen...? ich konnte mich im traum nicht an irgendeine abmachung erinnern. mein grübeln darüber war so intensiv, dass ich erwachte und weitergrübelte, was denn dieser seltsame traum zu bedeuten hätte. eine knappe minute verging, da hörte ich, wie das telefon klingelte. ich hörte, wie mein mann zum telefon ging, abhob, und sich meldete. dann kam er mit dem hörer zu mir. der anruf war für mich . es war mein vater, der fragte: "hast du vergessen , dass heute dieses treffen ist...?" ich hatte es tatsächlich vergessen! mein traum muss exakt zum dem zeitpunkt stattgefunden haben, als mein vater beschlossen hatte, mich anzurufen! ( und sicher wird er sich dabei etwas ungehalten gedacht haben: ja verflixt noch mal, wo bleibt sie denn?) ich meinte dann jedenfalls grinsend: "wenn du mich wieder mal im traum anruftst, melde dich bitte mit deinem richtigen namen, sonst kenne ich mich nicht aus!" wenn das nicht ein schönes beispiel für sheldrakes theorie ist, dann weiß ich nicht... liebe grüße, larin
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