11.04.2011, 20:48 | #1 |
SydneyIsMyCastle
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The first cut is the deepest
Und wenn man nichts mehr sagen kann,
Dann muss man manchmal schweigen. Die Stille frisst die Seele auf, Was folgt ist großes Leiden. Natürlich war die Zeit ganz schön, Doch nun ist sie zu Ende. Im Geist hallt nach der süße Schmerz, Die Augen sprechen Bände. Ich bin nicht so der Freundschaftstyp. Vorbei lässt nichts mehr offen. Doch ab und zu verzagte ich Und wagte es zu hoffen. Die Hoffnung ist ein Wundertraum Und jeder will ihn haben. Doch fällt er wie ein Kartenhaus An stürmischeren Tagen. Die Wut, dass es uns nicht gelang Das Alte fortzusetzten, Das ließ uns beide rücksichtslos Einander sehr verletzten. Und das Schweigen scheint am Ende, Wie ein Schmetterling im Schnee. Es befreite meine Seele, Doch der erste Bruch tut weh. |
08.07.2011, 19:46 | #2 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo, Canberra,
"The first cut is the deepest" (Der erste Schnitt ist der tiefste), so heißt ein Song von Cat Stevens. Ich gebe zu, dass ich ihn nicht kannte, aber er ließ sich (per Suchmaschine) leicht finden. Im Grunde genommen wird hier eine sehr traurige und melancholische Geschichte erzählt, allerdings wirkt sie auf mich ein wenig "distanziert". So, als ob sie schon längere Zeit Vergangenheit wäre und das LI den damaligen Schmerz heute nur mehr als eine Art "Echo" empfinden würde. (Ich vermute, woran das liegen könnte, darauf komme ich am Schluss noch einmal zurück.) Inhaltlich gefällt mir dein Gedicht sehr gut. Der "rote Faden" zieht sich von Anfang bis Ende einwandfrei hindurch. Ich kann also problemlos folgen. Es beginnt mit dem "Man hat sich nichts mehr zu sagen und schweigt sich daher an", führt über das Leid zum "süßen Schmerz" der Erinnerung und von dort zu den sprichwörtlichen "Blicken, die Bände sprechen". Das LI schätzt offenbar "klare Verhältnisse", aber dennoch wird eine "letzte Anstrengung" unternommen. Die Hoffnung verführt zum Errichten eines "Kartenhauses" (eine sehr passende Metapher), das natürlich bei der leisesten "Erschütterung" in sich zusammenfällt. Dieser Einsturz wiederum lässt Wut aufkommen (hier sehr gut die "Diskrepanz" zwischen Wunsch und Wirklichkeit - akzeptiert und doch nicht akzeptiert), die zu gegenseitigem Verletzen führt. Das LI und das LD wissen es, aber sie sind an dem Punkt, an dem sie es nicht wissen wollen. In der Conclusio erkennt das LI dann, dass mit dem Beginn des "Schweigens" eigentlich alles schon zu Ende war. Der bunte Schmetterling im Schnee (ich stelle mir eine weite, weiße Fläche vor) bot schon damals den "Ausweg" an, aber das LI war noch nicht bereit, ihn anzunehmen. Der Schmerz des "ersten Bruchs" hinderte ihn/sie daran. Erst nach all dem "Ringen" mit sich selbst gelingt es dem LI, sich endlich zu befreien. Formal kann ich sagen, dass das Metrum durchgehend stimmt. Der Wechsel vom Jambus zum Trochäus in der letzten Strophe unterstreicht den Inhalt: Es geht "aufwärts". Etwas möchte ich allerdings anmerken: Für ein melancholisch-reflektives Gedicht ist mir der Kreuzreim im vierhebigen Jambus mit männlichen und weiblichen Kadenzen ein wenig zu "aktiv", er wirkt zu "lebhaft". Der Inhalt ist traurig, aber die Form "flott"; besonders durch die "verkürzten" Verse mit männlichen Kadenzen im rhythmischen