05.01.2010, 22:10 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Der Dichter und sein Fahrer
Wo Rhein und Mosel sich zusammen fügen,
da plätschern Wellen leis wie muntrer Quell. Dort am Gestade steht man mit Vergnügen…. “Nimm mal das Handy raus, ruf im Hotel gleich an und melde, dass wir kommen, und frag auch, ob das Zimmer fertig ist!“ Oh, habt den Klang der Wellen ihr vernommen, die meiner Seele Zuflucht sind, wann immer trist das Leben mir die kalte Schulter bietet….. „Sehn wir heut Nachmittag uns Koblenz an? Der Wagen ist bis morgen Früh gemietet …..“ Doch machtvoll zieht der Strom in seinen Bann! Wehklagend Herz! Gequält liegst du, in Banden und suchst verzweifelt Hoffnung, die dir frommt…. „Gib mir den Schlüssel rüber, dir kommt er abhanden! Kannst du mal gucken, wann die nächste Ausfahrt kommt?“ Ich suche dich, in meinem dunklen Drange fällt nun dem Strom anheim dein Unterpfand…. „Sag, geht das etwas schneller? Du brauchst lange! Hältst du die Karte jetzt verkehrt rum in der Hand?“ So prallen Traum und Wahrheit aufeinander. Der eine, der sieht rot, der andre rosa. Doch letztlich ists egal: Denn miteinander ergänzt sichs gut, hie Lyrik und da Prosa….. Geändert von a.c.larin (06.01.2010 um 11:07 Uhr) |
05.01.2010, 23:11 | #2 |
gesperrte Senorissima
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Liebe larin,
ich hoffe, daß der Chauffeur nicht Dein Dir Angetrauter war und daß Du ihn in Rheinesfluten versenkt hast! Ein paar klitzkleine Interpunktionsabweichungen wiegen nicht viel in diesem lustiggarstigen Gedicht. Ich war dabei! Und wie... (Da kommen Erinnerungen hoch..) Für die letzte Zeile hätt ich eine altmodische Variante parat: ...ergänzt sich's gut: Hie Lyrik und dort Prosa. Gelungene Leicht-Satire! Lieben Gruß von cyparis (Dös Farbenspül höts net braucht!) |
06.01.2010, 11:18 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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guten morgen leier,
wie du ganz richtig erkannt hast, ist dieser text eine satirisch überhöhte verfremdung ganz alltäglicher begebenheiten..... aus meiner sicht kommen beide teile nicht ganz ungeschoren davon: weder der knochentrockene realist, der kein gespür für traum und schönheit hat, noch der romantische träumer, der vor lauter sinnieren nicht merkt, dass er die karte verkehrt rum hält und dadurch die richtige ausfahrt verpasst... wen von den beiden soll man denn da strafweise in den rhein schmeißen? (aus gründen des umweltschutzes würde ich solche verschmutzung außerdem strikte für verwerflich halten ) faktum ist: wir leben in unterschiedlichen realitäten, die gelegentlich etwas unsanft aufeinander prallen. aber das eine für das andere zu opfern wäre nicht meine lösung. eher schon dies: die erkenntnis, dass die beiden auf einander angewiesen sind, weil sie die jeweils andere seite von welt repräsentieren - und dass sie ja dadurch auch von einander lernen könnten! vielfalt statt einfalt! humor statt intoleranz! deine anregung (die "altmodische" variante ) halt ich für topaktuell ( weil überaus passend) und hab sie dankend ins gedicht eingebaut! liebe grüße, larin |
06.01.2010, 12:04 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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liebe larin,
gute idee, gut umgesetzt... persönlich favorisiere ich den träumer, der intuitiv spürt, dass sich in der "wirklichkeit" einiges mehr verbirgt, als der "realist" wahrnimmt. realisten sind ja oft langeweiler, die es sich auch leicht machen, da sie ihren geist auf sehr einfachem niveau "binden" - das erspart jedes risiko. liebe grüße traumbert |
06.01.2010, 16:25 | #5 |
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hallo norbert,
es freut mich, dass dir meine idee und deren umsetzung gefällt. da wir hier in einem lyrik -forum sind, ist es nur wenig verwunderlich, dass die träumer eindeutig den vorzug bekommen. trotzdem möchte ich eine lanze (auch) für die realisten brechen: wer würde denn die träume der träumer umsetzen, wenn nicht die, die mit beiden beinen in der realität stehen? (abgesehen davon gibt es nicht nur eine "realität", sondern deren viele). dass realitätsbewusstsein automatisch gleichzusetzen wäre mit schlichtheit mag ich ohne ergänzung nicht unterschreiben. gerade wenn man sich mit der realität beschäftigt, kann man auf sehr kompliziertes stoßen... ich entnehme aber sowohl deinem und auch leiers kommentar, dass euch mein "dazwischenquatscher" aus der lyrischen stimmung gerissen hat, in die euch das lyrich hineingeführt hätte... mea culpa! dann wil ich doch mal nicht so sein - und reiche das "störungsfreie" koblenzgedicht an anderer stelle nach. liebe grüße, larin |