Wechsel mit den um eine Silbe längeren Versen mit weiblichen Kadenzen. (Ich meine übrigens alle meine Anmerkungen wirklich nur gut, vielleicht nützt es dir in Hinsicht auf künftige Gedichte.) Hier "widerspricht" die Form dem Inhalt. Vor ein ähnliches "Problem" stellen mich die Versanfänge. Es wirkt durch die vielen Artikel und die Wiederholungen ein wenig "aufzählend" - was die "distanzierte" Wirkung verstärkt. Ich zeige es dir mal in Farbe: Und Dann Die Was Natürlich Doch Im Die Ich Vorbei Doch Und Die Und Doch An Die Das Das Einander Und Wie Es Doch Bis auf drei sind alle Worte auch sehr kurz, mit nur 2 oder 3 Buchstaben. Das kann, wenn es wie hier (durch das Metrum) noch "verstärkt" wird, leicht wie eine eher "gefühlsneutrale" Aufzählung wirken. Ich möchte auf jeden Fall festhalten, dass dein Gedicht absolut nicht schlecht ist, eine derartige Behauptung liegt mir fern. Inhaltlich ist es richtig gut gelungen, im Ernst! Aber hier zeigt sich, dass eben auch die "Form" sehr wichtig sein kann. Gerade bei Gedichten mit einem stringenten Metrum übt sie eine oft unterschätzte Wirkung aus. Meine Analyse soll dir lediglich Anhaltspunkte liefern, um in künftigen Werken auch das "Formale" und dessen Einfluss auf die emotionale Aussage mit einbeziehen zu können. Ich denke eben, dass dieses Werk, wenn die Form ebenfalls stimmen würde, ein sehr, sehr schönes Gedicht mit tiefer Wirkung sein könnte. Noch um einiges besser, als es ohnehin schon ist - denn es ist gut, nur nicht so gut, wie es möglich wäre. Sehr gerne gelesen und kommentiert. Liebe Grüße Stimme
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17.09.2011, 01:49 | #3 |
SydneyIsMyCastle
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Beiträge: 70
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Hallo,
Es tut mir wahnsinnig Leid, dass ich erst so spät auf deinen Kommentar reagiere, aber in meinem Leben ging e in letzter Zeit einfach nur drunter und drüber und ich hatte irgendwie auch meine Kreativität verloren. Ich hoffe, dass sich das nun bessert. Dein Beitrag hat mir da schon mal sehr geholfen. Zuweilen (bis oft) ist es ja so, dass die Dichter reale Erfahrungen in die Gedichte verstricken und ich muss zugeben, dass es sich hierbei um meine erste Trennung gehandelt hat. Als ich das Gedicht geschrieben habe, war ich jedoch schon über drei Monate getrennt, aber erst zu diesem Zeitpunkt konnte ich richtig damit umgehen, drüber sprechen, schreiben und es positiv sehen. Daher ist wohl auch das „fröhliche“ Metrum zu erklären. Ich wusste objektiv, dass es sich um ein furchtbar trauriges Thema handelt, war aber ziemlich gut drauf. xD Solange man sich die Dinge nicht vor einem selber eingestehen kann, sind sie einfach so furchtbar belastend… ^-^ Deine Interpretation des Gedichtes hat mir sehr gut gefallen. Ich hätte es nicht besser ausdrücken könne und ich finde deine Kritik sehr zutreffend. Jetzt, wo die Sache ja schon echt lange zurückliegt, würde ich es mir sogar zutrauen, das gleiche Gedicht noch einmal in eine, traurigerem Versmaß zu schreiben… ( Natürlich erst, wenn ich dazu die Zeit finde…). ^-^ Dann kann ich dem Gedicht auch die nervige Auzählung nehmen…Man wird sehen. Vielen Dank für deinen Kommentar, den ich leider viel zu spät würdige. Liebe Grüße. Can. |
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