06.01.2010, 18:39 | #6 |
Slawische Seele
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Liebe larin,
das ist einfach nur köstlich und ganz toll umgesetzt. Ich denke schon, dass beide eine "Daseinsberechtigung" haben, obwohl mir Träumer stets sympathischer sind. Diese zwei scheinen sich zu ergänzen, denn vom Träumer kommen gar keine Klagen - im Gegenteil, der Träumer reagiert, ohne unbedingt aus den Träumen heraus zu treten. (Wenn mich so ein "Störenfried" aus den Träumen reißt, weil es notwendig war, verfalle ich fast in eine "Sekundendepression" aus Mitleid mit den Realisten. Mir ist, als würden sie nicht sehen, nicht hören und nicht fühlen.) Gerade aber die sagen mir dann, ich würde am Leben vorbei gehen. Es stimmt wohl beides - anteilig. Ein zauberhaftes Gedicht - liebevoll und lustig. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
06.01.2010, 20:14 | #7 |
Von Raben umkreist
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Hallo a.c.larin,
ob Traum und Wahrheit wirklich aufeinander prallen? Vielleicht brauchen wir Menschen diese Kombination. "Und jeder nimmt und gibt zugleich und träumt und tut." Grüße von Mandrillo |
07.01.2010, 19:12 | #8 | |
Erfahrener Eiland-Dichter
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hallo dana,
es kann konträres durchaus friedvoll beisammen leben, vorausgesetzt, die nötige toleranz auf beiden seiten ist vorhanden, den anderen so zu belassen , wie er ist - ohne ihn zwangsläufig ummodeln zu wollen. und ob die beiden "berechtigt" auf der welt sind - oder eher nur "zufällig" ist für mich auch keine frage - jeder ist halt so, wie er ist, jeder kann was anderes gut. die beiden einander gegenüberzustellen kann aber, eben wegen ihrer gegensätzlichkeit, erheiternd wirken. genau das war meine absicht, fein, das du das amüsement mit mir teilen kannst. da freue ich mit sehr hallo mandrillo, Zitat:
auch wenn der dichter und sein fahrer glücklicherwesie nicht "aufeinander prallen "- aber sie bilden unverkennbar gegenpole, antagonisten ( davon lebt jedes gute schauspiel ), und dieses wechselspiel braucht der mensch als ein auf ein du bezogenes wesen unbedingt, da würde ich nicht nur "vielleicht". sondern gleich mal kräftig "ja" sagen. aber, wie heißts so schön: "gleich und gleich gesellt sich gern - gegensätze ziehen sich an." die spannung lebt vom gegensatz. liebe grüße an beide, larin |
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09.01.2010, 15:27 | #9 |
der mit dem Reim tanzt
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Liebe Larin, wenn ich es nicht besser wüsste aufgrund persönlicher Begegnung mit euch zwei Personen in der Nähe, sehe ich hier doch nur eine Person, die mit zwei Seelen in einer Brust in fast schizophänen Schüben sich selbst im Wege steht ( die Ausfahrt verpasst ).
Wo Gegensätze sich im Kampfe fügen, da schmelzen meistens glühend sie zusammen. Es hilft nun nichts, sich wieder zu betrügen, dass nur durch Zufall sie entgegen schrammen. Der Sinn und auch das Gute ist gewollt, denn größrer Reichtum kehrt jetzt ein. Dem Leben sind Bereiche neu gezollt mit Vielfalt zu manch selbstbewussten Sein. Das Konträre hast du sehr anschaulich beschrieben und auch ein wenig die gegeseitige Abhängigkeit. Schönes Werk, dass ich gern gelesen und überdacht ( jetzt wichtig ) habe. Gruß Archimedes ...der mit den glühenden Kreisen
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gestörte Kreise Geändert von Archimedes (09.01.2010 um 15:33 Uhr) |
09.01.2010, 16:54 | #10 |
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lieber archimedes,
wie kommst du denn drauf , dass ich hier so private dinge verraten könnte? hab ich da etwa was ausgeplaudert...? gegensätzlichkeiten und unterschiede gibts auch bei viel gleichklang - sonst wärn wir ja nur einer des anderen klon! wie ich schon weiter oben sagte: die dichtung lebt aber vom kontrast. also liegt es in der dichterischen freiheit, ein wenig zu übertreiben, um poiniterter zu werden. das mit den "zwei seelen in der brust" ist ein interessanter gedankengang - da könnt ich dir sogar zustimmen. ich sollte ja jetzt auch vernünftigerweise ganz was anderes tun, und statt dessen guck ich (schon wieder) nach gedichten. da hör ich doch gleich wieder so eine mahnende stimme in mir.... dein antwortgedicht zeigt mir, dass auch in dir vieles angeklungen ist, was neue kreise zieht... danke fürs reinschauen und mitphilosophieren! larin |
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